06.03.2015

Lösungen aus einer Hand

Corporate Real Estate in einem Industriekonzern

Dr. Zsolt Sluitner, CEO, Siemens Real Estate
Dr. Zsolt Sluitner

Neben Arbeit, Kapital, Technologie und Information sind Immobilien längst als wichtige Unternehmensressource anerkannt. Deshalb spielt das Management von Firmenimmobilien für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen eine wichtige Rolle. Siemens hat die Verantwortung für seine Konzernimmobilien daher schon frühzeitig in einer eigenen Einheit mit weltweiter Verantwortung gebündelt.

Der Immobilienbestand des Siemens- Konzerns umfasst rund 15,8 Millionen Quadratmeter, dies entspricht etwa der anderthalbfachen Fläche von Berlin- Mitte. Rund 60 Prozent dieser Immobilien, die sich auf über 70 Länder und mehr als 2.500 Standorte verteilen, befinden sich derzeit im Eigentum des Konzerns. Nimmt man die angemieteten Flächen mit hinzu, so belaufen sich die in der unternehmerischen Verantwortung von Siemens Real Estate (SRE) verantworteten Real Estate Assets auf rund 6,5 Milliarden Euro.

Herausforderung Flächenoptimierung

Zu den großen Herausforderungen im Corporate Real Estate Management zählt es, den Flächenverbrauch und die Nutzung der Objekte zu optimieren und den wechselnden Konzernbedürfnissen anzupassen. Unverzichtbar ist dafür ein aktives Portfolio Management, das regionale Gegebenheiten berücksichtigt. Darüber hinaus steuern wir unser Immobilienvermögen über ein Portfolio Risk Management, in dem wir die Faktoren Markt, Standort und Unternehmen abbilden und bewerten. Sehr schnell kann über dieses System auf Veränderungen reagiert und bei Bedarf gehandelt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Rückführung des in Büroimmobilien gebundenen Kapitals und ein verstärktes Investment in Produktionsbetriebe, um das Wachstum des Konzerns zu unterstützen. Portfolio Management, Portfolio Risk Management und Verwertungen sind wertvolle Hilfsmittel für die Steuerung unseres Immobilienbestandes.

Um Flächennutzung und -verbrauch optimieren zu können, ist zunächst jedoch eine Positionsbestimmung erforderlich: Wie viel Raum benötigt ein Mitarbeiter? In Deutschland, in Asien oder den USA, in der Fertigung, in der Forschung, im Büro? Und was bedeutet das für den Flächenbedarf von Siemens insgesamt? Diese Fragen müssen wir uns stellen und Antworten darauf finden. Eine effiziente Methode dafür ist Benchmarking: Über Vergleiche werden zunächst diejenigen Unternehmen identifiziert, die besonders erfolgreich am Markt agieren und damit als Maßstab für die Optimierung unserer Flächen dienen können. Parallel dazu muss der tatsächliche Flächenverbrauch festgestellt und im Falle eines Überhangs durch Maßnahmen wie Flächenkonsolidierungen, Abmietungen oder Verwertungen korrigiert werden. Auf diese Weise ist es Siemens Real Estate gelungen, weltweit den Flächenverbrauch pro Mitarbeiter um 25 Prozent zu senken. Dieses Ergebnis konnte nur erzielt werden, weil SRE die Verantwortung für die gesamten Immobilien innehat und damit alle Schritte „aus einem Guss“ planbar waren.

Beispiel Siemens Campus in Erlangen

Ein aktuelles Beispiel für die Steigerung der Flächeneffizienz ist der geplante Neubau des sogenannten Siemens Campus in Erlangen – neben der Konzernzentrale in München eines der wichtigsten und größten Neubauvor haben von Siemens Real Estate. Dazu würde ein Großteil des überwiegend bereits mehr als vierzig Jahre alten und ineffizienten Immobilienbestands auf dem jetzigen Siemens-Standortes im Süden der Stadt schrittweise bis 2030 durch moderne, effiziente und nachhaltige Neubauten ersetzt. Das Projekt hat ein voraussichtliches Investitionsvolumen von rund 500 Millionen Euro und erstreckt sich über eine Fläche von 54 Hektar – das entspricht der Größe von etwa 75 Fußballfeldern. Bereits heute ist Erlangen mit rund 25.000 Mitarbeitern der größte Siemens-Standort weltweit und leistet als Kompetenzzentrum des Ingenieurswesens einen erheblichen Beitrag zur Innovationskraft des Unternehmens. Diese Innovationskraft gilt es durch einen neuen und nachhaltigen Campus zu sichern.

Büroimmobilien: Flexibilität ist gefordert

Die Flexibilität stellt eine grundsätzliche Anforderung an die Büroimmobilien von Siemens dar: Diese müssen nicht nur für den aktuellen Nutzungszweck alle Voraussetzungen erfüllen, sondern auch Veränderungspotenzial besitzen, um die Fläche je nach Erfordernis erweitern oder auch reduzieren zu können – ganz so, wie es dem Bedarf des Nutzers Siemens entspricht. Flexibilität ist im Übrigen auch bei der Anmietung eine wichtige Voraussetzung; wir achten darauf, dass die Mietverträge für extern angemietete Flächen eine Option auf Verlängerung und – für den Fall eines zurückgehenden Bedarfs – ein Sonderkündigungsrecht beinhalten.

Die Lage der jeweiligen Büroimmobilie richtet sich nach der Nutzung und den betrieblichen Erfordernissen der nutzenden Einheit. In der Regel lässt sich Siemens in qualifizierten B- manchmal auch C-Lagen nieder, eine 1A-Lage ist eher die Ausnahme und an besondere Anforderungen geknüpft. Generell sollte eine eindeutige Adressbildung möglich sein. Auch was das äußere Erscheinungsbild und damit die Wiedererkennung angeht, sind die Anforderungen an die Immobilien des Konzerns klar definiert. Das Stichwort lautet hier Corporate Architecture, wobei sich dahinter neben der äußeren Gestaltung eines Gebäudes auch Aspekte wie Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit verbergen. Wir wollen Objekte, die das Selbstverständnis von Siemens widerspiegeln und für Eigenschaften wie Transparenz, Offenheit, Innovationskraft, aber auch Umweltbewusstsein und technologische Führerschaft stehen.

Produktionsstätten müssen Anforderungen der Produkte entsprechen

Bei Produktionsstätten kommt es vor allem darauf an, dass sie den Anforderungen der Produkte entsprechen, die dort entstehen. Die Anforderungen definiert die jeweilige Siemens-Einheit: Die Standorte werden danach ausgewählt, wo diese Anforderungen erfüllt sind und für die Herstellungs-, Lagerungs- und Lieferungsprozesse die besten Bedingungen herrschen. Dabei müssen viele verschiedene Komponenten Berücksichtigung finden, insbesondere wenn es um sehr große und sperrige Güter geht, wie etwa Gasturbinen, Windkraftanlagen, Transformatoren oder Züge, die allesamt zum Portfolio von Siemens gehören. Siemens Real Estate übernimmt bei der Standortsuche die Rolle des internen, beratenden Dienstleisters, der die Bedürfnisse der Siemens-Einheiten mit den immobilienspezifischen Gegebenheiten in Einklang bringt. Dabei wurde in der Vergangenheit oft jedes Bauprojekt einzeln betrachtet, doch durch eine Systematisierung von Abläufen und Inhalten, einer Standardisierung der Baumodule und festgelegten Typologien der Produktionsgebäude und Büros ist es inzwischen möglich, Projekte schneller, kostengünstiger und bei gleichbleibend hoher Qualität umzusetzen. So wurden z.B. fünf Fertigungstypologien definiert, drei davon für Bürobauten, die an die jeweiligen Märkt und Klimazonen angepasst werden können.

Nachhaltigkeit – im Neubau und im Bestand Nachhaltigkeit ist Bestandteil aller unserer Aktivitäten; unabhängig davon, ob es sich um eine Büroimmobilie oder eine Produktionsstätte handelt. Im Rahmen der von SRE gestarteten „Green Building“-Initiative werden alle Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet. Neubauten und wichtige Bestandsgebäude werden konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. So liegen die Betriebskosten der SRE-Büroimmobilien in Deutschland aufgrund zahlreicher Optimierungsmaßnahmen heute bereits 10 Prozent unter Marktniveau. Sämtliche Büroneubauten erfüllen LEED-Kriterien (Leadership in Energy and Environmental Design) und entsprechen damit international anerkannten Standards für umweltfreundliches, Ressourcen schonendes und nachhaltiges Bauen.

Mieten, Bauen oder Kaufen?

Bei der Bereitstellung von Flächen für den Konzern steht Siemens Real Estate immer wieder vor der Frage: mieten, selbst bauen oder kaufen? Die Entscheidung hierüber ist komplex: Es gilt, die Kundenbedürfnisse sowie zyklische Geschäftsentwicklungen mit dem Immobilienlebenszyklus in Einklang zu bringen und zudem das Gesamtportfolio im Auge zu behalten. Daher steht an erster Stelle immer die Analyse, ob der Bedarf aus dem Bestand gedeckt werden kann und was das wirtschaftlich bedeuten würde: für die Siemens- Einheit, die den Bedarf angemeldet hat, für SRE, für den Gesamtkonzern.

Kann der Bedarf nicht aus dem Bestand gedeckt werden oder sprechen Gründe gegen eine Bestandsimmobilie, so favorisieren wir bei Büroimmobilien die Anmietung. Der Erwerb von Büroimmobilien ist sehr stark vom Standort abhängig und bildet eher die Ausnahme. In diesen Fällen ziehen wir eine Anmietung nach dem Investorenmodell in Betracht: Wir lassen die Immobilie entsprechend den Kundenwünschen von einem Investor errichten und mieten diese langfristig zurück. Diese Variante ist auch bei Produktionsimmobilien möglich, oft bauen wir aber selbst mit eigenem Investment. So wurden in den vergangenen acht Jahren rund 2,5 Milliarden Euro in den Bau von Immobilien investiert. Gegenfinanziert durch den Verkauf von Bestandsimmobilien mit einem Volumen von rund 3 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum.

Für alle Vorhaben wird ein sogenannter Corporate Business Case erstellt, in dem die in Frage kommenden Lösungsalternativen und die Auswirkungen auf die geschäftsführende Einheit wie auf den Gesamtkonzern untersucht und bewertet werden. Die Immobilienlösung wird auf dieser Grundlage gefunden, wobei die Belange des Konzerns Vorrang haben. Wichtig dabei ist: Nicht die Renditemaximierung steht im Vordergrund, sondern ein effizientes und an den Strategien der operativen Bereiche orientiertes Portfolio.

Dazu arbeitet SRE eng mit den geschäftsführenden Einheiten im Konzern zusammen. Wir verstehen uns als vertrauensvoller Partner und professioneller Dienstleister für die Siemens- Einheiten, der das Immobiliengeschäft in Einklang bringt mit dem operativen Geschäft von Siemens.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2013/2014