03.05.2016

Qualitätssiegel fürs Wohnen

NaWoh-Zertifikat erfreut sich wachsender Beliebtheit

Fabian Viehrig, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW)
Fabian Viehrig

In der Immobilienwirtschaft ist die Nachhaltigkeit im Gebäudebereich seit langem ein Thema. Für die Bestandshalter in der Immobilienwirtschaft ist dieses Prinzip wenn man so will sogar überlebenswichtig, sichert es doch die Basis des unternehmerischen Erfolgs. Insofern ist das Grundverständnis von Nachhaltigkeit in der Wohnungswirtschaft fest verankert. Dennoch ist nicht zwangsläufig die Folge, dass dieses Grundprinzip sichtbar in die Öffentlichkeit transportiert wird. Eine Geschäftspolitik im Sinne "Tue Gutes und rede darüber" ist in der wohnungswirtschaftlichen Realität noch nicht allzu lange verankert. Eine Informationsgesellschaft fordert aber permanent neuen Input. Diesem Diktat sind, ob gewollt oder nicht auch die Wohnungsunternehmen und deren Teilhaber zunehmend ausgesetzt. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich das Qualitätssiegel nachhaltiger Wohnungsbau, kurz NaWoh, offensichtlich zunehmender Beliebtheit erfreut. Gleiches gilt für Nachhaltigkeitsberichterstattung von Wohnungsunternehmen gegenüber Stakeholdern.

NaWoh – Aktuelles
Seit Gründung des Vereins zur Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau im Jahr 2012 konnten bereits 17 NaWoh-Zertifikate plus 2 Planungszertifikate verliehen werden. 2015 wurden davon allein 6 Zertifikate vergeben. 2016 konnte der Verein bereits ein neues Objekt mit dem NaWoh-Siegel auszeichnen, insgesamt 11 weitere Anträge liegen vor.

Für diese Entwicklung lassen sich mehrere Gründe identifizieren. Zum einen spricht sich in der Immobilienwelt das NaWoh-System herum. Auf ein aufwändiges und teures Marketingkonzept wurde bewusst verzichtet, soll doch NaWoh eine möglichst niedrigschwellige Möglichkeit bleiben, ein Gebäude zu zertifizieren. Andererseits sollten Nachhaltigkeitsaspekte schon in einem sehr frühen Planungsstadium Berücksichtigung finden. Gebäude benötigen nun einmal bis zur Fertigstellung einige Zeit und das Siegel ist erst 4 Jahre alt. Erst nach Fertigstellung können die letzten Nachweise für die NaWoh-Zertifizierung erbracht werden. Insofern wird hier das nachgewiesen, was tatsächlich auch gebaut wurde und nicht das, was nach Möglichkeit gebaut werden sollte.
Noch nicht mit vollem Durchschlag, aber dennoch sichtbar zeichnet sich auch die steigende Bautätigkeit im Wohnungsneubau ab. Hieraus erwarten wir für 2016 zusätzliche Impulse. Weiterhin wird sich 2016, wie in Ansätzen bereits 2015 die Förderung von Nachhaltigkeitszertifikaten innerhalb der Förderung des Neubaus von Mietwohnungen durch die IFB Hamburg bemerkbar machen. Hier wird ein einmaliger Zuschuss von 10,–€/m² Wohnfläche für das Erreichen des NaWoh-Zertifikats mit zusätzlichen Anforderungen gewährt.

NaWoh – Anerkanntes System
Am 02.12.2015 hat der Verein einen Antrag auf Anerkennung des Qualitätssiegels auf Basis der Bekanntmachung über die Nutzung und die Anerkennung von Bewertungssystemen für das nachhaltige Bauen vom 23. Juni 2005, Kapitel V durch das BMUB gestellt. Das BMUB prüft derzeit die Einhaltung der vorgegeben Grundsätze. Nach erfolgreicher Prüfung würde NaWoh für die Planungs- und Baupraxis empfohlen. Zudem könnte NaWoh mit dem Zusatz „vom BMUB geprüftes und anerkanntes System-Nutzungsprofil“ werben. Darüber hinaus würde ein anerkanntes System im Internetportal des Bundes gelistet.

NaWoh – Weiterentwicklung
Derzeit befindet sich die Steckbriefversion 3.0 in der Überarbeitung. Nach vier Jahren haben sich einige Veränderungen hinsichtlich anzuwendender Normen und Gesetze ergeben. Aus diesem Grund werden die Normenbezüge aktualisiert. Mit der EnEV Novelle und der seit 2016 um 25 Prozent verschärften Anforderung an den Primärenergiebedarf eines Neubaus, musste der Steckbrief an die energetische Qualität angepasst werden.

Im der noch jungen Anwendungszeit der Steckbriefe hat sich gezeigt, dass der überwiegende Teil der formulierten Anforderungen an das Gebäude, aber auch die geforderten Nachweis praktikabel und anwendbar sind. Es ist aber nicht überraschend, dass dennoch Anwendungsfragen auftreten. Man hat sich daher überlegt, analog zur EnEV Auslegungen für verschiedene Fragen zu treffen. Diese Auslegungen werden dann zur allgemeinen Anwendung veröffentlicht. Im Rahmen der derzeitigen Überarbeitung wird versucht die bereits beschrieben Auslegungen in die Steckbriefe zu intergieren.

Beispielsweise hat sich gezeigt, dass der Steckbrief Flächeninanspruchnahme innerstädtisch sehr schwierig nachzuweisen ist. Grund ist nicht etwa der fehlende Wille der Bauherren, sondern die höhere Ausnutzung des Geländes. In der Konzeption des Steckbriefs standen ursprünglich neu ausgewiesene Baufelder im Fokus.

Im Förderpaket für Variowohnen (Mikroapartments, Studentenwohnen) die wird Anwendung eines Nachhaltigkeitssiegels gefordert. NaWoh wird hier explizit erwähnt. Da sich die Konzeption von NaWoh an einem "normalen" Wohnungsbau, nicht an Studentenwohnen orientierte, wird es auch hierfür möglicherweise entsprechende Auslegungen für einzelne Streckbriefe geben müssen.

In Vorbereitung ist weiterhin ein Leitfaden für die Nachhaltigkeitskoordinatoren. Nachhaltigkeitskoordinatoren sind für die Erarbeitung und Zusammenstellung einer prüffähigen Dokumentation verantwortlich. Der Leitfaden soll neben praktischen Hilfestellungen insbesondere aufzeigen, wann welche Nachweise von wem im Bauprozess zu erstellen sind. Der Leitfaden steht in Kürze auf unserer Homepage www.nawoh.de, wie alle anderen Informationen zum NaWoh Siegel auch, kostenlos zur Verfügung.

Nachhaltigkeitsberichterstattung
Zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gegenüber Stakeholdern hat der GdW gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Große Wohnungsunternehmen (AGW) und dem Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) eine auf die Wohnungswirtschaft ausgerichtete branchenspezifische Ergänzung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) vorgenommen. Damit wird vor allem kleineren und mittleren Wohnungsunternehmen ein Instrument für eine sehr schlanke und fokussierte Nachhaltigkeitsberichterstattung an die Hand gegeben. Um den Wohnungsunternehmen eine Hilfe zur Beantwortung der DNK-Kriterien geben zu können, wurde der "Leitfaden zur branchenspezifischen Ergänzung des DNK – Orientierungshilfe für Wohnungsunternehmen des GdW" erstellt. Der Leitfaden wurde in 2016 mit dem Immobilienmanager Award in der Kategorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet.

Der Leitfaden kann über den GdW (http://web.gdw.de/service/publikationen) bezogen werden und steht ebenfalls als Download zur Verfügung.

Mit dem Ziel, die Qualität neu errichteter Wohngebäude zu steigern, die Transparenz beim Bauen in Bezug auf Nachhaltigkeit zu fördern und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten, haben wohnungs- und immobilienwirtschaftliche Bundesverbände den Verein zur Förderung der Nachhaltigkeit im Wohnungsbau (NaWoh) gegründet. Mitglieder des Vereins NaWoh sind unter anderem der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie das EBZ – Europäisches Bildungszentrum der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Der Verein bietet das Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau an. Dieses wird für neue Wohngebäude vergeben, die den Kriterien des Bewertungssystems NaWoh entsprechen und die sich einer Prüfung unterzogen haben. Es erlaubt die Beschreibung und Bewertung der Qualität und Nachhaltigkeit neu zu errichtender Wohngebäude auf freiwilliger Basis. Alle Informationen zum Siegel sind unter www.nawoh.de verfügbar.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW)
Erstveröffentlichung: Dezember 2015, Die Wohnungswirtschaft