03.05.2016

Kein Ding der Unmöglichkeit!

Einfache und umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung

Thomas Rücker, Geschäftsführer, RUECKERCONSULT GmbH
Thomas Rücker

Die Bau- und Immobilienwirtschaft ist weltweit einer der wesentlichen Treiber der Ressourcenverknappung und des Klimawandels. Nach Angaben der OECD werden durch den Bau, Betrieb und Rückbau von Gebäuden weltweit bis zu 40 Prozent des Energieverbrauchs und bis zu 40 Prozent der Treibhausgasemissionen verursacht. Deutsche Immobilienunternehmen und dabei insbesondere Wohnungsunternehmen ist diese Verantwortung bewusst. Bereits heute haben die deutschen Wohnungsunternehmen die CO²-Emission ihrer Bestände im Vergleich zu 1990 um über 50 Prozent reduziert und damit die Einsparziele von Frau Merkel früher erreicht als gefordert. Die deutsche Wohnungswirtschaft ist hier Vorbild für andere Branchen.

Daher stehen in Deutschland bei Wohnungsunternehmen von den drei Nachhaltigkeitssäulen weniger die ökologische, sondern vielmehr die ökonomische und gesellschaftlich-soziale Nachhaltigkeit im Vordergrund, um einen dauerhaften Unternehmensfortbestand zu sichern. Denn nichts anderes bedeutet nachhaltiges Handeln. Um eine nachhaltige Unternehmensführung zu implementieren, bedarf es umfangreicher Maßnahmen, damit diese durchgeführt und gelebt wird. Ihre Bemühungen sollten Unternehmen fortlaufend in einem Nachhaltigkeitsbericht dokumentieren. Für börsennotierte große Unternehmen ist diese Berichterstattung nach einer EU-Vorgabe ab dem Jahresabschluss 2016 Pflicht.

Unternehmensführung muss Nachhaltigkeit vorleben
Grundsätzlich gilt: Auch wenn die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht der Beginn, sondern die Konsequenz eines glaubhaften Bekenntnisses zur nachhaltigen Unternehmensführung ist, so kann die Entscheidung zum Erstellen eines ersten Nachhaltigkeitsberichtes die Initialzündung zur Auseinandersetzung mit den Erfordernissen für eine nachhaltige Unternehmensführung sein. In dem Prozess bedarf es der durchgängigen Anwendung und Kommunikation. Dabei sind drei Aspekte hervorzuheben: Erstens muss das Bekenntnis zur Unternehmerischen Nachhaltigkeit vom Vorstand oder der Geschäftsführung vorgelebt werden. Es darf nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Die Nachhaltigkeitsstrategie sollte zum Bestandteil der Unternehmensstrategie werden. Denn wichtig ist der Unterschied, der zwischen einem Nachhaltigkeitsbericht und dem Sportschau-Bericht über den Bundesligaspieltag besteht. Wenn über ein Fußballspiel berichtet wird, ist es vorbei und niemand kann am Ergebnis etwas ändern. Wenn ein Unternehmen berichtet, was es zur nachhaltigen Entwicklung unternimmt, dann ist das unmittelbar relevant für die nächsten strategischen Entscheidungen. Das macht den Bericht zur Chefsache, denn er übt strategisches Denken ein, beziehungsweise ergänzt und erneuert es immer wieder und wird so ein Teil innovativer Unternehmenskultur. Organisatorisch bedeutet dies, dass die Verantwortung für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien sowohl im Vorstand oder in der Geschäftsführung als auch in einer Stabsfunktion der zweiten Führungsebene verankert sein muss. Prozessual sollten die zu definierenden Nachhaltigkeitsaspekte in Entscheidungsvorlagen für Gremien und Geschäftsprozesse integriert werden. So sind beispielsweise Ausschreibungen und das Beschaffungswesen entsprechend zu gestalten, um eine Durchgängigkeit der Nachhaltigkeitsstrategie bis hin zur Lieferanten- und Baumaterialauswahl sicherzustellen.

Zweitens sind Mitarbeiter zur Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien im täglichen Handeln arbeitsvertraglich zu verpflichten. Der dritte Schritt ist die regelmäßige Berichterstattung über den Fortschritt und Erfolg der Nachhaltigkeitsstrategie. Nur so kann Akzeptanz bei Eigentümern und Mietern, Mitarbeitern, Banken Geschäftspartnern sowie der allgemeinen und politischen Öffentlichkeit gewonnen werden. Denn all diese Stakeholder legen zunehmend den Fokus auf Nachhaltigkeitsaspekte, da sie die Weitsicht des Managements belegen und damit Einfluss auf die langfristige Unternehmensbonität haben. So beurteilen auch zahlreiche Ratings und Rankings auf dem Kapitalmarkt die Unternehmensleistung aus einer Corporate Responsibility-Sichtweise.

Orientierungshilfen im Dschungel der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Im Bereich Nachhaltigkeit gibt es zahlreiche Aufstellungs-und Prüfungsstandards wie die Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI), der European Federation of Financial Analysts Societies (EFFAS) oder der EURHONET. Das schafft bei vielen Unternehmen Unsicherheit, die sich zum ersten Mal mit dem Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinandersetzen. Welcher Standard ist der geeignetste und für das eigene Unternehmen der praktikabelste?

Grundsätzlich gilt, dass für international tätige und börsennotierte Unternehmen der Nachhaltigkeitsbericht nach den Kriterien der GRI empfehlenswert ist. Diese Kriterien werden weltweit angewandt und somit ist auch die Vergleichbarkeit mit ausländischen Wettbewerbern gegeben.

Eine Alternative für deutsche Wohnungsunternehmen sind die Kriterien der „GdW Arbeitshilfe 73 Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Wohnungswirtschaft"“, die unter anderem auf dem Sustainability-Reporting Framework der GRI basiert, aber nicht so komplex ist. Denn die Arbeitshilfe des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) ist bereits auf die Bedürfnisse der Wohnungsunternehmen zugeschnitten und bietet eine Vorauswahl von Kennzahlen sowie eine standardisierte Anwendung.

Einfache Berichterstattung für kleine und mittlere Unternehmen

Für kleine und mittlere Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft sind die Kriterien der GRI in der Regel zu aufwendig. Daher hat der GdW gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Große Wohnungsunternehmen (AGW) und dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) eine auf die Wohnungswirtschaft ausgerichtete und branchenspezifische Ergänzung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) vorgenommen. Damit wird vor allem kleineren und mittleren Unternehmen, die keine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung durchführen, ein Instrument für eine sehr schlanke und fokussierte Berichterstattung an die Hand gegeben. Dieser bietet mehrere Vorteile. Er ist auf die Bedürfnisse von Wohnungsunternehmen zugeschnitten. Zudem bietet die Vorauswahl von Kennzahlen und standardisierten Anwendungen eine Komplexitätsreduktion im Vergleich zum internationalen Standard GRI. Eine Arbeitshilfe zur kapazitätsschonenden Erfassung von Kennzahlen ist ebenfalls vorhanden. Und die Branchenakzeptanz und Vergleichbarkeit ist gegeben. In dem 84 Seiten starken Werk fließen die Praxiserfahrungen von sechs Wohnungsunternehmen ein. In einem gemeinsamen Modellprojekt haben sie begonnen, die Forderungen des DNK umzusetzen. Im Wesentlichen bietet der Leitfaden Erläuterungen und Formulierungsbeispiele für den Fragenkatalog des DNK. Unternehmen, die bereits Nachhaltigkeitsberichte nach anderen Standards erstellen, können zusätzlich eine DNK-Entsprechenserklärung abgeben.

Die DNK-Entsprechenserklärung gliedert sich in vier Bereiche, in denen Unternehmen über ihr nachhaltiges Handeln und Wirtschaften berichten sollten: Strategie, Prozessmanagement, Umwelt und Gesellschaft. Unter diesen Schwerpunkten werden insgesamt 20 Kriterien abgefragt wie der CO2-Fußabdruck verwendeter Baustoffe, die Einbindung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen in Projekte, die Behandlung der Arbeitnehmer im Unternehmen. Werden bestimmte Kriterien nicht erfüllt, besteht die Möglichkeit einer Erklärung darüber, warum dies so ist oder ob sich ein Berichtswesen dahingehend aktuell in der Planung befindet.

Kostengünstige und effizient erstellte Nachhaltigkeitsberichte
Der zeitliche Aufwand für die Bearbeitung der wesentlichen Kriterien für den Nachhaltigkeitsbericht hängt davon ab, wie tief das Thema bereits im Unternehmen verankert ist. Wenn ein Wohnungsunternehmen zum ersten Mal eine Entsprechenserklärung – also sozusagen ein “Nachhaltigkeitsbericht light“ – erstellt, dauert dies in der Regel ein bis drei Wochen. Der Zeitaufwand und der interne Personalaufwand verringert sich, wenn man sich externe Hilfe einholt, die im Erstellen von Nachhaltigkeitsberichten erfahren ist. Die Kosten halten sich dabei in Grenzen. Die Generierung eines 16seitigen gestalteten Nachhaltigkeitsberichts – auf Grundlage der 20 Kriterien des Deutschen Nachhaltigkeitskodex mit Ergänzungen für die Wohnungswirtschaft inklusive Entsprechenserklärung – kostet bei einem externen Dienstleister rund 18.000 Euro. Ein ausführlicher Nachhaltigkeitsbericht mit rund 35 bis 40 Seiten auf Grundlage der GdW Arbeitshilfe 73 und den 20 DNK-Kriterien kostet rund 28.000 Euro. Und für einen Bericht nach GRI G4 auf etwa 50 bis 60 Seiten sollte man rund 50.000 Euro einplanen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von RUECKERCONSULT GmbH
Erstveröffentlichung: April 2016, Die Wohnungswirtschaft