01.02.2016

Ende der Transparenz?

Die Regelungen des AIFM-Steueranpassungsgesetzes

Dr. Axel Schilder, Partner, King & Spalding LLP
Dr. Axel Schilder

Wie so oft im deutschen Steuerrecht werden Entscheidungen des Gesetzgebers erst nach zähen Abstimmungsprozessen, die zu nicht immer systemkonformen Ergebnissen führen, getroffen. Die Kurzfristigkeit der Umsetzung stellt dann nicht nur die betroffenen Steuerpflichtigen, sondern auch Berater vor vollendete Tatsachen.

Zunächst sah der Prozess des Gesetzgebungsverfahrens einen Gleichlauf zwischen KAGB und dem - zunächst nur unter dem Blickwinkel der „redaktionellen Anpassungen“ des InvStG an die Systematik und neue Terminologie des KAGB angestoßenen - AIMF-Steueranpassungsgesetz vor. Am 16.05.2013 hatte der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags das KAGB sowie das AIFM-Steueranpassungsgesetz beschlossen, die beide zum 22.07.2013 in Kraft treten sollen. Der weitere parlamentarische Gesetzgebungsprozess stand jedoch noch unter dem Vorbehalt des Bundesrats und einer etwaigen Einschaltung des Vermittlungsausschusses. Und so kam es dann auch, denn das Steuerrecht ist geprägt von politischen Ränkespielen, auch von profiskalischen Erwägungen, die dem Erhalt von Steuersubstrat im Erhebungsbereich der Bundesrepublik Deutschland dienen sollen. Am 07.06.2013 hat der Bundesrat beschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Die wesentliche Forderung des Bundesrats, der Interessenvertretung der Bundesländer, ist die Pauschalbesteuerung von sogenannten Kapitalinvestitionsgesellschaften, der Neukonstruktion eines Besteuerungsobjekts, das neben der Personeninvestitionsgesellschaft eingeführt werden soll, jedoch mit ungleich ungünstigeren Besteuerungsfolgen aus Sicht der Anleger. Angelehnt an die bereits im bisherigen Investmentsteuerrecht als sogenannte „Strafbesteuerung“ bezeichnete Pauschalbesteuerung von Fondsvehikeln, die ihren Veröffentlichungspflichten nicht oder nur unzureichend nachkommen, sollen für diese Kapitalinvestitionsgesellschaften bzw. deren Anleger als pauschale Steuerbemessungsgrundlage 70% der jährlichen Wertsteigerung eines jeden Fondsanteils, mindestens jedoch 6% jährlich des letzten Anteilswerts am Ende eines jeden Wirtschaftsjahrs, eingeführt werden. Hierauf kommen wir weiter unten noch einmal zurück.

Ausgehend von dieser im Ergebnis mit der Vermeidung von Nutzungsmöglichkeiten (ausländischer) Fondsvehikel in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft für Zwecke der steuerlichen (besser gesagt: steuerneutralen) Thesaurierung von Erträgen begründeten und völlig systemfremden Pauschalbesteuerung, lässt sich bereits an dieser Stelle ein Fazit voranstellen: Das AIFM-Steueranpassungsgesetz wird zu einer Neuordnung der Besteuerung kollektiver Investmentvehikel und deren deutscher Investoren führen.

Steuerliche Abgrenzung von Investmentfonds und Investitionsgesellschaften
Entgegen dem einheitlichen Regelungsansatz für sämtliche Anlagevehikel unterscheidet das AIFM-Steueranpassungsgesetz künftig zwischen Investmentfonds und Investitionsgesellschaften. Künftig werden als Investmentfonds, deren Kriterien in einem umfangreichen Anforderungskatalog des § 1 Abs. 1b InvStG (neue Fassung) niedergelegt sind, nur noch OGAW-Fonds sowie (grundsätzlich) offene AIFs besteuert, die besondere Anlagebeschränkungen erfüllen.

Zulässig sind in diesem Rahmen auch bis zu 20%ige Beteiligungen an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften, soweit es sich um Minderheitsbeteiligungen ( weniger als 10%) handelt. Neu aufgenommen wurde im Vergleich zum Gesetzentwurf der Bundesregierung eine Ausnahme von der Verpflichtung, nur in Minderheitsbeteiligungen zu investieren, für Beteiligungen an ÖPP-Projektgesellschaften, Immobiliengesellschaften sowie Gesellschaften, die auf die Erzeugung erneuerbarer Energien (im Sinne des EEG) gerichtet sind. Damit können künftig auch AIFs, die bis zu 20% ihres Vermögens in Mehrheitsbeteiligungen an solchen Gesellschaften halten, steuerlich als Investmentfonds behandelt werden. Auch Investitionen in Betriebsvorrichtungen und andere Bewirtschaftungsgegenstände im Sinne des § 231 Abs. 3 KAGB sind neuerdings nach dem Kabinettsentwurf im Anforderungskatalog des § 1 Abs. lb Nr. 5 InvStG (neue Fassung) als zulässige Vermögensgegenstände anerkannt und fallen unter die 90%-Schwelle, die maßgeblich ist für die Wertbestimmung der Gesamtinvestitionen des AIFs. Schwierigkeiten dürften in Zukunft die Grenzen der Fremdfinanzierung für AIFs machen. So sind kurzfristige Darlehen nur bis maximal 30% des gesamten Werts des AIFs zulässig; besondere Ausnahmen gelten aufgrund der Assetklasse für Immobilien-AIFs, bei denen zwar die Grenze für die kurzfristigen Darlehen ebenfalls bei maximal 30% des gesamten Werts des AIFs liegt, jedoch für übrige, also längerfristige Darlehen, eine Weiterung bis zu 50% des aktuellen Verkehrswerts der Immobilien des AIFs erfolgt.

Die Erfüllung aller Kriterien des neuen § 1 Abs. lb InvStG führt für deutsche steuerpflichtige Investoren insbesondere zu einer Anwendung des bisherigen Regimes einer (semi)transparenten Besteuerung nach den bisherigen Vorschriften des Investmentsteuerrechts.

Diese begünstigte Besteuerung bedeutet im Wesentlichen, dass durch den AIF hindurchgeschaut und für Besteuerungsfolgen auf die Anleger abgestellt wird. Im Ergebnis ergibt sich hierdurch in wesentlichen Teilen eine Gleichbehandlung mit einer Direktanlage in die entsprechenden Vermögensgegenstände. Weitere Begünstigungen liegen etwa in der steuerfreien Thesaurierung von Veräußerungsgewinnen (z.B. aus Aktien/Anleihen), aber auch in der Gewerbesteuerfreiheit. Das ist ein gerade von ausländischen Investoren gewünschter Effekt, ist doch bei diesen Anlegern die deutsche Gewerbesteuer ein mit höchstem Respekt eingestufter Faktor (und im Übrigen mit einer durchgerechneten Steuerbelastung von (abhängig vom kommunalen Hebesatz) bis zu 17% sogar die bisweilen höhere Ertragsteuer im Vergleich zur deutschen Körperschaftsteuer von einheitlich 15%).

Neben offenen AIFs erfasst diese (semi)transparente Besteuerung auch geschlossene AIFs, sofern deren Anteile an einer in- oder ausländischen Börse gehandelt werden. Mit dieser Abgrenzung verfolgt der Gesetzgeber unter anderem die Intention, solche AIFs, die nach seiner Auffassung vermeintlich gewerblichen Tätigkeiten nachgehen und damit steuerlich gewerbliche Einkünfte erzielen, aus dem Anwendungsbereich des bisherigen Investmentsteuergesetzes herauszunehmen.

Besteuerung von Kapital- und Personeninvestitionsgesellschaften - ein neuer Typus wird steuerlich erfasst
AIFs (offen und geschlossen), die nicht die Voraussetzungen eines Investmentfonds erfüllen und rechtlich nicht als Personengesellschaft organisiert sind, werden steuerlich als Kapitalinvestitionsgesellschaft im Sinne von § 19 InvStG (neue Fassung) behandelt. Dies umfasst unter anderem AIFs in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (z.B. Luxemburger SICAVs, aber auch beispielsweise Luxemburger FCPs). Wie bereits in der Einleitung erwähnt, hatte der Bundesrat schon in seiner Stellungnahme vom 22.03.2013 die Einführung einer Pauschalbesteuerung gefordert. Dies hätte grundsätzlich die Folge einer pauschalen Steuerbemessungsgrundlage von 70% der jährlichen Wertsteigerung eines Fondsanteils, mindestens jedoch von 6% p.a. des letzten Anteilswerts am Jahresende. Der Finanzausschuss des Bundestags ist dem nicht gefolgt; nun liegt die Forderung des Bundesrats, die sich unverändert am Strafbesteuerungsgedanken orientiert, abschließend dem Vermittlungsausschuss vor. Unabhängig davon, wie das Vermittlungsverfahren ausgehen wird, hat bereits der Finanzausschuss in der Begründung zu seinem Beschluss ausgeführt, dass eine solche Regelung zumindest mittelfristig erforderlich sei. Dabei erwähnt er ausdrücklich, dass eine solche Regelung „in der nächsten Legislaturperiode im Zusammenhang mit einer grundlegenden Novelle des Investmentsteuergesetzes aufgegriffen ( ... )“ werden sollte. Daher besteht weiterhin ein hohes Risiko, dass die Einführung einer pauschalen Bemessungsgrundlage, wenn nicht schon als Ergebnis der Vermittlungsausschussbeschlüsse, dann spätestens nach der Wahl im September aller Voraussicht nach ein schmerzhaftes Thema werden wird.

Sofern Kapitalinvestitionsgesellschaften im Ausland ansässig sind und dort nicht selbst einer Besteuerung von mindestens 15% unterliegen, sind alle Ausschüttungen für deutsche Anleger voll steuerpflichtig, d.h., für Investitionen von betrieblichen Anlegern kommen die Vorschriften des § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG nicht zur Anwendung. Daneben bleiben grundsätzlich auch die Besteuerungsvorschriften des AStG anwendbar (sofern nicht im Einzelfall der sogenannte Gegenbeweis des § 8 Abs. 2 AStG erfolgreich ist). Auch in diesem klar systemwidrigen Ausschluss der (Teil-) Befreiungstatbestände auf Ebene der Anleger zeigt sich, dass der politische Wille zur steuerlichen Substratsicherung über dem Erhalt von systematischen Besteuerungsgrundlagen angesiedelt ist. Dem Bundesrat reichte nämlich im Ergebnis nicht, dass über die von ihm eigens vorgeschlagene und durchgesetzte Anwendung der §§ 7-14 AStG bestimmte passive, niedrig besteuerte Einkünfte einer missbräuchlichen zwischengeschalteten Auslandsgesellschaft auch im Falle ihrer Thesaurierung bei deren Gesellschaftern in Deutschland besteuert werden können. Vielmehr wittert er Gefahr und damit „Substratverluste“ aufgrund der Rechtsprechung des EuGH, der die zuvor genannte Hinzurechnungsbesteuerung aus übergeordneten unionsrechtlichen Gründen auf Konstellationen reduzieren will, die als „rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen“ zum (alleinigen) Ziel haben, sich der Besteuerung in Deutschland bzw. im Inland zu entziehen.

Investitionsgesellschaften in Form von Personengesellschaften werden gemäß § 18 InvStG (neue Fassung) nach den allgemeinen steuerrechtlichen Regelungen besteuert. Unterschiede zur bisherigen Behandlung von geschlossenen Fonds ergeben sich damit grundsätzlich nicht. Die Einkünfte werden ja nach Art der Tätigkeit auf AIF-Ebene bestimmt und ermittelt sowie den Anlegern in einem nächsten Schritt zugerechnet. Auch in dieser Hinsicht spricht man von Transparenz der Personengesellschaft für Zwecke der Besteuerung. Die Anleger haben die Einkünfte im Rahmen ihrer Einkommen- oder Körperschaftsteuerveranlagung zu versteuern, aber nicht wie beim klassischen Investmentfonds alten Typs als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Steuerliche Übergangsregelungen und Grandfathering
Investmentvermögen, die nach dem derzeit noch geltenden Recht den Besteuerungsregeln des Investmentsteuergesetzes unterfallen, sollen im Rahmen der Übergangsregelungen weiterhin nach dem alten Investmentsteuergesetz besteuert werden. Der Finanzausschuss des Bundestags hat hierzu einen grundsätzlich dreijährigen Übergangszeitraum beschlossen, d.h. „bis zum Ende des Geschäftsjahres, das nach dem 22.07.2016 endet“.

Diese Übergangsregelung wurde durch den Finanzausschuss dahingehend weiter konkretisiert, dass dies jedoch nur insoweit gilt, als in diesem Übergangszeitraum durch den Fonds die insoweit relevanten Anlagebestimmungen und Kreditaufnahmegrenzen nach dem Investmentgesetz in der derzeit geltenden Fassung nicht geändert werden bzw. das Investmentvermögen seine Anlagebedingungen nicht so ändert, dass man dieses erstmalig als Hedgefonds qualifizieren würde.

Umsatzsteuerbefreiung nur für Alfs im Sinne des § 1 Abs. 1b lnvStG (neue Fassung)?
Der Finanzausschuss und nun auch der Bundesrat haben lediglich eine redaktionelle Klarstellung der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentvermögen beschlossen. Danach findet diese Umsatzsteuerbefreiung (§ 4 Nr. 8h UStG) künftig nur für die Verwaltung von solchen AIFs Anwendung, die steuerlich als Investmentfonds im Sinne von § 1 Abs. lb InvStG (neue Fassung) gelten. Damit besteht keine Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von sonstigen AIFs, also insbesondere von AIFs mit wesentlichen Anlagen im Bereich Sachwerte, aber eben und gerade auch für Kapital- und Personeninvestitionsgesellschaften.

Steuerliche Einordnung einer grenzüberschreitenden Verwaltung von AIFs
Die AIFM-Richtlinie und die deutsche Umsetzung durch das KAGB sehen künftig grundsätzlich auch die grenzüberschreitende Verwaltung von AIFs vor. So kann aufsichtsrechtlich beispielsweise eine deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaft einen Luxemburger AIF verwalten. Aus deutscher steuerlicher Sicht führt dies jedoch, je nach steuerlicher Ausgestaltung der relevanten Vertragsbeziehungen, zu einem durchaus beachtenswerten deutschen steuerlichen Risiko, d.h. entweder Begründung einer unbeschränkten Steuerpflicht des ausländischen AIFs in Deutschland oder zumindest Begründung einer beschränkten Steuerpflicht (in Form einer sogenannten Vertreterbetriebsstätte). Hierauf ist in den Detailgestaltungen und bei den Kompetenzzuweisungen für den AIFM genau zu achten, um unerwünschte steuerliche Implikationen erst gar nicht dem Grunde nach in der Dokumentation anzulegen.

Für den Bereich der OGAW-Fonds enthält das AIFM-Steueranpassungsgesetz die Klarstellung, dass ein ausländischer OGAW, der durch eine inländische Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird, steuerlich nicht in einen inländischen (deutschen) Investmentfonds umqualifiziert wird. Für den Bereich der grenzüberschreitenden Verwaltung (oder Erbringung anderer Dienstleistungen) an einen ausländischen AIF wurde keine entsprechende Regelung aufgenommen.

Fazit

Das AIFM-Steueranpassungsgesetz hat den ursprünglichen Rahmen einer rein „redaktionellen Anpassung“ der bestehenden Regelungen des InvStG deutlich gesprengt. Dies ergibt sich schon allein aus der Einführung einer neuen „Steuerspezies“ in Form von (steuerlich nicht privilegierten) Investitionsgesellschaften, die insbesondere in der Erscheinung als Kapitalinvestitionsgesellschaft deutlich verschärften Besteuerungsfolgen auf Gesellschafts- wie auf Anlegerebene ausgesetzt werden sollen. Im Ergebnis handelt es sich um einen erneuten steuersystematischen „Sündenfall“, sollte sich im Vermittlungsausschuss nun doch noch die Einführung einer bedingungslosen Pauschalbesteuerung durchsetzen. Im Zweifel würde hierbei nämlich Substanz besteuert (jährlich 6% des letzten Rücknahmepreises). Seit der Einführung vergleichbarer Besteuerungsmechanismen unter dem seinerzeitigen Auslandsinvestmentgesetz und dem Investmentgesetz würde darüber hinaus - und das ist neu! - sogar ohne Rücksicht auf von der Kapitalinvestitionsgesellschaft im Ausland bezahlte Steuern und ohne jegliche Chance, durch die Erfüllung von Veröffentlichungs- und Berichtspflichten die Pauschalbesteuerung nachträglich zu „heilen“ bzw. bereits von vornherein zu verhindern, wieder eine Pauschalsteuer mit Strafcharakter eingeführt. Der Bundesrat drückt sich bei der Begründung sogar sehr klar aus, denn getroffen werden sollen mit diesem Besteuerungsregime vorrangig „ausländische Investitionsgesellschaften“, indem man aus „fiskalischen Gesichtspunkten“ die durch den EuGH aufgestellten Beschränkungen aushöhlen oder gar unterlaufen will. Europäisches Ungemach scheint hier nur eine Frage der Zeit zu sein.

Das AlFM-Steueranpassungsgesetz bietet aber auch Chancen, insbesondere für die klassischen Anbieter und Initiatoren von geschlossenen Fonds. Ihr Anlageuniversum kann sich durch die Neuregelungen weiter öffnen. Neue Produkte - innerhalb und außerhalb des Anwendungsbereichs des KAGB - stehen zur Verfügung, und auch die Welt der offenen AIFs bietet bei sorgfältiger Planung der Geschäftsstrategie und des Anlegerkreises neue Geschäftschancen. Somit kann die in der Überschrift gestellte Frage im ersten Teil mit einem eingeschränkten „Nein“, aber im zweiten Teil mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von King & Spalding LPP
Erstveröffentlichung: Deutscher AnwaltSpiegel Spezial - Immobilienkapitalmarkt 2013