03.06.2015

Renditen unter Druck

Wie können Offene Immobilienfonds darauf reagieren?

Dr. Reinhard Kutscher, Mitglied des ZIA-Nachhaltigkeitsrates, Leiter des Segmentes Immobilien und Vorsitzender der Geschäftsführung, Union Investment Real Estate GmbH
Dr. Reinhard Kutscher

Offene Immobilienfonds erfreuen sich bei Privatanlegern zurzeit großer Beliebtheit. Der Rating-Agentur Scope zufolge flossen den 13 für Privatinvestoren aktuell zugänglichen Fonds im vergangenen Jahr allein rund 2,8 Milliarden Euro an neuen Mitteln zu. Dies ist einerseits erfreulich, belegen die Zahlen doch die unverändert hohe Akzeptanz dieser Anlageklasse. Gleichzeitig stellen die starken Mittelzuflüsse die Fondsmanager vor erhebliche Herausforderungen, denn sie müssen in einer ausgeprägten Hochpreisphase an den Immobilienmärkten investiert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich mit liquiden Mitteln derzeit kaum Rendite erwirtschaften lässt. Diese Herausforderung trifft nicht allein die Fondsanbieter. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld lässt Investoren auf breiter Front ein weiteres Nachgeben der Renditen erwarten. Dies belegen aktuelle Umfragen wie der Investitionsklima-Studie von Union Investment. Danach glaubt nur jeder zweite Immobilienanleger aus dem professionellen Umfeld, die selbst gesteckten Renditeziele in den nächsten drei Jahren zu erreichen. Für den ebenfalls abgefragten Anlagezeitraum von fünf Jahren ist das Erwartungsbild nur geringfügig besser.

Wie andere sicherheitsorientierte Investoren stehen Offene Immobilienfonds vor dem Dilemma, dass ein Strategiewechsel hin zu deutlich höheren Risiken ihren Anlegern nur schwer zu vermitteln ist. Gleichzeitig genügt das bloße Fortführen der bisherigen Strategien nicht, um das vom Anleger erwartete Renditeniveau zu halten. Was tun also? Eine mögliche Antwort liegt in einer noch aktiveren Steuerung der Portfolios. Dabei ist ein umfassender Ansatz notwendig, der alle Werthebel auf der Immobilienseite, aber auch die Steuerung und Anlage der liquiden Mittel umfasst.

Projektkäufe ohne Bietergefechte

Die größte Herausforderung besteht derzeit wohl in der Akquisition werthaltiger Objekte auf den teilweise heiß gelaufenen Immobilienmärkten in Deutschland und Europa. Um diesem Problem zu begegnen, müssen auch klassische Core-Investoren auf der Risikokurve etwas höher ansetzen. Sollen Abstriche bei der Gebäudequalität oder opportunistische Investments in instabile Regionen mit höheren Länderrisiken vermieden werden, bleiben in der aktuellen Marktphase Projektkäufe als eine mögliche Option – sowohl in den europäischen Kernländern als auch in Amerika, Asien und Australien. Ein großer Vorteil dabei: Die Transaktionen finden "off-market" statt, preistreibende Bieterverfahren werden weiträumig umgangen. Darüber hinaus bieten sogenannte "Forward Fundings" dem Käufer die Möglichkeit, noch im Bau befindliche Objekte qualitativ zu beeinflussen. Erfahrungen aus vergangenen Immobilienzyklen zeigen, dass Projektkäufe Renditen ermöglichen, die rund einen halben Prozentpunkt oberhalb derer liegen, die sich mit fertiggestellten Objekten erzielen lassen.

Eine andere Möglichkeit, dem derzeitigen Preiswettbewerb im Core-Segment auszuweichen, ist die Öffnung der Anlageprofile und die konsequente Weiterentwicklung von B-Stadt-Strategien. Attraktive B-Städte sind in Deutschland beispielsweise Bremen, Hannover, Leipzig, Freiburg, Darmstadt oder Karlsruhe. Als Beispiele aus dem Ausland lassen sich Birmingham, Breslau sowie Brisbane, Austin, Minneapolis, Dallas, Las Vegas oder Phoenix nennen. Das Geschäft außerhalb der Top-Investmentstandorte ist deutlich kleinteiliger – wer aber bereit ist, die Extrameile zu gehen, kann sich auch hier ertragsstarke Objekte sichern, die einen wichtigen Beitrag zu stabilen Renditen leisten – insbesondere auch in der Verknüpfung mit Investments im Projektstadium.

Verjüngungskur für Immobilienportfolios

Die aktuelle Nachfragesituation bietet Managern von Immobilienportfolios natürlich auch Chancen, ihre Bestände umzustrukturieren und zu bereinigen. Es ist daher naheliegend, alle Objekte in einem Portfolio auf Verkaufsmöglichkeiten zu prüfen. Seit 2012 konnte Union Investment beispielsweise über 60 Objekte mit einem Gesamtvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro und einem Durchschnittsalter von 17 Jahren veräußern. Das Durchschnittsalter der Neuzugänge lag im selben Zeitraum bei 5,7 Jahren –das Portfolio konnte also deutlich verjüngt werden. Angesichts der regen Nachfrage sind derzeit auch Verkäufe von mittleren bis großen Portfolios denkbar. Vergleichbare Transaktionen von großvolumigen, internationalen Gewerbeimmobilienportfolios waren in den Jahren 2006 bis 2008 zu beobachten.

Neben der Transaktionsseite liegt vor allem im aktiven Bestandsmanagement der entscheidende Hebel, um einem Absinken der Renditen entgegenzuwirken. Die Aussichten dafür sind auf lange Sicht gut: In vielen wichtigen Immobilienmärkten werden die Mieten steigen. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Immobilienbewertungen aus. Eine der wichtigsten Aufgaben im Asset Management ist es, die aktuell günstige Marktlage zu nutzen, um Leerstände abzubauen und die Struktur der Mietvertragslaufzeiten zu optimieren – letzteres durch Vertragsverlängerungen und langfristige Neuvermietungen.

Wenig Cash

Eine weitere Säule zur Stabilisierung der Renditen ist das aktive Liquiditätsmanagement. Bei den Offenen Immobilienfonds arbeitet Union Investment auf der Zuflussseite bereits seit vielen Jahren mit einem Ampelsystem. Steht die Vertriebsampel auf "Rot", werden keine neuen Anteilscheine ausgegeben – wie derzeit etwa beim UniImmo: Europa. Damit wird die Liquidität auf einem Niveau gehalten, das die Fondsperformance nicht über Gebühr belastet. Die Liquidität wird nur in sehr geringem Maße "cash", in Form von Bankguthaben, gehalten. Negativzinsen, die Banken inzwischen teilweise auf solche Guthaben berechnen, wirken sich daher erst in der vierten Nachkommastelle auf die Fondsperformance aus. Der Großteil der Liquidität wird in separaten, hausinternen Wertpapierspezialfonds gehalten, die in Pfandbriefe sowie in fest und variabel verzinsliche Anleihen anlegen und nach wie vor eine positive – wenn auch geringe – Rendite abwerfen.

Bleibt festzuhalten: Der internationale Nachfragedruck nach Immobilien und die auf lange Sicht niedrigen Zinsen werden auch in Zukunft hohe Anforderungen an Manager von Immobilienportfolios stellen. Die neuen Strategien werden Impulse für das Risikomanagement geben, das zu einer wichtigen Disziplin des Immobilienmanagements heranreifen wird. Man darf in jedem Fall gespannt bleiben, wie der Spagat zwischen Sicherheitsorientierung und wettbewerbsfähiger Fondsperformance von den unterschiedlichen Akteuren gemeistert wird.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Union Investment Real Estate GmbH
Erstveröffentlichung: Handelsblatt, April 2015