07.12.2016

Funktionale Bürogebäude

Die Zentrale der Kanzlei DHPG in Bonn

Marc Seidel, Produktmanager Büroimmobilien, Goldbeck GmbH
Marc Seidel

Die moderne Unternehmenszentrale der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei DHPG prägt seit 2013 das Bonner Bundesviertel. Etwa 170 Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer residieren auf fünf Stockwerken in einem lichtdurchfluteten Bürogebäude mit markanter Rippenstruktur und Stahlverbundtragwerk. Das Bielefelder Bauunternehmen Goldbeck verantwortete die Ausführung und errichtete den Bau in 16 Monaten.

Städtebaulicher Kontext und Architektur

Seit dem Regierungsumzug im Jahr 1999 befindet sich zwischen dem historischen Bonner Stadtzentrum und dem 1969 eingemeindeten Stadtteil Bad Godesberg eines der großen Entwicklungsquartiere der Bundesstadt. Hier sind in den vergangenen Jahren diverse Neubauten entstanden, ehemalige Regierungsgebäude und Botschaften wurden zu Unternehmensniederlassungen umfunktioniert.

Die seit ihrem Gründungsjahr 1950 in Bonn ansässige Beratungsgesellschaft DHPG erwarb ein rund 4.000 Quadratmeter großes Grundstück zwischen der renommierten Bundeskunsthalle und dem Hauptsitz der Deutschen Telekom. Aus Platzgründen war ein Umzug aus dem benachbarten Stadtteil Friesdorf notwendig geworden. Durch die unmittelbare Anknüpfung an die nördlich gelegene Museumsmeile erfüllt der neue Firmensitz eine Portalfunktion für das neue Bundesviertel. Ausschlaggebend für die Auswahl des Grundstücks war unter anderem die verkehrsgünstige Anbindung an die Ausfallstraße B9 und die fußläufig erreichbare Straßenbahnhaltestelle Ollenhauerstraße. Darüber hinaus ist noch in diesem Jahr die Errichtung des neuen DB-Bahnhofs „Bundesviertel“ vorgesehen. In der architektonischen Gestaltung legte die DHPG besonderen Wert auf die gute Vernetzung ihrer multidisziplinären Belegschaft. Nach innen sollte dieser Anspruch durch großzügige Kommunikationsflächen und Gemeinschaftsräume erfüllt werden. Für die Außenwirkung des Baukörpers haben die Architekten ein Konzept erarbeitet, das die partnerschaftliche Offenheit und die Kompetenz des seit Jahrzehnten am Markt etablierten Dienstleisters ausdrücken soll (Bild 1).


Bild 1: Visualisierung des neuen Bürogebäudes der DHPG in Bonn

Von der Idee zum System

Gemeinsam mit der ulrich hartung GmbH, die als Projektsteuerer für die DHPG die Bauherrenfunktion erfüllte, entschied sich die Bonner Beratungsgesellschaft für einen begrenzten Architektenwettbewerb, dem ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet war. Vorgabe: Das Gebäude sollte in systematisierter Bauweise errichtet werden. Die Entscheidungskompetenz lag bei einem Preisgericht, dem unter anderem der Bonner Stadtbaurat Werner Wingenfeld angehörte. Aus dem zweistufigen Verfahren ging das Kölner Architekturbüro Prof. Schmitz Architekten GmbH als Sieger hervor.

Die Planungsberatung und gesamte Ausführung bis zur schlüsselfertigen Übergabe der Büroimmobilie übernahm das europaweit tätige Bauunternehmen Goldbeck. Ein wesentlicher Vorteil der Produktionsweise von Goldbeck liegt in der seriellen Vorfertigung der tragenden Bauelemente, die anschließend auf der Baustelle montiert werden. So lassen sich etwa 1.000 Quadratmeter wetterdichter Rohbau in nur einer Woche realisieren. Schlüsselkomponenten sind die Außenwandelemente als „Hybridbauteile“ in Stahl-Beton-Verbundbauweise. Diese besteht aus vertikal lastabtragenden Stahlstützen und einem Betonbalken als Randunterzug. Besonders ist der hohe Vorfertigungsgrad der elementaren Fassadenbauteile: Fenster und Sonnenschutzbehang sind bereits funktionsfähig eingebaut, ebenso die Fassadendämmung und die notwendige Unterkonstruktion. Selbst der Sonnenschutzmotor samt seiner Blower-Door-konformen Kabeldurchführung auf die Innenseite der Wände ist bereits montiert. Die in Teilen vorgespannte Rippendecke mit einem Deckenspiegel von nur 10 Zentimetern und der zugehörige Energieboden sind passgenau für die Außenwände ausgelegt. Hier zeigt sich ein weiterer Vorteil der elementierten Bauweise: Der Goldbeck-Energieboden lässt sich zum einen ausgerichtet auf das Ausbauraster vorproduzieren und somit in Rekordzeiten auf der Baustelle montieren. Zum anderen ermöglicht er dem Nutzer, als eines von ganz wenigen Systemen zur Bauteilaktivierung, die Heiz- und Kühlleistung raumweise nach den individuellen Bedürfnissen zu steuern.

BIM in allen Projektphasen

In allen Planungs- und Fertigungsphasen nutzt Goldbeck das Building Information Modeling (BIM). Alle Projektbeteiligten pflegen ihre Daten in ein einheitliches und verbindliches Projektmodell ein, das als zusammenfassende 3-D-Visualisierung sichtbar ist (Bild 2). Beispielsweise arbeiten die Bereiche Entwurfs- und Ausführungsplanung, Tragwerksplanung, Energieberatung und Gebäudetechnik während der gesamten Projektphase gemeinsam an diesem integralen BIM-Modell. Das erhöht die Planungssicherheit und Prozesstransparenz, verkürzt die Ausführungszeiten, sorgt für ein effizientes Kostenmanagement und minimiert Risiken in der Bauausführung. Mögliche Fehler und Kollisionen einzelner Fachplanungen werden rechtzeitig entdeckt. Nicht zuletzt sorgt die frühzeitige Integration der Gebäudetechnik überhaupt erst für die Möglichkeit, auch integrale Bauteile wie die Außenwandelemente oder den Energieboden zu konzipieren. Zudem werden aus dem BIM-Modell die notwendigen CAM-Daten für die automatisierte Fertigung von Stützen und Abfangträgern mittels Schweißrobotern und Säge-Bohranlagen erzeugt.


Bild 2: Integrierte digitale Planung von Tragwerk und TGA

Architektur-Fassade und Gesamtkonzept

Das fünfgeschossige Gebäude besticht in seiner Außenwirkung durch die elegante Kombination aus Glas und Beton. Durch anthrazitfarbene Fensterrahmen und cremefarbene Fassadenelemente ergeben sich bei Sonneneinwirkung reizvolle Lichtspiele (Bild 3). Die symmetrische Strenge des Baukörpers wird durch vertikal an die bodentiefen Fenster anschließenden Sonnenschutzpfeiler und die Freiräume zwischen den beiden Obergeschossen aufgelockert. Der zweigeschossige Eingangsbereich entfaltet mit seinem vorgelagerten Arkadengang einen ausgeprägt repräsentativen Charakter. Innerhalb des Foyers setzt sich dieser Eindruck mit einer großzügigen Flächengestaltung und einem minimalistischen Interieur fort. Terrazzoböden und eine formenreduzierte Stahlwangentreppe mit Ganzglas-Geländer verleihen dem Entree eine schlichte Eleganz (Bild 4). Großflächige, wandfüllende Fenster erlauben umfassende Blicke nach außen.



Bild 3: Die Beton-Fassadenelemente (Copyright Goldbeck)



Bild 4: Der Eingangsbereich Stahlwangentreppe mit Ganzglasgeländer (Copyright Goldbeck)

Die kompakten Büros der 170 Mitarbeiter mit Orientierung zur Straßenseite und zum Innenhof sind mit Mittelgängen kombiniert. Tresen und Deckenlampen schaffen einladende Räume für die Mitarbeiterkommunikation und den fachlichen Austausch. Gemeinsam mit den Besprechungsräumen und der Fachbibliothek folgt die Inneneinrichtung einer einheitlichen Designsprache. Sie vermittelt durch die identische Gestaltung der fünf Stockwerke die Teamkompetenz der DHPG und fördert die Vernetzung der unterschiedlichen Fachbereiche. Die großzügige Dachterrasse ist mit ihrem Blick auf das Siebengebirgspanorama ein prädestinierter Ort für Zusammenkünfte.

Nachhaltigkeitsaspekte

Auch das Thema „Nachhaltigkeit“ spielt bei Goldbeck eine übergeordnete Rolle. So wurde das Bausystem der Bürogebäude 2014 mit dem DGNB-Mehrfachzertifikat in „Gold“ ausgezeichnet. Die wichtigsten Aspekte, die zu dieser Auszeichnung geführt haben, sind gemäß der Hauptkriteriengruppen der DGNB die folgenden gewesen:

Ökologische Qualität: Hier punktet das Bausystem mit seiner ressourcenschonenden Bauweise im Vergleich zur konventionellen Massivbauweise. Die Erstellung eines Goldbeck-Bürogebäudes hat zum Beispiel einen um bis zu 50 Prozent reduzierten CO2-Fußabdruck.

Ökonomische Qualität: In diesem Themenbereich wird unter anderem die Wirtschaftlichkeit von Gebäuden über ihren Lebenszyklus bewertet. Sowohl das hohe Maß der Vorfertigung als auch die hohe Energieeffizienz führten zur vollen Punktezahl für das Bausystem.

Sozio-kulturelle Qualität: Auf die Bewertung nach diesen Qualitätskriterien haben die sogenannten Komfortstufen von Goldbeck einen besonderen Einfluss gehabt. Dem Nutzer wird es damit ermöglicht, bereits im Zuge der Bedarfsplanung sein persönliches Maß an benötigtem Komfort (vom thermischen über den visuellen bis hin zum akustischen) anhand von acht Hauptgruppen individuell festzulegen.

Technische Qualität: In diesem Zusammenhang wurde insbesondere die recyclinggerechte Bauweise als besonders positiv bewertet. Ein Grund hierfür liegt in der elementierten Systembauweise, die die Voraussetzungen schafft, um bereits zur Übergabe der Revisionsunterlagen ein Konzept für die sortenreine Demontage des Bausystems am Ende seiner Lebenszeit zu erstellen. Auch die hohe Recyclingquote des verwendeten Stahlbaus wurde im Rahmen der Ökobilanz entsprechend positiv bewertet.

Prozessqualität: Im Bereich der Prozessqualität wurde die Goldbeck-Systemdatenbank mit einer Vielzahl von gelösten Regeldetails, die Verwendung von entsprechenden Planungshandbüchern für interne und externe Architekten sowie die bereits beschriebene BIM-Arbeitsweise besonders positiv eingestuft.

Und auch wenn es „noch“ kein Bewertungskriterium im Rahmen der DGNB-Zertifizierung ist, so ist eine gelungene innere wie äußere Architektur für viele Bauherren und Nutzer von modernen Bürogebäuden auch heute noch das mitunter wichtigste Nachhaltigkeitskriterium (Bild 5).



Bild 5: Das neue Bürogebäude der DHPG in Bonn (Copyright Goldbeck)

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Goldbeck GmbH
Erstveröffentlichung: Stahlbau, Oktober 2016