13.06.2016

Ab ins Zentrum

Warum Wirtschaftsimmobilien unsere Städte produktiv und lebenswert machen

Andreas Schulten, Mitglied des Vorstands, bulwiengesa AG
Andreas Schulten

Viele Gewerbebetriebe sind längst nicht mehr laut oder dreckig. Diese nicht störenden „Wirtschaftsimmobilien“ gehören in zeitgemäße, funktional gemischte Innenstadtgebiete. Denn wo alles nah beieinander ist, ist die Lebensqualität hoch. Doch es gibt Hindernisse.

Auch Arbeitsplätze und Gewerbeimmobilien leiden unter Gentrifizierung. Denn mit ihrem Fokus auf Wohnen behindern die Immobilienmärkte in den Großstädten derzeit eine funktionale Mischung von Wohnen und Gewerbe. Trotz eines enormen wirtschaftlichen Wachstums in den deutschen Großstädten seit rund zehn Jahren werden aufgrund stark gestiegener Eigentumswohnungspreise kaum mehr neue Büros in attraktiven Innenstadtlagen geplant und entwickelt. Und auch für neue Arbeitsplatzformen abseits konventioneller Büros, von Manufakturen bis zum Co-Working-Space, gibt es kaum Nischen. Diese Entwicklung kann potentiell das Wirtschaftswachstum bremsen, zudem ist der Bau von reinen Wohnsiedlungen mit Skepsis zu betrachten. Ähnliche Strukturen aus den 1970er Jahren gelten heute als eher unbeliebte und problembehaftete Quartiere.

Bedeutungswechsel zwischen Büro und Wohnen

Dieser sehr durchgreifende Bedeutungswechsel zwischen Büro und Wohnen in allen sieben deutschen A-Städten ist vor allem getragen vom niedrigen Zinsniveau und der außerordentlichen Investitionsnachfrage der letzten Jahre. Wohnungen sind für Bauträger und Projektentwickler in den Top-Lagen der deutschen Großstädte heute lukrativer, weil die Kapitalwerte pro Quadratmeter über die Jahre hinweg die Bürowerte im Durchschnitt der marktüblichen Preise deutlich überflügeln. Die Ursache für den Bedeutungswechsel kann jedoch nicht allein darin gesehen werden, dass die Nachfrage nach Wohnen mehr zugenommen hat als nach Büroflächen. Denn zwischen 2004 und 2014 kamen allein in den sieben A-Städten 370.000 neue Bürobeschäftigte als Flächennachfrager auf den Markt.

Wirtschaftsstarke Metropolregionen stehen in einem immer stärker werdenden Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Nutzungsansprüchen. Gegen den Flächenengpass, gerade in attraktiveren Innenstadtlagen, können die derzeit angespannten Stadtplanungen kaum etwas tun. Den Konflikt um Flächen jedoch könnten sie durchaus beeinflussen: Aktuell hat der Arbeitsplatz das Nachsehen gegenüber dem Gebot, neue Wohnquartiere für neue Einwohner bereitzustellen – und zwar sowohl bei den Gewerbearbeitsplätzen als auch im Dienstleistungssektor. Doch der fließende Übergang von Büro- zu Gewerbearbeitsplätzen (Produktion und Handwerk) wird in der langen Phase des massiven wirtschaftlichen Wachstums der deutschen Großstädte immer wichtiger.

Innenstädte bevorzugt

Auch die Investoren von Büro- und Gewerbeimmobilien bevorzugen die Innenstädte (siehe Abbildung). Das hat positive Effekte: Die größten Agglomerationen profitieren am stärksten vom Zuzug hochqualifizierter Arbeitnehmer und einem Anstieg der Bürobeschäftigung.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2016