21.04.2020

Aufklären statt verharmlosen

Reiner Reichel, Redakteur, The Property Post

Das Corona-Virus hat Deutschland weiterhin fest im Griff. Erste zaghafte Ladenöffnungen können darüber nicht hinwegtäuschen. Die Gastronomie bleibt geschlossen. Mietzahlungen werden ausgesetzt und ob sie später vollständig nachgeholt werden, ist nicht gesichert. Trotzdem tun die Anbieter milliardenschwerer Offener Immobilienfonds so, als ob Covid 19 ihre Anleger allenfalls am Rande betreffen würde.

Commerz Real lässt die Kunden des „Hausinvest“ wissen: „Die Immobilienmärkte sind hingegen nicht im Zentrum der Turbulenzen, und auch der hausInvest bleibt stabil.“ In den jüngsten Produktinformationen von Union Investment zu den Offenen Immobilienfonds Uniimmo Deutschland, Europa und Global vom 14. April 2020 kommt das Wort „Corona“ nicht ein einziges Mal vor. Die Immobilienfonds-Anleger der Dekabank erfahren in einem YouTube-Video, dass sich die Fondmanager „im partnerschaftlichen Austausch mit Betroffenen“ um „vorteilhafte Mietverhältnisse im langfristigen Interesse der Fonds“ bemühen.

Kein Wort darüber, dass verspätete und ausfallende Mietzahlungen die Kassenbestände schrumpfen lassen, so dass auch weniger Geld an Anleger ausgeschüttet werden kann. Längst sagen Immobilienmarktexperten übereinstimmend sinkende Gewerbemieten voraus. Dass dies sich auch auf die Werte der Immobilien auswirkt, wird ebenso verschwiegen. Die Branche versteckt sich wieder hinter dem für deutsche Offene Immobilienfonds geltenden Bewertungssystem, das auf Basis nachhaltiger Mieten Marktbewegungen glättet. Zwei Monate Mietausfall spielen in diesem System tatsächlich kaum eine Rolle. Aber, dass die Corona-Krise eine weltweite Rezession auslöst und über einen längeren Zeitraum hinweg das Mietniveau senkt, wird früher oder später doch auf die Immobilienwerte durchschlagen. Und niedrigere Immobilienwerte bedeuten geringere Anteilspreise.

Trotz der sich abzeichnenden Renditeeinbußen besteht kein Grund, aus Immobilienfonds zu flüchten wie nach der Lehman-Pleite. Auch nicht für die Alt-Anleger, die noch sofort Kasse machen können, weil für sie die neuen Kündigungsregeln nicht gelten. Wohin sollten sie auch mit dem Geld? Der Wechsel in Anleihen und Aktien wäre viel riskanter. Allerdings werden Aktionäre besser formiert. Wären die Immobilienfonds börsennotierte Aktiengesellschaften, dann müssten sie in dieser Situation mittels Gewinnwarnungen über sich verschlechternde Geschäftsaussichten informieren. Aufklären statt verharmlosen – das können auch Immobilienfonds-Anleger von ihren Vermögensverwaltern verlangen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von The Property Post
Erstveröffentlichung: The Property Post, April 2020

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