05.08.2025

Berliner Wohnungsbau

Mehr als erwartet, weniger als benötigt

Dr. André Schlüter, Senior Kommunikationsberater, RUECKERCONSULT GmbH
Dr. André Schlüter

Die Anstrengungen von Politik und Immobilienwirtschaft, für mehr Neubau zu sorgen, werden erst in einigen Jahren zu einem spürbaren Anstieg der Bautätigkeit führen. Das bestätigten die Teilnehmer einer Pressekonferenz Ende Juli 2025 zum Berliner Wohnungsneubau, Saidah Bojens, Niederlassungsleiterin Berlin, Instone Real Estate; Andreas Tied, Bereichsleiter Immobilien- und Stadtentwicklung, Investitionsbank Berlin (IBB); Sascha Nöske, Vorstand, Strategis AG; Dr. Clemens Paschke, Geschäftsführer, WvM Berlin Immobilien und Dr. Simon Kempf, Geschäftsführer, Periskop Development.

Andreas Tied berichtet, die Zahl der Baugenehmigungen in Berlin gehe seit dem Höchststand von 2016 mit 25.000 Wohnungen kontinuierlich zurück. Im vergangenen Jahr sei die 10.000er Marke unterschritten worden. „Die Baufertigstellungen sinken verzögert und nicht so deutlich. Nach dem Spitzenwert 2019 mit 19.500 neuen Wohnungen sind im vergangenen Jahr immerhin rund 15.300 erreicht worden.“ Dadurch schmelze der in Berlin mit über 50.000 Wohnungen beachtliche Bauüberhang ab. Der Puffer bewirke, dass mit – gemessen an den Genehmigungszahlen – weiterhin verhältnismäßig hohen Fertigstellungszahlen zu rechnen sei. Bis 2040 seien in Berlin aktuell rund 70.000 Wohnungen in Bau oder in der Planung.

Lange Planungszeiten verzögern den Wohnungsbau

Bei weiter wachsenden Einwohnerzahlen (+19.045/ 2024) decke der Neubau jedoch nur einen Teil des Wohnungsbedarfs. Erforderlich seien auch weiterhin 20.000 neue Wohnungen jährlich. Eines der Projekte, von denen aktuell spürbare Impulse für die Stadtentwicklung ausgehen, ist die Friedenauer Höhe. Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Wilmersdorf entstehen aktuell rund 1.100 Wohnungen. Vom ersten Beschluss der zuständigen Bezirksverordnetenversammlung bis zur Baugenehmigung dauerte es rund zehn Jahre. Der Bau des gesamten Quartiers soll innerhalb von vier Jahren bis 2026 abgeschlossen sein.

„Unser Ziel bei der Entwicklung unserer Quartiere ist es, Lebensräume zu schaffen, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen gerecht werden“, sagt Saidah Bojens. „Mit der ‚Friedenauer Höhe‘ entsteht in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der OFB Projektentwicklung GmbH ein neuer, lebenswerter Stadtteil für rund 2.500 Menschen. Das autofreie Quartier zeichnet sich durch attraktiven, vielfältigen Wohnraum mit hoher Lebensqualität aus – eine Verbindung aus moderner Architektur, nachhaltigem Bauen und sozialer Infrastruktur, die die Gemeinschaft stärkt.“

„Preislich rangieren Neubaumietwohnungen in Berlin inzwischen bei durchschnittlich 20,50 Euro je Quadratmeter“, sagt Andreas Tied. Dies trifft sich mit den Erfahrungen von Sascha Nöske, Vorstand der Strategis AG. Sein Unternehmen ist auf die Vermarktung von Neubauprojekten in Berlin und Brandenburg spezialisiert. In den gefragten Lagen von Köpenick, Prenzlauer Berg, Schöneberg werden aktuell zwischen 20 und 28 Euro je Quadratmeter nettokalt erzielt. Beim Projekt Friedenauer Höhe seien es im Schnitt 25 Euro je Quadratmeter.

Banken zögerlich bei der Wohnungsfinanzierung

„Wer im Neubau mietet, gibt in der Regel mehr als 30 Prozent seines Einkommens für Wohnen aus“, sagt Nöske. Haushalte, die von außerhalb nach Berlin kämen, seien als Mieter im Neubau überdurchschnittlich häufig vertreten. Angesichts der teils deutlich gestiegenen Einkommen hätten die Menschen dennoch genug für einen angemessenen Lebensstandard verfügbar, zumal der Trend auch zu kleineren Wohnungen gehe. Ähnlich verhalte es sich bei Käufern. So würden für Neubauwohnungen in Pankow je nach Ortsteil aktuell zwischen 7.000 und 9.500 Euro je Quadratmeter aufgerufen. Bei teils deutlich gestiegenen Bauzinsen seien solche Preise nur für wenige Haushalte finanzierbar. Hinzu komme, dass Banken sich aktuell sehr viel Zeit mit der Bonitäts- und Objektprüfung nehmen würden.   

Eines der Unternehmen, die weiter Eigentumswohnungen in Berlin bauen und verkaufen, ist die wvm Gruppe. Der aus Köln stammende eigentümergeführte Entwickler hat 2015 eine Tochtergesellschaft für den Berlin-Brandenburger Markt gegründet, die aktuell sechs Projekte mit zusammen 585 Wohnungen realisiert. Das größte davon entsteht in Karlshorst im Südosten von Lichtenberg. Der Zwieseler Hof umfasst 321 Wohnungen: Geplant sind 147 Eigentumswohnungen und 174 Mietwohnungen, davon 30 Prozent als geförderter mietpreisgebundener Wohnraum. Hinzu kommen eine Kita, 800 Fahrradstellplätze und 120 Pkw-Stellplätze in einer Tiefgarage. Die Fertigstellung erfolgt in serieller Bauweise durch Goldbeck. Angestrebt ist, das von Nöfer Architekten entworfene Vorhaben bis 2027 fertigzustellen.

Clemens Paschke, Geschäftsführer bei der wvm Gruppe Berlin berichtet, dass man, um die durch die Kooperative Baulandentwicklung in Berlin festgesetzten 30 Prozent mietpreisgebundenen Wohnraum realisieren zu können, mit sehr spitzem Stift habe rechnen müssen, zumal die wvm durch den Bebauungsplan auch zu einer Beteiligung am Bau erforderlicher Schulkapazitäten verpflichtet sei. Die Differenz zu den tatsächlichen Herstellungskosten zzgl. der Mehraufwendungen sei auf die übrigen Wohnungen umgelegt worden und mache etwa 300 bis 400 Euro je Quadratmeter aus. Die Eigentumswohnungen im Zwieseler Hof werden ab 5.900 Euro je Quadratmeter bis maximal 7.400 je Quadratmeter angeboten.

Die wvm möchte in Berlin weiter wachsen und ist – wie auch Instone – auf der Suche nach attraktiven Grundstücken für den Wohnungsbau. „Wir glauben, dass es eine Marktopportunität gibt und gehen von einem steigenden Käuferinteresse aus“, sagt Clemens Paschke. Und Saidah Bojens sieht 500 neue Wohnungen jährlich als realistisches Ziel für die Entwicklungstätigkeit von Instone in Berlin.

Leuchtturmprojekt in Lichtenberg

An der Ecke Konrad-Wolf-Straße / Weißenseer Weg plant der Baulandentwickler Periskop Development derzeit ein Quartier mit 72.000 Quadratmetern, davon 80 Prozent Wohnen und 20 Prozent Gewerbe. Auf dem knapp 30.000 Quadratmeter großen Grundstück steht bisher die Ruine des Sporthotels. Die Baurechtschaffung soll im kommenden Jahr abgeschlossen sein. Geplant ist ein gemischtes Quartier, das Wohnen, Arbeiten und Nahversorgung verbindet. „Die leerstehende Hotelruine wird zurückgebaut und das Quartier schafft eine neue Eingangssituation für das Sportforum. In Abstimmung mit dem Bezirk und dem Sportforum ist zudem ein Hotel vorgesehen, das dringend benötigte Übernachtungskapazitäten für Sportlerinnen und Sportler schafft“, sagt Simon Kempf, Geschäftsführer von Periskop Development. Von den 57.500 Quadratmetern BGF für Wohnen werden nach dem Berliner Model der Kooperativen Baulandentwicklung etwa 17.000 Quadratmeter als mietpreisgebundener Wohnraum zur Verfügung stehen.

Periskop Development schafft aktuell die planerischen Grundlagen für den Bau von rund 9.000 Wohnungen in Berlin und dem angrenzenden Umland. Der sogenannte 'Bau-Turbo' wird von Kempf ausdrücklich als Chance zur Vereinfachung von Planungsverfahren begrüßt. Damit er jedoch wirksam wird, muss er mit gezielten Förderinstrumenten für Kommunen verknüpft werden – denn nur wenn Städte und Gemeinden auch kurzfristig vom Zuwachs an Wohnraum profitieren, entsteht echte Umsetzungsdynamik. Zugleich muss die Partnerschaft zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft gestärkt werden.

Viele Kommunen verfügen nicht über die personellen Kapazitäten, um Bebauungspläne zügig zu bearbeiten. Eine kontrollierte Auslagerung an private Planungsbüros – bei gleichbleibender Aufsicht durch die öffentliche Hand – sollte deshalb ermöglicht und aktiv gefördert werden. Ziel muss es sein, eine Veränderung im Denken zu erreichen: Neuer Wohnraum darf nicht als Belastung, sondern muss als Voraussetzung für lebendige, zukunftsfähige Kommunen verstanden werden.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Instone Real Estate; Investitionsbank Berlin (IBB), Strategis AG; WvM Berlin Immobilien, Periskop Development.
Erstveröffentlichung: 25. Juli 2025

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