28.11.2018

Legal-Tech-Anwendungen

Einsatz in der Immobilienwirtschaft unter dem neuen europäischen Datenschutzrecht

Carsten Kociok, Counsel, Greenberg Traurig Germany, LLP
Dr. Robert Geiger, Justiziar, Evana AG
Carsten Kociok

Die Digitalisierung und der damit einhergehende Einsatz neuer Technologien bei der Datenauswertung verändert sowohl die Immobilienwirtschaft als auch den Rechtsberatungsmarkt insgesamt. Bei Immobilientransaktionen werden zunehmend große Datenmengen mit Unterstützung von Legal-Tech-Anwendungen automatisiert ausgewertet. Dies spart nicht nur Personal, Zeit und Kosten, sondern bietet zugleich neue Möglichkeiten, durch Zusammenführen und Aufbereitung von Daten neue Erkenntnisse zu gewinnen, Prozessabläufe zu optimieren und neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Durch das Inkrafttreten der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stellt sich die Frage, welche neuen rechtlichen Grenzen  zu beachten sind. Dies betrifft zum einen die Frage, wer zwischen den verschiedenen Akteuren den Datenbestand für sich beanspruchen darf. Andererseits ist zu überlegen, welche Datenverarbeitungsprozesse überhaupt zulässig sind.

Der erste Punkt betrifft die Thematik des Dateneigentums. Hier gilt nach wie vor der Grundsatz, dass es kein rechtlich geschütztes, absolutes Eigentum an Daten gibt. Gegenstände, Grundstücke oder Immaterialgüter können einer bestimmten Person „gehören“, Daten hingegen nicht. Dies wird sich auch in naher Zukunft vermutlich nicht ändern. Erst kürzlich hat ein Gutachten der Justizministerkonferenz die Erforderlichkeit einer Neuregelung im Bereich des Dateneigentums verneint. Einzelakteure innerhalb der Immobilienwirtschaft können sich demnach auch künftig gegenüber Dritten nicht darauf berufen, Eigentümer bestimmter Immobiliendaten zu sein und Dritte von deren Nutzung ausschließen. Ungeachtet dessen ist es weiterhin zulässig und teilweise auch sinnvoll, durch individuelle vertragliche Vereinbarungen mit Immobilienverwaltern, Dienstleistern und andere Akteuren festzulegen, wer zur Nutzung welcher Datenbestände in welchem Umfang berechtigt sein soll.

Die zweite Feststellung bezieht sich auf den Datenschutz. Diesbezüglich legt die DSGVO seit dem 25. Mai 2018 Mindestanforderungen an die Nutzung oder Verarbeitung von Daten fest. Der Anwendungsbereich der DSGVO beschränkt sich auf sogenannte personenbezogene Daten, die einen Bezug zu einer bestimmten, natürlichen Person, z.B. Wohnungsmieter, aufweisen. Dies heißt jedoch nicht, dass beim Einsatz von Legal-Tech-Anwendungen im Immobilienbereich das Datenschutzrecht nur zur Anwendung kommt, wenn Datenbestände von Wohnimmobilien ausgelesen oder aufbereitet werden.  Für die Anwendung der DSGVO reicht bereits die Benennung einer Kontaktperson in einem Gewerbemietvertrag aus.

Legal-Tech-Anwendungen müssen folglich in der Immobilienwirtschaft generell mit den Vorgaben des Datenschutzrechts konform sein. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass dies  unproblematisch möglich ist, wenn grundlegende Punkte bei dem Einsatz von Legal Tech beachtet werden. So kann ein berechtigtes Interesse eines Immobilienunternehmens an der Datenauswertung die Einwilligung betroffener Personen überflüssig machen.  Dies gilt insbesondere dann, wenn Datensätze im Zuge des Erwerbs von Immobilienbeständen mittels Legal Tech geprüft werden. Auf Käuferseite ist ferner zu beachten, dass hinreichende Maßnahmen zur Sicherheit der ausgelesenen Datensätze implementiert werden. Soweit externe Legal-Tech-Anbieter in den Datenverarbeitungsprozess eingebunden werden, bedarf es darüber hinaus des Abschlusses einer vertraglichen Vereinbarung, in der die Rechte des Auftraggebers und die Pflichten des Legal-Tech-Anbieters klar festgehalten werden.

Gänzlich problemlos ist der Einsatz von Legal-Tech-Anwendungen dann, wenn Daten ohne Personenbezug eingelesen oder ausgewertet werden. Die DSGVO findet in diesem Fall keine Anwendung. Informationen über den Strom-, Heizungs- oder Wasserverbrauch eines Bürogebäudes unterliegen demnach ebenso wenig den Anforderungen und Beschränkungen des Datenschutzrechts wie anonymisierte Angaben über Mieter einer Wohnimmobilie.

Legal-Tech-Anwendungen können demnach auch unter neuem europäischem Datenschutzrecht rechtskonform eingesetzt werden und ihren Nutzern zahlreiche Vorteile und Möglichkeiten bieten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Greenberg Traurig Germany, LLP
Erstveröffentlichung: The Property Post, November 2018

Konversation wird geladen