18.11.2020

Bewirtschaftung unter COVID-19

Neue Herausforderungen für Wohnimmobilien

Nils-Peter Petersen, Geschäftsführer, ALBA Facility Solutions
Nils-Peter Petersen

Lockdown und Kontaktsperre bedeuten nicht, dass das Leben der Menschen in den Städten stillsteht, sondern nur, dass fast alles woanders, vor allem in den eigenen vier Wänden, stattfindet und sich dort konzentriert. So waren vor allem die ersten Wochen ab Mitte März dieses Jahres für alle Unternehmen, die mit der Bewirtschaftung von größeren Wohnungsbeständen befasst sind, eine mehr als anspruchsvolle Zeit. Inzwischen gibt es Routinen und eine reibungslose Zusammenarbeit überall dort, wo sich Auftraggeber und Dienstleister in gemeinsamer und enger Abstimmung auf die neuen Anforderungen eingestellt haben.

Während im Gewerbebereich auf Monate vielfach Stillstand herrschte und bei vorhandenen Kapazitäten an die Bewältigung von aufgeschobenen Maßnahmen gedacht werden konnte, klingelten bei den ersten Ansprechpartnern der Mieter*innen die Servicetelefone weiter – und zwar auch außerhalb der gewohnten Stoßzeiten. Während sonst Mängelmeldungen vermehrt unmittelbar nach dem Wochenende am Montagmorgen beziehungsweise in den frühen oder späten Nachmittagsstunden – pünktlich nach Feierabend – eingehen, verteilten sich die Meldungen unter den Bedingungen von Lockdown und Homeoffice auf die gesamte Tages- und Nachtzeit, so dass unsere Servicemitarbeiter*innen Mieteranfragen und Schadensmeldungen rund um die Uhr in drei Schichten annehmen.

Digitalisierung und flexible Zielvorgaben
Gemäß den Verträgen mit unseren Auftraggebern nehmen sie 80 Prozent der Anfragen in 20 Sekunden entgegen und finden für sie rasch eine Lösung. Bei 80 Prozent der Schadensmeldungen soll nach Möglichkeit noch beim ersten Gespräch ein Handwerkertermin gemacht werden und nach spätestens fünf Tagen sollen 80 Prozent der erforderlichen Reparaturen erledigt sein. Schon unter Normalbedingungen sind die Anforderungen an die Dienstleistung mit enormen Herausforderungen an eine entsprechende Infrastruktur verbunden. Insbesondere größere FM-Anbieter müssen vor allem in puncto Digitalisierung gut aufgestellt sein, um in Sachen Budgetverwaltung, Transparenz, Leistungserbringung und Qualitätsmanagement eine gute Performance abliefern zu können. Aus der Dienstleisterperspektive ist es zudem wünschenswert, wenn Zielgrößen bei Budgets und Leistungsfristen einvernehmlich mit dem Auftraggeber diskutiert und gegebenenfalls an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden können.
Unter Corona-Bedingungen werden der Digitalisierungsgrad und eine hinreichende Flexibilität bei den Anforderungen rasch zu zentralen Fragen bei der Leistungserbringung, vor allem was die Planung und die möglichst rasche Anpassung der Leistungen an neue Anforderungen angeht. Ein gutes Beispiel sind spontane Reparaturen. Mittels einer digitalen Materialerfassung kann man heute wissen, welches Monteur-Auto zu einem aktuell eingegangenen Auftrag fahren kann – ohne zur Materialaufnahme in die Zentrale zurückkehren zu müssen. Und mittels digitaler Fuhrparkverwaltung sind Reparaturen, zu denen zwei Handwerker*innen oder zwei unterschiedliche Gewerke erforderlich sind, optimal planbar, ohne dass dafür mehr als eine Person in einem Fahrzeug sitzen muss. Denn Kontaktminimierung ist sowohl in Bezug auf Mitarbeiter*innen als auch gegenüber Mieter*innen ein wichtiges Gebot.

Auf die Minimierung der Kontakte fixiert
Das zeigt sich auch innerhalb der Wohnung. Nachdem anfangs Schadensmeldungen noch zögerlich eingingen, haben sich inzwischen auch viele Mieter*innen mit der Situation arrangiert und lassen unsere Handwerker*innen bereitwillig in die Wohnung – um allerdings in der Regel sofort in einem der anderen Zimmer oder der Küche zu verschwinden. In diesem Sinne war es für uns und unsere Auftraggeber wichtig, auch das Erfordernis einer Quittung über die Erbringung abzuschaffen und stattdessen die jeweiligen Mitarbeiter*innen selbst den Leistungsnachweis abzeichnen zu lassen. Das ist analog zur Praxis bei den Paketdiensten, die ebenfalls ihre Kundenkontakte reduzieren wollen.
Für größere Herausforderungen sorgt das Prinzip der Kontaktminimierung insbesondere bei Mieterwechseln. Denn solange das Mietverhältnis läuft, sind Mieter*innen nicht verpflichtet, jemanden in die Wohnung zu lassen. Das heißt: Bis zu dem Tag, an dem die Schlüssel zurückgegeben werden, besteht oft auch keine Möglichkeit, den eventuell erforderlichen Renovierungsaufwand zu prüfen. Somit kann mit der Planung der Maßnahmen erst begonnen werden, wenn der Haushalt bereits ausgezogen ist. Das bedeutet je nach der Zahl der erforderlichen Gewerke eine Verzögerung bei der Neuvermietung von bis zu drei Monaten, wobei sich das in der Regel immer erforderliche Malerhandwerk oft als Nadelöhr erweist – auch weil Mieter*innen aufgrund des nicht beaufsichtigten Auszuges auf Schönheitsreparaturen oftmals verzichten. Nach unseren Erfahrungen können sich Malerfirmen auch im laufenden Jahr nicht über mangelnde Beschäftigung beklagen. So entstandene Verzögerungen sind auch für die Wohnungsmärkte von Bedeutung. Da Wohnungen nicht so rasch wiederangeboten werden können, wie noch zu Anfang des Jahres, entstand eine signifikante Lücke, die sich auch auf das aktuelle Wohnungsangebot in Berlin – und sehr wahrscheinlich auch in anderen deutschen Großstädten, auswirkt.

Hygiene als Maßstab
Hinzu kommt, dass diejenigen, die eine Wohnung haben, eventuelle Umzugspläne nach Möglichkeit schieben, weshalb Mietinteressenten noch stärker als zuvor auf die wenigen neuen Mietwohnungen angewiesen sind, die aktuell auf den Markt kommen. Hier drängen sich dann die Interessenten, weshalb auch die Erstvermietung von Wohnungen unter Corona zu einer anspruchsvollen Aufgabe geworden ist. Insbesondere bei größeren Vorhaben erfordert dies eine minutiöse Planung, nach der es Besichtigungstermine in Musterwohnungen nur nach vorheriger Online-Anmeldung gibt. Zudem muss mittels eines großzügigen Wartebereichs beziehungsweise der Abholung der Interessenten sichergestellt werden, dass die Personen nur einzeln beziehungsweise in zu einem Haushalt gehörenden Gruppen in die Musterwohnung gelangen und dort genügend Desinfektionsmittel und Masken sowie gegebenenfalls abwischbare Unterlagen (Pläne, Ausstattungslisten) bereitstehen.

Ein höheres Schutzbedürfnis und ein größeres Maß an Reinlichkeit ist aber auch in Bestandsgebäuden ein Thema. Das betrifft vor allem die Handläufe in Treppenhäusern aber auch Türklinken und andere berührungsintensive Flächen, die in vielen Gebäuden mit größerer Gründlichkeit und höherer Leistungsdichte gereinigt werden sollen. Bereits patentiert ist ein Minispender der über einer Türklinke angeklebt automatisch eine Dosis Desinfektionsmittel versprüht, wenn eine Klinke berührt und eine Tür geöffnet wird. Bei solchen automatisierten Lösungen stellt sich allerdings die Frage, wer die jeweiligen Spender mit ihren kleinen Flüssigkeitsbehältern bei Bedarf wieder auffüllt. Eine Lösung wären die Reinigungsteams, die bei ihren regelmäßigen Touren auch die Behälter betanken könnten. Eine andere wäre eine digitalisierte Füllstands-Übermittlung, so dass bedarfsgerecht befüllt werden könnte. Damit wären auch ungewollt leere Behälter verhindert.

Wichtig für Wohnungsmieter, die öfter zu Hause sind als üblich, ist auch ein funktionierendes Abfallmanagement. Vor allem Glas- und Papierabfälle haben mit dem Lockdown signifikant zugenommen, da die Mieter mehr bestellen, mehr lesen und auch mehr zu Hause kochen als sie das in der Zeit vor Corona getan haben. Ein besserer Service hier betrifft vor allem die gründliche Reinigung der Müllplätze und eine pünktliche Abholung, wobei das Gros des Abfalls wie auch sonst üblich bereits vor Ort sortiert wird. Lediglich mehrfach verpackter Restabfall und damit sehr wahrscheinlich infektionsbelasteter Müll wird gemäß der Vorschriften des RKI von unseren Müllwerkern nicht angerührt.
So ist es letztlich auch die Fürsorge gegenüber den Mitarbeiter*innen und deren Motivation, die zuverlässige Facility Management-Leistungen auch in Krisenzeiten ermöglicht. Denn schließlich ist die Bewirtschaftung mit der personalintensivste Teil der Wertschöpfungskette einer Immobilieninvestition – und Reinigungskräfte, Abfallmanager und Techniker können nun einmal nicht aus dem Homeoffice arbeiten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ALBA Facility Solutions GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilien und Finanzierung vom November 2020

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