08.02.2017

Fokus Quartiersmanagement

Warum Quartiersmanagement langfristig Werte erhält

Regina Jones, Mitglied der Geschäftsleitung, OMEGA Immobilien GmbH
Regina Jones

Neue städtebauliche Projekte werden zwar oft einheitlich konzipiert und gebaut, aber danach nicht mehr einheitlich gemanagt. Ein ganzheitliches Quartiersmanagement bietet die Chance, die Entwicklung eines Projektes langfristig zu steuern und damit die Qualität eines Standortes umfassend zu sichern. Davon würde nicht nur das Quartier selbst profitieren, sondern auch die umliegenden Stadtviertel. In ihrem Beitrag stellt Regina Jones ausführlich die Arbeit eines Quartiermanagers vor. Eine solche Lösung funktioniere allerdings nur bei Neuentwicklungen. Wichtig sei es darüber hinaus, dieses Konstrukt im Grundbuch festzuschreiben, damit der Erhalt gesichert ist.

Quartiersentwicklungen spielen bei der Stadtentwicklung eine immer größere Rolle. Heutzutage vollzieht sich Stadtentwicklung sehr häufig in Form von Quartiersentwicklungen. Das Stadtquartier ist eine wahrnehmbare Einheit innerhalb des größeren Stadtgefüges, es bildet den Lebensraum für die Stadtbewohner, es stiftet Identität und vermittelt den Bewohnern idealerweise eine Art Heimatgefühl. Bekannte Leuchtturmprojekte sind der Potsdamer Platz in Berlin oder das Gerling-Quartier in Köln. Daneben lassen sich hunderte weitere, kleinere Beispielprojekte anführen. Die Palette reicht von rein wohnwirtschaftlich genutzten, kleineren Quartieren bis hin zu sehr großen Projekten mit Mietern sehr unterschiedlicher Nutzungsarten: Am Potsdamer Platz zählen beispielsweise ein Musical-Theater, Hotels, ein Einkaufszentrum, Wohnungen, Büros und Gastronomie zu den Nutzern.

Charakteristisch für ein Quartier ist, dass es einheitlich konzipiert und gebaut wird. Direkt nach dem Bau sind diese Projekte sehr attraktiv, die Lebensqualität der Wohnungsnutzer ist sehr hoch. Die Herausforderung für alle beteiligten Stakeholder besteht darin, diese Vorteile für einen langen Zeitraum zu erhalten. Denn die Gefahr existiert, dass sich das, was einheitlich konzipiert wurde, im Laufe der Zeit unkoordiniert weiter- und auseinander entwickelt.

Eine Möglichkeit, die Entwicklung eines neuen städtebaulichen Projekts auch noch nach dem Bau über einen langen Zeitraum zu steuern, ist ein professionelles Quartiersmanagement. Dieses kann als koordinierendes und steuerndes Element zwischen den unterschiedlichen Eigentümern eines Projekts beschrieben werden. Ein umfassendes Quartiersmanagement gewährleistet nicht nur den Erhalt des anfänglichen Niveaus. Es ist vielmehr ein integriertes, umfassendes Konzept, schafft einen sozialen Raum und trägt zum Erhalt der Lagequalität bei – und damit auf lange Sicht auch zur Steigerung der Immobilienwerte. Darüber hinaus hat ein funktionierendes Quartier eine Strahlkraft und wirkt sich positiv auf die städtische Umgebung aus.

Grundbuchliche Voraussetzungen notwendig

Die Implementierung eines Quartiersmanagements bedarf gewisser Voraussetzungen: Zunächst muss entschieden werden, welche Leistungen später angeboten werden sollen. Idealerweise sitzt der Quartiersmanager bereits in dieser frühen Phase schon mit am Tisch. Von entscheidender Bedeutung ist, dass das Quartiersmanagement auch bindend in den Kaufverträgen und im Grundbuch verankert ist. Das rechtliche Konstrukt soll schließlich für die gesamte Lebensdauer der Immobilie bestehen. Dazu zählt auch, dass die laufenden Kosten für das Quartiersmanagement von den Eigentümern – vergleichbar dem WEG-Hausgeld – getragen werden. Die Schaffung dieser vertraglichen Verankerung erfordert einen gewissen juristischen Aufwand.

Hat ein Quartier öffentlich zugängliche Flächen, besitzt jeder Wohnungs- und Gewerbeeigentümer auf dem Areal auch daran einen Anteil. Ein Beispiel dafür ist die Piazza in der Mitte des Gerling-Quartiers in Köln. Mit dieser Piazza – geschmückt mit drei Brunnen – wurde ein öffentlich zugänglicher Raum für alle Bürger der Stadt geschaffen. Die Intention war hierbei: Das Areal soll nicht für sich abgeschottet sein, sondern in Beziehung mit seiner Umgebung treten und in diese ausstrahlen. Damit schafft Quartiersmanagement einen Mehrwert für die Allgemeinheit.

Wie sieht der Alltag eines Quartiersmanagers aus?

In der Praxis ist die Vor-Ort-Präsenz eines professionellen Managements von großer Bedeutung. Nur so lassen sich die auf dem Reißbrett erdachten Vorteile langfristig und kontinuierlich in die Realität umsetzen. Ob Bewohner, Büroangestellter oder Gastronom, die unterschiedlichen Nutzer haben jeweils ihre ganz eigenen Vorstellungen, die gewinnbringend zusammengebracht werden müssen. Letztendlich profitieren sie alle von festen Standards in Bezug auf Service, Ausstattung und Versorgung.

Ganz konkret sehen die Aufgaben des Quartiersmanagers wie folgt aus: Er ruft die verschiedenen Eigentümer der Immobilien zur Eigentümerversammlung zusammen. In der Eigentümerversammlung werden alle wichtigen Dinge, die das Quartier als Ganzes betreffen, besprochen – beispielsweise Wirtschaftspläne, die Reinigung der öffentlichen Plätze, der Einsatz von Sicherheitsdiensten usw. Neben dem äußeren Erscheinungsbild ist der Manager vor allem für organisatorische Fragen zuständig. Er muss die Reinigung der öffentlichen Flächen überwachen, Instandsetzung des öffentlichen Teils des Areals koordinieren, daneben muss er auch die Vorauszahlungen der Immobilieneigentümer einholen und verwalten. Zu seinen Aufgaben zählt die Koordinierung und Planung des Sicherheitsdienstes – sofern dieser auf dem Areal zum Einsatz kommt. Dazu gehört beispielsweise auch eine erhöhte Einsatzbereitschaft bei Groß-Events wie Silvester oder Karneval. Verfügt das Quartier über einen Concierge-Service, so wird auch dieser vom Manager koordiniert.

Kommunikation und Moderation zwischen den beteiligten Parteien

Eine weitere zentrale Aufgabe ist die Kommunikation und Moderation innerhalb des Quartiers. Dies gilt bei Meinungsverschiedenheiten – wie etwa zwischen Gastronomie- und Wohnungsmietern, oder wenn Bauarbeiten Lärm oder sonstige Beeinträchtigungen mit sich bringen. Der Manager ist Ansprechpartner für alle organisatorischen Fragen, die mehrere Parteien betreffen – beispielsweise, wenn ein Hotel im Quartier eine Großveranstaltung macht und dies Einschränkungen für die anderen Parteien mit sich bringt.

Erster Ansprechpartner vor Ort

Daneben ist der Quartiersmanager bei größeren und kleineren Notfällen der erste Ansprechpartner vor Ort. Dazu ein Beispiel aus der Praxis: Ein Bewohner, der im Rollstuhl sitzt und stürzt, braucht einen Notarzt. Er kann die Wohnungstür nicht selbst öffnen und der Notarzt kommt nicht in die Wohnung. In diesem Fall kann das Management mit dem bei ihm hinterlegten Schlüssel helfen.

Neben der Kommunikation in das Quartier hinein, ist auch die Repräsentation nach außen Aufgabe des Managers. Ein Quartier ist wie eine Marke innerhalb einer Stadt und wird auch so wahrgenommen. Neben der Architektur und dem äußerem Erscheinungsbild ist der Manager das Gesicht des Projektes nach außen. Er repräsentiert das Projekt auf Veranstaltungen, er hält den Kontakt zur Kommunalpolitik und spricht mit der Presse und den Medien. Kurz: Er pflegt die Beziehungen zu wichtigen Stakeholdern in der Stadt.

Die Aufgaben des Quartiermanagers sind umfassend und vielfältig. Unterm Strich ist seine Kernaufgabe die Wahrung des anspruchsvollen Quartierscharakters. Das ganzheitliche Management erzeugt Synergien beim Service, der Sicherheit und der Bewirtschaftung. Dadurch, dass sowohl das äußere Erscheinungsbild als auch das Service-Level nach Innen auf einem einheitlichen Niveau gehalten werden, sichern sich die Eigentümer gemeinschaftlich gegen potenzielle Wertminderungen aus einer Lageverschlechterung ab.

Quartiersmanagement funktioniert nur bei Neuentwicklungen

Soll ein Quartiersmanagement in der Praxis neu eingeführt werden, ist eine frühzeitige Einbindung des Managers in die Planung notwendig. Denn im Nachhinein sind die eigentumsrechtlichen Verankerungen nur schwer realisierbar. Fehlen diese jedoch, hat ein Quartiersmanagement keine effektive Handlungsgrundlage. In der Planungsphase kann der Manager bereits dazu beitragen, die vielen, teilweise auch widersprüchlichen Bedürfnisse der Parteien unter einen Hut zu bringen. Je mehr Beteiligte in einem Areal sind und je unterschiedlicher diese Parteien sind, desto größer ist die Aufgabe für das Quartiersmanagement.

Lässt sich der Erfolg des Quartiersmanagements messen? Eine direkte Quantifizierung ist kaum möglich. Außerdem müssen dem Erfolg auch die Kosten gegenübergestellt werden. Allerdings bestätigen Nachfrage und auch Kaufpreise für die Wohnungen, dass ein Quartiersmanagement von vielen Nutzern geschätzt wird.

Bedeutung von Quartiersmanagement wird weiter zunehmen

In der Praxis zeigt der Erfolg bestehender Viertel mit einheitlichem Management, das sich Quartiersmanagement auszahlt. Dies gilt insbesondere auf längere Sicht. Derzeit lässt sich am Markt beobachten, dass bei Projektentwicklern zunehmend ein Bewusstsein für die Bedeutung und das Potenzial eines einheitlichen Managements entsteht. Immer mehr Projektentwickler konzipieren Neuentwicklungen bereits in der Planungsphase mit einem Quartiersmanagement.

Unserer Meinung nach wird sich diese Dienstleistung weiter ausbreiten. Die Menschen wollen wieder in den Metropolen leben, sie wollen in attraktiven, urbanen Vierteln mit gemischter Nutzung leben. Reine Schlaf- oder Arbeitsstädte sind städtebaulich völlig überholt. Gleichzeitig wünschen sich viele Menschen einen bestimmten Standard. Alles dies kann das Quartiersmanagement leisten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Omega Immobilien GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung, Oktober 2016