09.03.2016

Risiko nicht adäquat eingepreist

Finanzierungen von Immobilienprojekten

Peter Axmann, Leiter Immobilienkunden, Hamburg Commercial Bank AG
Peter Axmann

Die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen in Deutschland ist weiterhin hoch, vor allem in den sogenannten A-Städten. Gleichwohl stehen die Banken in einem intensiven Wettbewerb, insbesondere wenn es um die Finanzierung von attraktiven Projekten geht. Um konkurrenzfähig zu sein, müssen sich die Finanzierer mit immer geringeren Margen zufrieden geben: Innerhalb der vergangenen drei Jahre haben sie sich nahezu halbiert und liegen heute im Durchschnitt bei einem bis eineinhalb Prozent. Diese historisch niedrigen Margen decken die Risiken der Finanzierer längst nicht mehr im ausreichenden Maße ab.

In der gewerblichen Immobilienfinanzierung werden derzeit Beleihungsausläufe von rund 70 Prozent dargestellt. Dies impliziert auf den ersten Blick einen relativ komfortablen Risikopuffer für die Bank. Die dabei zugrunde gelegten Bewertungen der Immobilien beruhen allerdings auf der aktuell sehr guten Marktsituation. Doch was passiert, wenn der Markt sich dreht? Fallen die Verkehrswerte, kann der Beleihungsauslauf schnell bei 85 Prozent statt bei den ursprünglichen 70 Prozent liegen. Damit würde sich die Bank allerdings aus dem Bereich eines klassischen Senior Loans heraus bewegen. Zumindest teilweise würde sie Tranchen abdecken, die faktisch eher Eigen- oder Mezzaninkapital-Charakter haben und deutlich höhere Risiken bergen. Bei einer Marge von rund einem Prozent sind diese Risiken für die finanzierende Bank jedoch nicht ausreichend berücksichtigt. Das gilt insbesondere für Projektentwicklungen, die noch keine Cash Flows produzieren und erst noch fertiggestellt werden müssen. Zum Vergleich: Ein Mezzanin-Kapitalgeber verlangt für sein Darlehen eine deutlich höhere Verzinsung – in der Regel um die zehn Prozent. Die Bank bräuchte für die letzten zehn oder 15 Prozentpunkte des Beleihungsauslaufes eigentlich eine ähnlich hohe Verzinsung, um eine angemessene Vergütung für die Risiken dieses Teils der Finanzierung zu erhalten. Am Markt ist dies jedoch aufgrund des kompetitiven Umfeldes nicht durchsetzbar.

Der starke Wettbewerb und die aktuell hohen Tilgungen könnte Banken zudem motivieren, höhere Beleihungsausläufe zu akzeptieren, um das zur Erreichung der Ertragsziele erforderliche Neugeschäft doch machen zu können. Dieses Vorgehen war schon in den Jahren vor 2007 zu beobachten. Derzeit sind die Banken in diesem Punkt jedoch (noch) zurückhaltend, – zu gegenwärtig ist wohl die Erinnerung daran, welches Rückschlagpotenzial eine sich verändernde Marktlage birgt.

Betrachtet man die vergangenen zehn Jahre als Referenzzeitraum, findet sich kaum eine Bank in Deutschland, die mit der Finanzierung von Immobilien adäquat Geld verdient hat, vor allem, wenn man die Abschreibungen der Krisenjahre mitzählt. Die Margen sind gegenwärtig im gesamten deutschen Markt eigentlich zu niedrig und das Risiko der Banken nicht ausreichend eingepreist. Eine Änderung dieser Situation ist mittelfristig angesichts der hohen Bankendichte in Deutschland und des anhaltenden Niedrigzinsumfelds nicht in Sicht. Die Frage, ob Deutschland nicht doch „overbanked“ sei, ist durchaus berechtigt. Was aus Investorensicht auf den ersten Blick sehr begrüßenswert aussieht, nämlich niedrige Margen bei sehr auskömmlichen Kredithöhen, könnte sich spätestens bei der nächsten Marktkorrektur als Bumerang erweisen. Denn falls dann das aktuelle Preis- und Risikoverhalten der Immobilienfinanzierer wiederum zu signifikanten Verlusten führen sollte, wird dieses Geschäftsfeld bei vielen Kreditinstituten als nachhaltig unrentabel in Frage gestellt werden. Mit gravierenden Folgen für die Kreditversorgung des deutschen Immobiliensektors.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von HSH Nordbank
Erstveröffentlichung: Immobilienmanager extra Ausgabe 6/7 2015