Eine sachgerechte Ausgestaltung der Regulierung der Marktteilnehmer ist dringend geboten
Die Immobilienwirtschaft ist wegen der hohen Investitionsvolumina in besonderer Weise von einer funktionierenden Kreditvergabe abhängig. Eine gesicherte Kreditversorgung ist Grundlage für einen wertbeständigen Immobilienmarkt. Damit wird deutlich, dass eine sachgerechte Ausgestaltung der Regulierung der Marktteilnehmer dringend geboten ist.
Die aktuellen Gesetzesinitiativen reichen dabei von Regulierungen, die die Immobilienwirtschaft unmittelbar betreffen (AIFM-Richtlinie, OTC-Derivate-Verordnung), bis hin zur Bankenregulierung und Reform des Aufsichtsrechts von Versicherungen und Pensionskassen/ -fonds, die die Immobilienwirtschaft mittelbar treffen. Zu den einzelnen Regulierungsvorhaben selbst sei auf den Bericht des Vorjahres sowie den Beitrag des ZIA-Ausschusses Europa in diesem Bericht verwiesen.
Die mehrfach beschriebenen Auswirkungen wie teurere Kredite mit geringeren Ausläufen bei insgesamt niedrigeren Volumina werden nicht nur von der Immobilienwirtschaft befürchtet, sondern nunmehr auch von der Wissenschaft beschrieben. So kommt das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zu dem Schluss, dass aufgrund der Einführung der Leverage Ratio in Basel III bestimmte Geschäftsmodelle der risikoarmen Kreditvergabe überproportional benachteiligt werden, wie beispielsweise die margenschwache Immobilienfinanzierung (siehe Forschungsbericht Nr. 73 des IW).
Mit Solvency II erfährt die Refinanzierung der Banken eine weitere Einschränkung, denn Versicherungen werden nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ungedeckte Schuldscheindarlehen der Kreditinstitute zeichnen können. Diese Auswirkung von Solvency II auf die Refinanzierung kann sich aus dem Standardrisikomodell ergeben, bei dem die Eigenkapitalunterlegung von ungedeckten Schuldverschreibungen im Vergleich zu Pfandbriefen als zu hoch angesetzt gilt und deshalb die Versicherungen auf andere Anlageprodukte zurückgreifen werden. Die Folge: Die Banken können nicht mehr so hohe Beleihungsausläufe anbieten.
Ein weiteres europäisches Vorhaben betrifft auf den ersten Blick eher die Finanzierung der Wohnimmobilien der privaten Haushalte unter dem Gesichtspunkt der Harmonisierung und des Verbraucherschutzes. Die Richtlinie birgt jedoch einige Sprengkraft, denn nach Branchenmeinung könnte die langfristige Finanzierung ins Hintertreffen geraten, weil die Kreditinstitute nicht mehr wie bisher bei Kündigung vor Ablauf der Festzinsvereinbarung eine Vorfälligkeitsgebühr verlangen könnten. Damit wäre die Grundlage des stabilen deutschen Immobilienmarktes – langfristige Finanzierung mit langer Festzinsbindung – in Gefahr und könnte damit auch zu höheren Schwankungen der Immobilienpreise führen, weil diese schneller auf Zinsänderungen reagieren.
Auch wenn bisher schon einige Forderungen der Branche umgesetzt werden konnten (z.B. Erhalt der privilegierten Eigenkapitalunterlage hypothekarisch besicherter Darlehen), stehen noch weitere Änderungen auf der Agenda.
Zum einen wurde angeregt, eine Revisionsklausel zur Überprüfung des Schockfaktors zur Eigenkapitalunterlegung von Immobilieninvestments im Standardmodell in Solvency II einzuführen. Zudem sollte das in Solvency II vorgesehene vereinfachte Modul zur Berechnung der Eigenkapitalvorsorge für ausgereichte Hypothekendarlehen, welches bisher nur für selbstgenutztes Wohneigentum gilt, auch auf gewerbliche Immobilienfinanzierungen ausgedehnt werden. Durch die im Vergleich zu Unternehmensfinanzierungen dann deutlich niedrigeren Eigenkapitalkosten würde ein Anreiz geschaffen, vermehrt in Immobilienfinanzierungen zu investieren. Dadurch würde das Angebot an Finanzierungen deutlich diversifiziert werden, was auch im Interesse der Regulierer sein sollte.
In Basel III sollte wegen der beschriebenen Auswirkungen der Leverage Ratio diese auch nach 2018 eine bloße Berichtskennziffer bleiben. Aber auch die bisher vorgeschlagene Regelung, dass die Auswirkungen auf die Hypothekenfinanzierung vor Einführung überprüft werden sollten, nährt die Hoffnung, dass die beschriebenen Konsequenzen nur begrenzt auftreten.
An erster Stelle sind die in diesem Geschäftsbericht bereits ausführlich beleuchteten CMBS*-Strukturen zu nennen. Sie können in den nächsten Jahren zu einer erheblichen Belastung der Kapitalmärkte und als Folge unter Umständen auch für das Bankensystem im Ganzen sowie für die Immobilienmärkte und Kommunen werden. Insgesamt wurden in Deutschland rund 30 Milliarden Euro Forderungen und damit 5 Prozent aller Gewerbeimmobiliendarlehen (laut DB Research) in der vorbezeichneten Art verbrieft, wovon derzeit noch 24 Milliarden Euro ausstehen.
Allein 2013 werden in Deutschland CMBS-Papiere im Wert von nominal 12 Milliarden Euro fällig. Das größte Problem besteht in der Neufinanzierung dieser Immobiliendarlehen, denn die Darlehensgeber, meist Special Purpose Vehicles (SPV), dürfen in der Regel nicht prolongieren bzw. dies ist nicht in den Verträgen vorgesehen. Wenn diese Neufinanzierungen nicht gelingen, fließen dem SPV nicht die erforderlichen Mittel zu, um die Anleihegläubiger auszuzahlen. Dann bleibt nur die Abwicklung und Verwertung der Immobilien. Dafür fehlen nach heutiger Sicht sowohl die Käufer der Objekte als auch die Finanzierungspartner.
Die Kreditfinanzierung der gewerblichen Immobilienwirtschaft erfolgt über alle Säulen der deutschen Bankenlandschaft hinweg, jedoch stellen die Pfandbriefbanken wegen ihrer Refinanzierungsquelle und ihrer Spezialisierung auf Immobilien einen besonders wichtigen Pfeiler dar: mit 22 Prozent aller Gewerbeimmobilienkredite sind sie Marktführer. Gerade in dieser Bankengruppe gibt es seit der Bewältigung der Finanzkrise die größten Einschnitte. Neben der HRE ist auch die Eurohypo betroffen, die ihre Kreditvergabe komplett einstellen muss. Bei den Landesbanken stellt sich die Situation ebenfalls schwierig dar. Auf Grund von Auflagen der EU wegen der staatlichen Beihilfen muss z.B. die WestLB die WestImmo auf eine Bad Bank verschmelzen. Damit sind wichtige Player aus dem Markt ausgeschieden bzw. haben ihre Geschäftstätigkeit drastisch zurückgefahren.
Dabei wird seitens der Immobilienwirtschaft nicht reklamiert, dass nicht konkurrenzfähige Marktteilnehmer nicht ausscheiden dürften. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass die Rettungsaktionen, die zur Aufrechterhaltung der Kreditversorgung der Realwirtschaft gerechtfertigt waren, sich nun ins Gegenteil verkehren und damit zur Verschlechterung der Kreditversorgung der Immobilienwirtschaft führen können.
Wegen dieser Rahmenbedingungen, die durch höhere Kreditkosten und geringere Beleihungsausläufe zu schlechteren Kreditkonditionen führen können, beschäftigt sich der Ausschuss auch mit Alternativen in der Finanzierung, z.B. mittels Anleihen. Die Anleihemärkte haben sich in den letzten Jahren insofern verändert, als jetzt auch Anleihen ab ca. 100 Millionen Euro möglich sind und auch ungeratete Anleihen gezeichnet werden. Da für die Immobilienwirtschaft das Volumen noch immer zu hoch ist und zudem eine Platzierung an ausgewählte Zielgruppen am ehesten Erfolg verspricht, wird derzeit über die Schaffung eines EU-Private Placement- Marktes nachgedacht. Der Ausschuss wird die Entwicklung weiter unterstützend begleiten.
Neben alternativen Finanzierungen wird derzeit diskutiert, ob andere Änderungen in den bestehenden Instrumentarien, Programmen etc. zielführend wären, um eine ausreichende Versorgung der Immobilienwirtschaft auch in Zukunft absichern zu können. Der Ausschuss wird sich deshalb diesen Fragen stellen und entsprechende Initiativen starten.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2011/2012