16.10.2019

Proptech-Panel auf der Expo Real

Diskussion "All in one – umfassende Digital-Plattformen für die Immobilienwirtschaft" zur Expo Real 2019

Peter Dietze-Felberg, Chefredakteur The Property Post, RUECKERCONSULT GmbH
Peter Dietze-Felberg

Unter dem Motto „All in one – umfassende Digital-Plattformen für die Immobilienwirtschaft“ diskutierten am 8. Oktober 2019 im Rahmen des Proptech-Panels auf der Expo Real in München Vertreter verschiedener PropTechs über Möglichkeiten, bereits bestehende PropTech-Lösungen zusammenzuführen und zu bündeln. Auf dem Podium hatten sich Nessim Djerboua, CEO und Mitgründer von EverReal, Maurice Grassau, CEO von Architrave, Heike Gündling, Managing Director der Eucon Digital GmbH, Jens Kramer, CEO von PROMOS consult, und Sander van de Rijdt, Geschäftsführer und Mitgründer von PlanRadar, versammelt. Die Moderation übernahm Dr. Michael Piontek, CFO der Polis Immobilien AG.

von links nach rechts: Nessim Djerboua, Maurice Grassau, Heike Gündling, Jens Kramer, Sander van de Rijdt, Dr. Michael Piontek

Ausgangspunkt der Diskussion war die Tatsache, dass eine wachsende Zahl von PropTechs miteinander kooperiert, um ihren Kunden Produkte gebündelt anbieten oder gemeinsam neue Kundenzielgruppen ansprechen zu können. Aus Kundensicht führen diese Entwicklungen im Idealfall zur Entstehung einer allgemeinen Plattform – ähnlich wie dem Betriebssystem eines Smartphones – an welche verschiedene Lösungen wie Apps andocken können. Das Panel thematisierte sowohl technische als auch rechtliche und wirtschaftliche Aspekte dieser Entwicklung sowie der Nutzung digitaler Plattformen in Immobilienunternehmen generell.

Dr. Michael Piontek, der im Rahmen seiner Moderation vor allem auch die Perspektive der Immobilieneigentümer und Anwender neuer PropTech-Lösungen einnahm, berichtete einführend kurz über die Situation in seinem Unternehmen. Dort setze man bereits in großem Umfang auf digitale Lösungen und erhalte immer wieder zahlreiche Angebote für neue Lösungen. Dabei handele es sich oft um singuläre Lösungen, was dann zu steigender Komplexität und sinkender Anwendbarkeit führe. Zudem sei die Heterogenität und die sehr unterschiedlich ausgeprägte Digitalisierungsaffinität der Beschäftigten im Unternehmen zu berücksichtigen. Es stelle sich daher immer wieder die Frage, wie sich Komplexität reduzieren lasse und auf welche Weise die neuen Plattformen miteinander kommunizieren und kombiniert werden könnten.

Heike Gündling erklärte, dass man bei Eucon bereits jetzt aktiv den Schulterschluss mit anderen Proptechs suche und sich bewusst nach möglichen Kooperationspartnern umsehe, weil sich der Markt nur so zufriedenstellend bedienen lasse. Zu viele separate, granulare Lösungen machten es Immobilienunternehmen zunehmend schwieriger, das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten zu managen. Insbesondere die Problematik der notwendigen Schnittstellen dürften die PropTechs nicht den Immobilienunternehmen überlassen, sondern müssten selbst aktiv Lösungen dafür entwickeln und anbieten. Maurice Grassau betonte vor allem die Notwendigkeit, dass es einen PropTech-Anbieter geben müsse, der mit seiner Lösung eine Art „Frühjahrsputz“ beim Kunden durchführen und damit die Strukturen und Voraussetzungen schaffen könne, auf die andere dann mit ihren Lösungen aufbauen könnten. Auch Jens Kramer sah es als dringend notwendig an, dass sich die Anbieter digitaler Lösungen untereinander zusammensetzen und sich beispielsweise auf bestimmte Standards und Begriffsdefinitionen einigen, die in der immobilienwirtschaftlichen Praxis und häufig vorkommen. Aus eigener Erfahrung beschrieb er die Mitarbeit in Normierungsgremien als zwar aufwendig, aber längst überfällig, um sicherzustellen, dass die entwickelten Lösungen auch den praktischen Anforderungen der Nutzer gerecht werden, beispielsweise im Hinblick auf gesetzliche Vorschriften, die diese zu erfüllen haben. Sander van de Rijdt stimmte diesen Positionen zu und verwies darauf, dass zunächst einmal die innerhalb der einzelnen Unternehmen vorhandene Daten und Informationen digital verfügbar gemacht werden müssten, bevor man sich großen und übergreifenden Lösungen zuwende. Nessim Djerboua berichtete aus eigenen Erfahrungen von EverReal mit Kooperationen und Cross-Selling-Angeboten. Bei der Entwicklung von EverReal habe man nicht nur die Bedürfnisse des damit arbeitenden Unternehmens, sondern ebenso die von dessen Kunden, den potenziellen Mietern oder Käufern, im Blick behalten. Es komme darauf an, Interessenten das moderne Nutzererlebnis zu bieten, das sie erwarten, was in der Immobilienwirtschaft allerdings bislang nur selten geschehe.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die Frage, wer die offensichtlich notwendigen Standards festlegen solle: eine öffentliche oder brancheninterne Institution als unabhängiger Dritter oder aber ein großer Anbieter, der mit seiner starken Marktposition irgendwann in der Lage ist, einen De-facto-Standard zu etablieren. Dabei kristallisierte sich heraus, dass es einerseits wünschenswert sei, wenn solche Standards von Dritten etabliert würden, um eine Offenheit und gleichen Markzugang für alle Anbieter zu gewährleisten. Gleichzeitig wurde Skepsis geäußert, ob eine dritte Institution sich mit der notwendigen Schnelligkeit auf einen Standard einigen könne, der den praktischen Anforderungen gerecht wird. Daher sei es wohl wahrscheinlicher, dass sich ein Standard aus dem Markt heraus entwickeln würde, in dem sich ein Anbieter durchsetze oder mehrere führende Anbieter darauf verständigten. Last, but not least, wurde von mehreren Panelteilnehmern auf die Perspektive derjenigen hingewiesen, die in den Unternehmen unmittelbar mit neuen PropTech-Lösungen arbeiten. Es komme maßgeblich darauf an, dass die genutzten Lösungen sowohl einzeln als auch in Kombination einfach anwendbar seien und zu einer spürbaren Arbeitserleichterung führten. Insofern könne die Digitalisierung auch einen wichtigen Beitrag zur Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung leisten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von The Property Post
Erstveröffentlichung: The Property Post, Oktober 2019

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