01.04.2020

Herausforderung für Investoren

Wachsende Komplexität der Immobilienmärkte

Dr. Sven Helmer, MRICS, Geschäftsführer, LAGRANGE Financial Advisory GmbH
Dr. Sven Helmer

Professionelle Investoren wie Versicherungsgesellschaften, Versorgungswerke, Pensionskassen oder Kreditinstitute stehen immer häufiger vor großen Herausforderungen, wenn es um die Festlegung ihrer Investmentstrategie sowie die Auswahl von Zielmärkten und geeigneten Investmentvehikeln geht. Grund dafür ist zum einen die Komplexität der Immobilienmärkte, die in den zurückliegenden Jahren stark zugenommen hat und auf absehbare Zeit auch weiter zunehmen wird. Zum anderen erschwert die geringe Verfügbarkeit von Immobilien auf dem Markt die Umsetzung einschlägiger direkter Investmentstrategien und die Markttransparenz über indirekter Anlagevehikel ist gering.

Höhere Komplexität ermöglicht größere Vielfalt an Anlagestrategien
Die zunehmende Komplexität der Immobilienmärkte ist für Investoren zunächst einmal durchaus positiv, denn mit der Komplexität nimmt auch die Zahl der möglichen Anlagestrategien zu, die Investoren an den Immobilienmärkten verfolgen können. So gibt es mittlerweile in Europa 16 verschiedene Investment-Grade-Märkte, die im Hinblick auf Kriterien wie Größe, Liquidität sowie rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen für Engagements professioneller Immobilieninvestoren infrage kommen. Jeder dieser sechzehn Märkte lässt sich wiederum in verschiedene Immobilien-Nutzungsarten untergliedern. Diese umfassen heute längst nicht mehr nur Wohnungen, Büroimmobilien, Shoppingcenter und Hotels, sondern auch zahlreiche kleinere Segmente, von Logistik und Light Industrial bis hin zu Nischenprodukten und Spezialimmobilien wie Kindertagesstätten, Pflegeeinrichtungen, Seniorenwohnanlagen, Boarding

Houses oder Studentenwohnheimen.
Das ermöglicht die Umsetzung von immer differenzierteren und stärker spezialisierten Investmentstrategien, stellt Investoren aber gleichzeitig vor wachsende Herausforderungen, wenn es darum geht, geeignete Investmentstrategien zu definieren und anschließend die passenden Produkte zu deren Umsetzung zu identifizieren. Die dafür notwendige Marktkenntnis lässt sich in der Regel nicht kurzfristig aufbauen, und das Vorhalten entsprechender personeller und materieller Ressourcen ist für viele Investoren auch wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Externe Placement Agents sorgen für Transparenz
Die Einbeziehung externer Placement Agents bietet Investoren einen praktikablen Ausweg aus dieser Situation und gewinnt daher immer mehr an Bedeutung. Der Placement Agent wird zwar vom jeweiligen Fondsmanager beauftragt, es besteht allerdings ein impliziter Vertrag mit dem Investor, der letztlich der Kunde nicht nur des Fondsmanagers, sondern dann auch des Placement Agents ist. Häufig wird der Placement Agent beim Vertrieb und der Beratung von alternativen Investmentfonds, wie z.B. Immobilien- oder Infrastrukturfonds mit einem Volumen von mehr als 100 Mio. Euro Eigenkapital vom jeweiligen Fondsmanager eingesetzt und beauftragt.

Aufgrund seiner kontinuierlichen Marktbeobachtung kann der Placement Agent selbst in komplexen Immobilienmärkten für die Transparenz sorgen, die Investoren brauchen, um fundierte Investmententscheidungen treffen zu können. Dies betrifft zum einen die Ebene der Immobilienmärkte selbst, zum anderen aber auch die am Markt verfügbaren Investmentprodukte und deren Anbieter und Manager. Insbesondere mit Blick auf Letztere ist eine gewisse Objektivierung der Entscheidung durch Zwischenschaltung eines Placement Agent für Investoren hilfreich. Rein subjektiv könnten Anleger beispielsweise dazu tendieren, sich erneut für einen Fondsmanager zu entscheiden, der ihnen aus der Vergangenheit bereits bekannt ist. Dadurch können jedoch Chancen übersehen und nicht optimale Anlageentscheidungen getroffen werden, vor allem, wenn es sich eben nicht um identische Anlagen wie bereits in der Vergangenheit handelt, sondern etwa um die Umsetzung einer neuen Investmentstrategie in einer bisher nicht genutzten Assetklasse. Der Placement Agent wird zwar vom Fondsmanager beauftragt, hat allerdings implizit einen Vertrag mit dem Investor und weist folgende Vorteile für den Investor auf:

  • Vorauswahl und Prüfung von Produkten. Es werden nur Produkte in den Vertrieb aufgenommen, die in der Zukunft erfolgsversprechend sind und den Businessplan erfüllen können.
  • Vorbereitung des Fonds auf die Bedürfnisse von institutionellen Investoren, insbesondere im Hinblick auf Rendite-/Risikostruktur, Reporting, rechtliche und steuerliche Anforderungen
  • Tiefes Verständnis für die Branche (z.B. Immobilien oder Infrastruktur) und die aktuellen Markttrends (Welche Länder, welche Sektoren, welche Besonderheiten?)
  • Kenntnis der Managementteams und deren Track Records über Jahre bzw. Jahrzehnte
  • Nutzung der Kapazitäten und des fondsübergreifenden Wissens des Placement Agent durch den Investor bei der Zeichnung und bei Fragen zum Produkt oder zum Markt, ohne dass dafür Kosten auf Investorenebene entstehen
  • Kostentransparenz auch für den Investor, da der Placement Agent die vergleichbaren Produkte und Marktusancen im jeweiligen Markt kennt und vorab mit dem Fondsmanager koordiniert

Im Unterschied zum reinen Investmentberater wird der Placement Agent nicht nur auf Standardtrends setzen oder immer wieder die gleichen Fondsmanager bei den Investoren auswählen. Ist ein Fonds abgeschlossen, wird der Placement Agent sich umgehend neuen Themen widmen, um der jeweiligen Investorengemeinschaft neue und gut aufbereitete Themen zu präsentieren.

Corporate-Governance-Standards erfüllen und Interessenkonflikte vermeiden
Unabhängige Placement Agents beziehen bei ihren Analysen eine Vielzahl von Kriterien ein, die sie gemeinsam mit ihren Investoren auf deren Bedürfnisse abstimmen können. Auf dieser Basis führen sie eine Vorprüfung durch, die die Kriterien für die Umsetzung der von den Investoren gewünschten Strategie beinhaltet, und begründen ihre Auswahl im Bedarfsfall in einem eigens zu diesem Zweck erstellten Bericht. Dadurch werden Anlageentscheidungen besser begründbar und nachvollziehbar. Interessenkonflikten wird wirksam vorgebeugt, und die Investoren werden in die Lage versetzt, die geltenden Corporate-Governance-Standards zu erfüllen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von LAGRANGE Financial Advisory
Erstveröffentlichung: www.private-banking-magazin.de, März 2020

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