10.05.2016

Auf den Inneren Wert kommt es an

Sonderstellung der Immobilie gegenüber anderen Assetklassen

Maik Rissel, Direktor und Leiter Immobilien-Portfoliomanagement, MARCARD, STEIN & CO AG
Maik Rissel

Eine Vielfalt spezifischer Eigenschaften verdeutlicht die Sonderstellung der Immobilie gegenüber anderen Assetklassen. Die Immobilie ist von physischer Substanz. Sie dient, anders als beispielsweise Gold, der Erfüllung fundamentaler menschlicher Bedürfnisse: dem Wohnen, Arbeiten, Einkaufen oder Lagern. Als Investment zeichnet sie sich durch vergleichsweise stabile und damit planbare Zahlungsströme aus. Mieteinnahmen von Immobilien sind durch Wertanpassungsklauseln in der Regel inflationsgeschützt. Ihre Nutzungsdauer macht die Immobilie zu einem der langlebigsten Wirtschaftsgüter. Während Grund und Boden normalerweise eine zeitlich unbegrenzte Ressource darstellen, wird bei Gebäuden zwischen einer technischen und einer ökonomischen Nutzungsdauer unterschieden. Als Handelsgut gelten Immobilien aufgrund ihrer Einzigartigkeit, ihrer Standortgebundenheit, ihrer hohen Transaktionskosten und ihrer Investmentvolumina als vergleichsweise illiquide. Die Märkte sind durch relativ große Intransparenz, Heterogenität und hohe Markteintrittsbarrieren gekennzeichnet. Daher erfordern Immobilieninvestments fast immer einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont und einer lokalen Markt- und Managementexpertise.

Ein weltweiter Nachholbedarf der institutionellen und privaten Anleger nach einer diversifizierten Immobilienallokation hat die globalen Immobilienmärkte rasant wachsen und komplexer werden lassen. Die Anlagemöglichkeiten in Immobilien erweiterten sich extrem. Das Anlageuniversum, bestehend aus mehreren Tausend Investmentmöglichkeiten, erfordert ein tief greifendes, fundamentales und vor allem interdisziplinäres Immobilienwissen, um in der Vielzahl der Märkte und Angebote die strategisch geeigneten Investments sichtbar zu machen. So könnte man eine chancenorientierte Portfoliostrategie im Immobiliensektor – über direkte und indirekte Immobilienanlagen oder Real Estate Private Equity/ - Debt oder über die Investition in verschiedenen Investmentstilen wie Core, Value Add, Opportunistic – sinnvoll diversifizieren.

Während fertige und voll vermietete Core-Immobilien auf ihrem Wertzenit das stärkste Investoreninteresse erfahren und die höchsten Preise am Markt erzielen, sind Immobilien, die hinsichtlich der baulich-technischen und mietvertraglichen Situation noch nicht ausoptimiert oder einfach schlecht gemanagt sind, deutlich fairer gepreist.

Bevorzugt investieren Family Offices in die wertschöpfende „Value (Add) Stategie“. Hierbei werden Kauf- und Verkaufsentscheidungen ausschließlich auf Basis des so genannten inneren Wertes einer Immobilie getroffen. Der Value Investing Ansatz unterscheidet sich grundlegend von passiven Investmentstrategien, die sich primär aus dem zeitpunktbezogenen Verhältnis von Ist-Miete zu aktuellem Kaufpreis ableiten. Immobilieninvestitionen nach dem Value Investing Ansatz haben zum Ziel, durch aktive Umsetzung von Maßnahmen zur kontinuierlichen Wertschöpfung den inneren Wert der Immobilien für den Bestand oder Exit zu steigern. Im Ergebnis soll bei erfolgreicher Umsetzung eine gegenüber dem Gesamtmarkt überdurchschnittliche Rendite durch Übernahme von Managementaufgaben erzielt werden. Erfolgreiche Strategien zur aktiven Wertschöpfung mit Immobilien und mit dem Ziel, Erträge und Erlöse aktiv zu beeinflussen bzw. zu steigern, können in verschiedenen Aufgaben bestehen, wie beispielsweise: Flächenschaffung, Nutzungsänderungen, Marketing für die Repositionierung und Mieterakquise, Nach- und Neuvermietung, Verbesserung der Finanzierungsstruktur. Grundvoraussetzung ist jedoch die ausschließliche Fokussierung auf gute und sehr gute Lagen, denn nur in exzellenten Lagen ist dauerhaft und konjunkturresistent eine breite Nachfrage sowohl von Mietern als auch von Investoren feststellbar. Am Ende des Wertschöpfungsprozesses sollte stets ein Objekt in guter Lage, mit einer angemessen Objektqualität und einer stabilen Vermietungssituation stehen, das in nahezu jeder Marktzyklusphase zu einem höheren Preis an klassische bzw. passive Core-Investoren veräußerbar ist.

Für die erfolgreiche Umsetzung einer Portfolio- oder Objektstrategie empfehlen wir den goldenen Grundsatz der Immobilienindustrie, der oft unterschätzt wird, zu beherzigen: Immobiliengeschäft ist „local and people business” mit hohen, manchmal unsichtbaren, Eintrittsbarrieren. Setzen Sie auf ein versiertes Managementteam mit Persönlichkeit, Track record und Ehrgeiz.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von MARCARD, STEIN & CO AG
Erstveröffentlichung: The Property Post, Mai 2016