10.03.2017

(K)ein Bauland in Sicht

Kruno Crepulja, CEO, Instone Real Estate Group AG
Kruno Crepulja

Der Ruf nach mehr Wohnraum in deutschen Großstädten wird noch lange Jahre erschallen. Trotz massiver Nachfrage kann es bei der jetzigen Rechtslage nicht zum Wohnungsbau im gewünschten Maße kommen. Die Wohnungsunternehmen könnten diese Mammutaufgabe zwar stemmen. Doch verfügbare Flächen fehlen – der Gesetzgeber ist gefordert.

„Bauland verzweifelt gesucht“, „Wohnungsnot nimmt zu“, „Konflikte um Grundstücksentwicklung“ – dramatisch sind die Überschriften, die sich bei einer simplen Internetsuche unter den Stichworten „Bauland“ und „Wohnungen“ ergeben. Mitnichten handelt es sich bei diesen Ergebnissen um Zufallstreffer. Wenn die Baugenehmigungen für Wohnungen in den deutschen Großstädten je nach Kommune nur maximal ein Drittel des tatsächlich ermittelten Bedarfs betragen, dann ist die kurzfristige Bereitstellung von Wohnraum eine der größten Herausforderungen unseres Landes.

Der im November 2015 vorgelegte Zehn-Punkte-Plan des „Bündnisses bezahlbares Wohnen und Bauen“ stellt eine verheißungsvolle Lösungsagenda dar. Die Initiative aus der Bundesregierung, Verbänden, Gewerkschaften und der Bauwirtschaft hat klare Vorgaben zur Bewältigung der Wohnraumkrise in den Ballungsgebieten formuliert. Es ist ein deutliches Signal, dass dieses Maßnahmenpaket gleich zu Beginn an der entscheidenden Stellschraube dreht: der raschen und unbürokratischen Bereitstellung von Bauland.

Preiskarussell bei großstädtischen Bauflächen

Die Entwicklung der Baulandpreise spricht die deutliche Sprache einer massiven Preissteigerung angesichts eines knapper werdenden Angebots. Innerhalb von 14 Jahren ist seit dem Jahr 2000 ein bundesweiter Preisanstieg von 27 Prozent zu verzeichnen. Noch augenfälliger gestaltet sich die Schieflage in den Metropolen: Städte über 500.000 Einwohner registrierten laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) um 31 Prozent höhere Grundstückspreise für den Geschosswohnungsbau. Deutschlands größte Städte Berlin, Hamburg und München zeigen nahezu besorgniserregende Werte in Bezug auf ihre verfügbaren Bauflächen auf: Die Hauptstadt erlitt nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ab 2013 einen Einbruch von fast 30 Prozent bei Grundstücksveräußerungen, auch in München gehen die Zahlen seit 2011 zurück. Zugleich legten innerhalb eines Jahres die Preise für baureifes Land in Hamburg um zehn Prozent zu, in München waren es gar 18 Prozent.

Wie kam es zu dieser drastischen Reduzierung von Bauland? Die Top-7-Städte in Deutschland verzeichnen seit Jahren ein demographisches und wirtschaftliches Wachstum. Damit einher geht eine wachsende Zahl an Haushalten. Die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse haben zu einem massiven Anstieg der Ein-Personen-Haushalte geführt, die mittlerweile mit 41 Prozent die größte Gruppe stellen. Erst allmählich nehmen die Baugenehmigungen wieder zu, nachdem sie über Jahre hinweg einen Rückgang verzeichneten. Verfügbares Bauland ist ein kostbares und seltenes Gut und zwar nicht nur aufgrund der leicht gestiegenen Neubautätigkeit. Vielmehr ist die Schaffung von Wohnbauland in einem ausreichenden Maß in den letzten Jahren versäumt worden. Dieses Defizit zu schließen, ist eine schwierige Aufgabe, da nicht nur formale Hürden wie beispielsweise ein Baurechtschaffungsprozess, sondern auch eigentumsrechtliche Hindernisse aufzulösen sind. Darüber hinaus gilt es, Verunreinigungen durch Schadstoffe  oder die fehlende Infrastruktur aufzuarbeiten. In diesem Fall muss der Projektentwickler finanziellen Spielraum, juristisches Fachwissen und technische Expertise aufweisen, um problembehaftete Flächen einer Bebauung zuzuführen. Eine Baugenehmigung kann nur nach Vorlage eines nachhaltigen Konzeptes in enger Abstimmung mit den Vorstellungen der Kommune erreicht werden. Sobald diese vorliegt, bedarf es nach unseren Erfahrungswerten einer durchschnittlichen Wartezeit von drei bis sechs Monaten bis zum Baubeginn.

 Kreativität ist gefragt

Es gibt zwei Wege, die zu einer effizienten und nachhaltigen Lösung des Wohnraummangels führen können. Zum einen gibt es das Instrument der Flächenkonversion, also der Umwandlung einer meist gewerblich genutzten Fläche zu Wohnraum. Zum anderen muss eine rechtliche Handhabe gefunden werden, um die rasche Wohnbebauung ungenutzter Flächen zu garantieren. In beiden Fällen ist der Gesetzgeber gefragt.

Flächenkonversionen betreffen in vielen Fällen ehemalige Industrie- oder Militärareale. Es können aber auch unbebaute Brachflächen sein, die beispielsweise als Deponierraum genutzt wurden. Seit Jahresbeginn stellt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) solche Flächen zu erheblichen Vergünstigungen zur Verfügung. In Köln, Ulm und Stuttgart wandelt formart momentan großräumige Immobilien wie Fabriken und Krankenhäuser zu attraktivem Wohnraum im Sinne urbaner Mischkonzepte um. Denn eine flexible Grundrissgestaltung schafft innerhalb desselben Gebäudes Raum für Wohnen, Arbeiten und Bildungseinrichtungen. Der Bund hat auf diesen Trend reagiert und einen ersten Entwurf vorgelegt, um die Kategorie „Urbanes Gebiet“ als neue Komponente in die Baunutzungsverordnung (BauNVO) aufzunehmen. Die Komplexität einer Flächenkonversion erfordert ohnehin spezifische regionale Marktkenntnisse, eine enge Kommunikation mit der jeweiligen Kommune und aufgrund der Langfristigkeit solcher Projekte eine ausreichende Kapitalstärke.

Für unbebaute Flächen muss die Devise gelten, dass sie angesichts der bestehenden Nachfrage so schnell wie möglich einer Wohnnutzung zugeführt werden. Von staatlicher Seite wäre eine unkomplizierte und rasche Änderung eines bestehenden Bebauungsplans zugunsten neuen Wohnraums sicher der wichtigste Schritt. Unsere Städte sind dynamische Zentren, folglich ändert sich auch ihre Flächennutzung.  Wo gestern eine Produktionsstätte war, steht heute eine Wohnsiedlung und morgen ein Kulturzentrum. Verfügbare Grundstücke dürfen folglich keine Fallstricke aufweisen – wo Wohnungen benötigt werden, darf es nicht schon am Boden scheitern.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von formart GmbH &. Co. KG
Erstveröffentlichung: Immobilienmanager, August 2016

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