06.05.2020

Gemeinsam gegen die Krise

So können Asset Manager Corona-bedingte Mietausfälle schnell und vollständig erfassen

Jan Körner, Geschäftsführer, control.IT Unternehmensberatung GmbH
Erik Marienfeldt, Geschäftsführer, HIH Real Estate GmbH
Jan Körner

Wie können Asset Manager Corona-bedingte Mietausfälle schnell und vollständig erfassen? In der Praxis erfolgt dies aktuell häufig mit Excel-Listen, der Zeitverlust ist dabei enorm. Als Reaktion auf die Krise hat control.IT zusammen mit ihren drei Mitgesellschaftern HIH Real Estate, KGAL und Patrizia mit „Tick your Risk“ eine Anwendung zur Erfassung und zum Monitoring der Mietausfälle entwickelt. The Property Post hat dazu mit Jan Körner, Geschäftsführer von control.IT, und Erik Marienfeldt, Geschäftsführer der HIH Real Estate, gesprochen.

TPP: Herr Marienfeldt, alle Eigentümer und Manager von großen Immobilienportfolios fragen sich derzeit, wie die genauen Auswirkungen der Corona-Krise auf ihre Objekte aussehen. Wie ist die HIH-Gruppe in dieser Frage vorgegangen?
Erik Marienfeldt:
Wir haben zunächst verschiedene Szenarien für unsere Portfolios durchgerechnet. Dabei haben wir Annahmen getroffen, welche Mietzahlungen ausfallen könnten. Allerdings haben wir schnell erkannt, dass die Realität anders aussieht. Wir haben festgestellt, dass beispielsweise die Bonität der Mieter nicht mit dem Zahlungsverhalten korreliert. So haben viele Nutzer, bei denen wir ein sehr hohes Ausfallrisiko angesetzt haben – etwa lokale Einzelhändler – ihre Miete im April weiterbezahlt, während es sich bei einigen Mietern mit sehr guter Bonität gegenteilig verhielt. Das war schon sehr erstaunlich.

Zudem kamen wir rasch zu der Erkenntnis, dass wir die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen in den verschiedenen Regionen näher und schneller am jeweiligen Objekt erfassen müssen, um ein umfassendes Monitoring zu ermöglichen. Mit Excel-Listen, die zwischen dem Property Manager und Portfolio Manager zirkulieren, gibt es hier kein zügiges Weiterkommen. Das dauert einfach zu lange und ein Echtzeit-Tracking ist so nicht möglich. Auf dieser Basis entstand relativ schnell nach dem Shutdown die Idee zu dem Tool „Tick your Risk“, mit dem Mietausfälle zeitnah für ein ganzes Portfolio erfasst werden können.

TPP: Worin ist „Tick your Risk“ den üblichen Excel-Listen überlegen?
Erik Marienfeldt:
Alle an der Immobilienbewirtschaftung beteiligten Akteure – auch externe Property Manager im In- und Ausland – haben Zugriff auf das Tool und können ihre Daten sofort eingeben bzw. einspielen. Auf diese Weise erhält der Asset Manager in Echtzeit einen Überblick über die Mietstundungen, -ausfälle und -reduzierungen in seinem Portfolio. Er hat damit eine valide Datengrundlage für alle weitergehenden Entscheidungen wie beispielsweise, ob die Liquiditätsreserve im Fonds ausreichend ist oder ob die Ausschüttungen reduziert oder verschoben werden müssen. Außerdem weiß er dann genau, wo er reagieren muss und mit dem Mieter in direkte Kommunikation treten sollte. Dies ist ein entscheidender Ansatzpunkt. Uns ist es durch schnelle und direkte Kommunikation mit den Mietern gelungen, die Mietreduzierungen und -ausfälle zu reduzieren.

TPP: Wie ist die Idee dazu entstanden?
Jan Körner:
Die bison.box ist eine modular aufgebaute Standard-Software für das Asset- und Portfoliomanagement. Wir haben bereits seit geraumer Zeit an einer cloudbasierten Webversion gearbeitet – zusammen mit unseren drei Gesellschaftern HIH Real Estate, KGAL und Patrizia. control.IT entwickelt dabei das technische Framework und bringt den Content ein, der über viele Jahre aus einer Vielzahl von Projekten in die bestehende Anwendung eingeflossen ist. Gemeinsam mit unseren Partnern erweitern wir diesen Content, um so eine möglichst breite Anwendungsbasis eines damit de facto „Branchenstandards“ zu schaffen.

TPP: Welche Herausforderungen mussten Sie dabei überwinden?
Jan Körner:
Unsere Gesellschafter, die alle seit langem auch Kunden sind, hatten in ihren jeweiligen Projekten teilweise sehr unterschiedliche Herangehensweisen an diverse Themen. Der Team-Up-Gedanke bei der Softwareentwicklung war zunächst einmal für alle neu und gewöhnungsbedürftig. Es hat eine Weile gedauert, bis alle eingesehen haben, dass man durch einen konstruktiven Austausch, bei dem jeder etwas von seinem Hoheitswissen mit allen anderen teilt, eine viel mächtigere Softwarelösung schafft. control.IT nimmt neben der technischen Realisierung auch die Rolle des Mediators bei der Schaffung von Content ein und stellt sicher, dass die Anwendung allgemein verwendbar und drittverwendungsfähig bleibt. Bei der neuen Anwendung „Tick your Risk“ ist uns das gemeinsam schon prima gelungen. Es handelt sich um einen „Pre-Launch“ eines Teilbereiches der künftigen bison.box. COVID 19 war quasi der Katalysator eines Prozesses, der ohnehin schon auf der Agenda stand.

TPP: Was müssen die Nutzer für die Anwendung „Tick your Risk“ bezahlen?
Jan Körner:
Wir wollen mit „Tick your Risk“ einen Beitrag leisten, mit dem die Branche schnell auf die Krise reagieren kann. Daher ist die Nutzung auch zunächst kostenfrei. Erst ab dem Juli wollen wir unsere Betriebskosten umlegen. Außerdem profitieren wir auch vom User-Feedback, das entscheidend zur weiteren Entwicklung der bison.box beiträgt.

TPP: Können interessierte Asset Manager das Tool direkt nutzen?
Jan Körner:
Ja, es handelt sich um eine Stand-alone-Anwendung, die offen für Zulieferungen aus externen Quellen ist. Dabei kann die Datenzulieferung aus einer bestehenden bison.box, aus bestehenden Property Management Systemen oder aus Excel-Listen kommen. Dazu haben wir auch schon weitere Partner mit ins Boot geholt, die für ihre Kunden anbieten würden, den Data-Flow mit control.IT zu organisieren. Dazu gehören die PM-Softwarehäuser Spacewell (iX-Haus), GiT (realax), das PropTech realXdata und auch Synapplix.

TPP: Vielen Dank für das Gespräch!

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von contril.IT, HIH Real Estate
Erstveröffentlichung: The Property Post, Mai 2020

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