08.06.2016

360°-Blick auf das Center Management

Handlungsfelder für den Erfolg von Shoppingcentern

Martin Mörl, Geschäftsführer, Girlan Immobilien GmbH
Martin Mörl

Die Anforderungen an das Management von Shoppingcentern steigen stetig. Entscheidend für die Konkurrenzfähigkeit und den langfristigen Erfolg des Centers ist eine zukunftsfähige, standortgerechte Gesamtstrategie, die neben den klassischen Faktoren die Bereiche Kommunikation, Mietermix und Aufenthaltsqualität in den Mittelpunkt rückt.

Investoren und Eigentümer wollen heute mehr als Werterhalt und attraktive Renditen, sie wollen nachhaltige Immobilienkonzepte und eine langfristig überzeugende Positionierung. Mieter und Einzelhändler in Shoppingcentern wollen eine stabil hohe Kundenfrequenz, angemessene Mietkonditionen und ein stimmiges Geschäftsumfeld, in dem man stetig profitable Umsätze erwirtschaften kann. Kundinnen und Kunden erwarten nicht weniger als das ganz besondere Shoppingerlebnis und ein genau auf sie zugeschnittenes Angebot. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, sind zahlreiche Faktoren wichtig – aber eine umfassende Gesamtstrategie des Shoppingcenter Managements entscheidend.

Einzelhandel heute – Licht und Schatten
Mehr als 500 Milliarden Euro gaben die Deutschen im Einzelhandel 2013 laut einer Studie der BBE Handelsberatung aus. Das Konsumklima ist so gut wie selten, die Pro-Kopf-Ausgaben stiegen 2013 um mehr als 2,5 Prozent im Vergleich zu 2012. 42 Prozent der von EY für das „Handelsbarometer“ befragten Handelsmanager rechneten im Juli 2014 mit noch besseren Umsätzen im kommenden Halbjahr. Die Rahmenbedingungen für den Handel in Deutschland sind insgesamt sehr positiv: steigende Einkommen, eine niedrige Arbeitslosigkeit und „Mini-Zinsen“, die eher zum Konsumieren denn zum Sparen verleiten.

Nach wie vor gehen dabei rund 90 Prozent der Konsumausgaben in den „traditionellen“, also stationären Einzelhandel. Doch der E-Commerce kann zweistellige Wachstumsraten verzeichnen. Wurden 2012 noch Waren für 29,5 Milliarden Euro online bestellt, waren es 2013 bereits 33,1 Milliarden Euro. Für 2014 erwartet der Handelsverband Online-Umsätze von 38,7 Mrd. Euro –das wäre eine Zunahme um 17 Prozent gegenüber 2013. Auch im stationären Bereich stehen Shoppingcenter in einem immer intensiveren Wettbewerb (siehe Grafik). Im Jahr 2000 existierten 279 Einkaufszentren in Deutschland mit einer Mindestmietfläche von 10.000 Quadratmetern laut EHI Retail Institute GmbH (EHI). 13 Jahre später war ihre Zahl auf 453 angestiegen. Erst Ende September eröffnete unter großem Medienecho die „Mall of Berlin“ zwischen Leipziger Platz und Friedrichstraße, das nunmehr 65. Einkaufszentrum der Hauptstadt.

Handlungsfeld 1 im Management von Shoppingcentern: Kommunikation
Trotz günstiger Rahmenbedingungen steigen die Anforderungen für den erfolgreichen Betrieb von Shoppingcentern. Deutlicher als jemals zuvor stellt sich die Frage, warum die Menschen die eigenen „Vier-Wände“ verlassen und ein Shoppingcenter – wahlweise auch Kaufhaus, Geschäft in der Innenstadt etc. – aufsuchen sollten. Warum kauft er überhaupt „offline“? Eine zentrale Rolle bei der Beantwortung dieser Fragen spielt das Center Management. Alle relevanten Fragen, die den Betrieb und damit den Erfolg eines Einkaufszentrums bestimmen, sollten hier beantwortet werden.

Erfolgreiches Center Management beginnt mit integrierter Kommunikation. Dazu zählt eine klare Definition der Zielgruppe, ein unverwechselbares Branding mit hohem Wiedererkennungswert, eine standort-gerechte Namensgebung, ein individuelles Marketing (nicht „von der Stange“) wie auch besondere Events. Dies können z.B. saisonale Veranstaltungen, Tierausstellungen mit fachkundigen Führungen oder auch Stadtteilfeste sein. Im Marketing sollten natürlich Facebook und Internet, aber auch klassische Kanäle wie Radio-, Zeitungs- und Plakatwerbung zum Einsatz kommen – wobei die Botschaft je nach Medium angepasst werden muss. Daneben sind Aktivitäten notwendig, die über das Shoppingcenter hinaus reichen. Hier ist beispielsweise die „Altonale“ zu nennen, eines der größten und inzwischen beliebtesten Stadtteilfeste in Hamburg. Die teilnehmenden Einkaufszentren und Geschäftshäuser profitieren von einer Integration in die städtische Einzelhandelslandschaft, der Erschließung neuer Zielgruppen sowie einer engen Vernetzung mit kommunalen Behörden, Einzelhandelsorganisationen und Händlern. Ein anderes Beispiel ist die umfangreiche Ausstellung historischer Fotografien der direkten Hamburger Nachbarschaft in Kooperation mit dem städtischen Archiv, welches eine erstaunlich große Resonanz erfuhr – und die Verweildauer deutlich erhöhte. Das Ziel dabei: eine klare Positionierung des Objekts, eine hohe Besucherfrequenz und eine starke Kundenbindung.

Handlungsfeld 2 im Management von Shoppingcentern: Angebots- und Mietermix
Neben der Kommunikation ist die kontinuierliche Optimierung des Branchen-, Mieter- und Angebotsmixes – innerhalb einer zielführenden Gesamtstrategie – eine der wesentlichen Aufgaben des Center-Managements, um die Anziehungskraft und Kundenfrequenz des Shoppingcenters auf einem möglichst hohen Niveau zu halten und Umsatzpotenziale heben zu können. Kundinnen und Kunden denken bei einem Einkauf zuerst an bestimmte Geschäfte bzw. Produkte – sind sie aber erst einmal Center, holen sich zwei Drittel Ideen beim Stöbern in anderen Geschäften. Das muss genutzt werden. Empfehlenswert sind eine dezentrale Mieterauswahl, eine Verschränkung des Angebots mit standort-spezifischem Qualitäts- und Preisniveau sowie ein gezielter Mix aus ortsansässigen (Lebensmittel-) Händlern, regionalen Anbietern und zugkräftigen, internationalen Marken. Einige Produktgruppen, wie etwa Bücher oder Unterhaltungselektronik, werden zudem heute vorranging online gekauft. Relevanter für den Erfolg von Shoppingcentern wird die sog. Mehrnutzung, um Menschen in eine Mall zu locken und die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen: Wellness- und Sport-Angebote, Bibliotheken und Kindergärten, Koch- und Tanzkurse wie auch Kino und Gastronomie.

Laut des Shopping Center Performance Reports 2014 (SCPR) wollen Einzelhändler in Shoppingcentern vor allem Kundenfrequenz / Umsatzpotential, ein angemessenes Mietpreis- und Nebenkostenniveau, einen attraktiven Branchenmix sowie einen optimalen Kundenlauf. Nicht nur hinsichtlich einer stimmigen Einkaufsatmosphäre, sondern auch mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit werden beispielsweise moderne LED-Leuchtkörper und Fahrtreppen in einem Shoppingcenter, die sehr viel Energie und Mietnebenkosten einsparen und zunehmend vom Kunden erwartet werden. Deshalb sind die ständige Zusammenarbeit und der ständige Dialog des Center-Managements mit allen Mietern sowie dem Eigentümer notwendig, um die Performance des Centers und die Flächenproduktivität der Einzelhändler sowie deren Sichtbarkeit zu erhöhen. So wurden etwa im LAGO Shoppingcenter für jede einzelne der drei Etagen zielgruppenorientierte Produkt- und Angebotscluster geschaffen, um den Kunden attraktive Angebote und Sortimente bieten zu können und damit den Erlebnischarakter eines Besuchs zu stärken.

Handlungsfeld 3 im Management von Shoppingcentern: Atmosphäre und Gestaltung
Selbst der „normale“ Kunde kauft nicht nur ein Produkt, er erfüllt sich Wünsche, sucht Vergnügen und hat soziale Bedürfnisse. Wesentlich für ein besonderes Einkaufserlebnis sind deshalb auch eine zielführende Architektur und Atmosphäre im Shoppingcenter. Dazu zählen das Innen-Design, eine hochwertige Dekoration, ein modernes Informations- und Leitsystem und ein attraktiver Außenbereich, die dem Center eine unverwechselbare Prägung geben. Architektur kann über den wirtschaftlichen Erfolg entscheiden – so etwa eine sinnvolle innere Erschließung, weg von der „Sackgasse“ hin zum Rundgang, moderne Kunden-WCs, ein ansprechender Food-Court, eine optimale Flächenaufteilung und ausreichend Verweilzonen. Als Beispiel kann hier das MERCADO Einkaufszentrum in Hamburg genannt werden, das neben mehr als 30 Marktständen für den täglichen Bedarf auch hochwertige Gastronomie mit über 300 Plätzen und eigenständigen Öffnungszeiten bietet. Bei Neuentwicklungen sind die genannten Punkte leichter umzusetzen, wie man etwa Berliner Alexa (Art-Déco-Stil) oder im Bikini-Berlin (große Panoramafenster in Richtung Zoo) gut sehen kann. Für ältere und schwächere Shoppingcenter mit einer gewissen Mindestgröße bietet ein durchdachtes Refurbishment, am besten in enger Zusammenarbeit mit dem späteren Center Management, große Chancen einer nachhaltig erfolgreichen Re-Positionierung am Markt.

Zahlreiche Faktoren – eine Gesamtstrategie
Shoppingcenter waren und sind keine Selbstläufer, sie bedürfen als Handelsimmobilie und Anlageobjekt einer stetigen, intensiven Optimierung und eines umfassenden Managements. Der Erfolg von Einkaufszentren, und damit die Wertentwicklung und Performance für Eigentümer und Investoren, hängt von vielen Faktoren ab. Zusammen sind diese Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg der Immobilie entscheidend – zentral dabei ist eine weitsichtige, übergeordnete und innovative Gesamtstrategie für das Shoppingcenter. Das Center Management, das zwingend über eine langjährige Einzelhandelserfahrung verfügen sollte, muss die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden, der Einzelhändler und anderer Mieter wie auch der Eigentümer kennen und im Auge behalten. Um konkurrenz- und wettbewerbsfähig zu werden oder zu bleiben, muss das Center Management das Shoppingcenter nach innen und außen klar als wahrnehmbare Marke positionieren, sinnvolle Multi-Channel-Strategien integrieren und neue Impulse geben. Natürlich müssen der Service, die Sauberkeit, die Verkehrsanbindung, das Parkplatzangebot, die Warenpräsentation wie auch das technische Property Management (Energie- und Nebenkosten!) stimmen. Kundenfrequenz und Flächenproduktivität eines Shoppingcenters ist heute das Ergebnis verschiedener Motive und Gründe eines Besuchs – das Center Management muss diese Gründe liefern. Die gute Nachricht für den Einzelhandel zuletzt: Der Kuchen wird nicht kleiner!

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Prelios Immobilien Management GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilienwirtschaft