15.09.2020

APIs sind die Achillesferse

Moderne Schnittstellen statt Textdateien

Stefan Rath, Teamleiter Real Estate und Investment Management Applications, INTREAL Solutions GmbH
Stefan Rath

Unserer Ansicht nach ist der richtige Weg im Digitalisierungsprozess ein digitales Ökosystem mit mehreren Softwarelösungen. Denn eine monolithische Softwarelösung, die alle relevanten Prozesse umfassend abbildet, wird es unserer Ansicht nach für die Immobilienbranche nicht geben. Für ein effizient arbeitendes Ökosystem sind moderne und stabil funktionierende Schnittstellen (engl. application programming interface; kurz APIs) essenziell. Die HIH-Gruppe implementiert derzeit eine API-Management-Plattform, an der sich PropTechs und andere Softwarepartner andocken können.

Was haben die Gesundheitsbranche, die Tourismusindustrie und die Immobilienwirtschaft gemeinsam? Alle drei werden grundlegend durch die Digitalisierung verändert. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zeitigt in diesen Bereichen bereits erste Erfolge. Das volle Potential von KI kann jedoch nur dort ausgeschöpft werden, wo einheitliche Datenstandards zur Anwendung kommen. Im Gesundheitswesen bemüht man sich in Deutschland schon seit geraumer Zeit darum, ein nationales e-Health-Zielbild zu schaffen, um Gesundheits- und Forschungsdaten sinnvoll in Austausch zu bringen. Im Tourismus herrscht bereits seit mehreren Jahren mit dem Offenen Touristischen Datenstandard (OTDS) ein Format, das Daten von Reiseveranstaltern, Hotels, Airlines, Mietwagenanbietern und Co. einheitlich in Reisebüro-Softwares und Online-Buchungssysteme speist.

Und die Immobilienwirtschaft? Der Austausch von Daten muss auch hier immer schneller an immer mehr Empfänger mit gestiegenem Datenvolumen und höherem Schnittstellenaufgebot erfolgen. Sei es bei Transaktionen, beim Reporting oder Risikomanagement, im Asset Management, in der Vermietung oder im Vertrieb. Ziel ist es, in absehbarer Zukunft von jedem Gebäude einen sogenannten digitalen Zwilling vorzufinden, um für alle Belange rund um eine Immobilie die relevanten Parameter in eigenen Systemen abrufen zu können.

Digitales Ökosystem statt Insellösung
In der HIH-Unternehmensgruppe treiben wir diese Digitalisierungsprozesse aktiv voran und kooperieren mittlerweile mit einigen ausgewählten PropTechs wie beispielsweise EVANA, Coyote, PRODA oder Assetti. Die HIH-Gruppe hat frühzeitig für sich entschieden, keine eigene Entwicklungsabteilung zu gründen und geht stattdessen aktiv auf PropTechs zu, die „Digitalisierungslücken“ mit ihren Tools oder Lösungen schließen können.
Die Auswahl an Softwareprodukten ist groß: Allein in der DACH-Region gibt es mehr als 400 PropTech-Unternehmen, die zum Teil sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen. Wir können aus den Lösungen, die zueinander passen, wählen. Denn unserer Ansicht nach ist der richtige Weg ein digitales Ökosystem, in dem die Vernetzung zu anderen IT-Plattformen der entscheidende Faktor ist. Eine monolithische Softwarelösung, die alle relevanten Prozesse umfassend abbildet, ist für die Immobilienbranche hingegen nicht in Sicht und in Bezug auf die Dynamik der Innovation wahrscheinlich auch nicht wünschenswert.

APIs als Achillesferse
Schnittstellen zwischen Applikationen gibt es genauso lange wie es Applikationen gibt. In Zeiten der Cloud-Anwendungen spielen moderne APIs, sogenannte Representational State Transfer API (REST API) eine zunehmend große Rolle. Die Verfügbarkeit einer solchen REST API ist ein zentrales Kriterium bei der Wahl eines Partners für uns: Jede externe Softwarelösung muss eine API bereitstellen. Eine API bietet eine Möglichkeit der programmierbaren (Programming) Interaktion (Interface) zwischen Anwendungen (Application). Moderne Schnittstellen arbeiten nicht mehr über einen Dateiaustausch, sondern stellen über sogenannte Endpoints eine Zugriffsmöglichkeit über Internetprotokolle auf die Daten bereit. Durch die ständige Verfügbarkeit lässt sich ein real- oder near-time Zugriff auf die Daten realisieren. Über die klassischen Schnittstellen – Anwendung 1 erstellt zu Zeitpunkt x einmal am Tag eine Exportdatei als CSV oder TXT und Anwendung 2 liest diese Datei daraufhin wieder ein – lässt sich so ein Echtzeitdaten-Austausch nicht effizient gewährleisten. Auch wenn in der Immobilienbranche der Austausch von Echtzeitdaten noch eine untergeordnete Rolle spielt, sehen wir zunehmend Anwendungsbereiche hierfür, z.B. im Bereich der Sensorik oder ESG. Hier besteht noch großer Handlungsbedarf.

Als Grown-up Orientierung bieten
Eine große Herausforderung ist dabei, dass die Schnittstellen der einzelnen Softwarelösungen miteinander harmonieren müssen. Wenn eine Komponente ein Update erhält, kann es dazu führen, dass die Kompatibilität zu den APIs der anderen Plattformen nicht mehr gegeben ist. Aktuell kooperieren wir mit einem halben Dutzend PropTechs und Anbietern von Softwarelösungen mit steigender Tendenz. Das erhöht die Ausfallwahrscheinlichkeit der Schnittstellen. Dass dies eine Achillesferse der digitalen Ökosysteme ist, belegt auch eine Umfrage des Datenraumanbieters Drooms. Die Programmierschnittstellen sind die wichtigste technische Funktion für mehr als die Hälfte der Immobilienprofis. Und sie äußern auch den Wunsch nach Verbesserungen in diesem Bereich. Damit dies für unseren Digitalisierungsprozess nicht zum Stolperstein wird, haben wir uns in der HIH-Gruppe entschlossen, einen API Integration Layer in Zusammenarbeit mit der Firma Wiredhut in unsere Softwarelandschaft zu integrieren. Dieser Integration Layer soll das Zusammenspiel aller Applikationen und APIs orchestrieren. Bestandteil der Plattform sind Komponenten zum allumfassenden Mapping von Datenfeldern und Identifikationskriterien, Steuerung von Events und Authentifizierung. Wir werden über die Plattform zeitnah darauf hingewiesen, wenn sich API Definitionen geändert haben oder es beim Datenaustausch zu Problemen gekommen ist. Denkbar ist, dass wir in einem zweiten Schritt selbst eine oder mehrere APIs anbieten, die dann von anderen Applikationen genutzt werden können.
Wir denken, dass wir so für unsere Partner das Onboarding an unser digitales Ökosystem beschleunigen und das Arbeitspaket „Integration“ schon frühzeitig in den Projekten bearbeiten können und nicht erst am Ende, wie es heute häufig immer noch der Fall ist.

Denn auch das haben wir in der Zusammenarbeit mit PropTechs gelernt: Wir sind stets gefordert, als etablierter Grown-up die eigenen Stärken und unsere Erfahrung einzubringen. Gerade junge Start-ups müssen aktiv begleitet werden und unsere Unterstützung bei der Aufbauarbeit kommt gut an. Mit einer Integrationsplattform treiben wir das voran und können „auf Augenhöhe“ kommunizieren.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INTREAL
Erstveröffentlichung: Erstveröffentlichung im Rahm der Real PropTech-Veranstaltung vom September 2020

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