04.01.2018

Regulierung durch die Hintertür

MiFID II - Nächste Regulierung für Vertrieb und Fondsanbieter

Martina Hertwig, Mitglied des ZIA-Vorstands sowie Partnerin und Wirtschaftsprüferin, Baker Tilly GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Martina Hertwig

MiFID II reguliert den Vertrieb von Fondsanteilen umfassend neu. Doch nicht nur der Vertrieb ist betroffen. Auch die Fondsanbieter werden indirekt mitreguliert. Sie müssen künftig für mehr Transparenz hinsichtlich ihrer Fonds sorgen. Dies betrifft insbesondere die Kosten.

Einfach ist der Vertrieb von Immobilienfonds schon lange nicht mehr: Der Absatz von Fondsanteilen an Privatanleger wird unter anderem durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), das Kreditwesengesetz (KWG) und die Gewerbeordnung (GewO) stark reguliert. Doch damit nicht genug. Am 3. Januar 2018 tritt mit der MiFID II-Richtlinie bereits die nächste umfassende Reform des Fondsvertriebs in Kraft. Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie wird das WpHG umfassend angepasst.

Betroffen sind davon nicht nur die Vertriebe, sondern auch die Anbieter von Immobilienfonds, die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG). Diese müssen künftig dem Vertrieb ausführliche Informationen vor allem in Bezug auf die Kosten und die avisierten Anleger („Zielmarkt“) an die Hand geben. Für den Vertrieb ist die Aufzeichnung der gesamten Kommunikation mit dem Anleger eine wichtige Neuerung.

Zielmarktbestimmung: Produkt muss passen

Zunächst zur Zielmarktbestimmung: Der „Hersteller“ eines Finanzinstruments – im Fall eines Immobilienfonds die KVG – muss vor dem Vertriebsstart eine Zielmarktbestimmung vornehmen. Was bedeutet das? Die KVG muss festgelegen, für welche Kunden ein Produkt geeignet ist. Mit der Einteilung in die bekannten Schubladen Privatkunde, semiprofessioneller und professioneller Investor ist es nicht getan. Darüber hinaus müssen die Erfahrungen der Anleger (beispielsweise Umfang der bisherigen Aktivitäten am Kapitalmarkt) und die Verlusttragfähigkeit definiert werden. Außerdem muss die Risikoneigung des Kunden erfasst werden. Diese muss zum Risikoprofil des Produktes passen. Schließlich sind die Anlageziele des potenziellen Investors zu bestimmen. Dazu gehören Fragen wie: Ist das Produkt zur Altersvorsorge geeignet? Trägt es zum Vermögensaufbau bei? Ist es eher spekulativ? Die Vorgaben der KVG müssen gegebenenfalls später durch den Vertrieb konkretisiert werden.

Pflicht zur Aufzeichnung von Kommunikation

Zweite große Neuerung unter MiFID II sind die verschärften Pflichten hinsichtlich der Aufzeichnung der Kommunikation mit dem Investor. Die Intention des Regulators dabei: Bei möglichen Rechtsstreitigkeiten soll so leichter nachweisbar sein, ob eine ausreichende Risikoaufklärung stattgefunden hat.

Erfasst werden alle denkbaren Kommunikationsmittel wie Festnetz, Mobiltelefon, E-Mail, Videochat… Jede Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen muss aufgezeichnet werden. Noch unklar ist hingegen, wo die Grenze der Aufzeichnungspflicht liegt. Ob ihr etwa auch der Small-Talk unterliegt, ist noch offen. Neue und alte Kunden müssen vorab einmalig über die Aufzeichnung informiert werden.

Alle Kosten müssen transparent gemacht werden

Die dritte und vielleicht wichtigste Neuerung durch MiFID II sind die Vorgaben zur Kostentransparenz. Die Kosten müssen nicht mehr nur vor der Zeichnung, sondern – sofern eine anhaltende Geschäftsbeziehung vom Vertrieb zum Kunden vorliegt – auch während der gesamten Laufzeit des Finanzinstruments transparent gemacht werden. Die Anforderungen an die Kostentransparenz sind sehr hoch: Ein Teil der Kosten musste bislang schon für den Kunden dokumentiert werden – beispielsweise alle einmaligen Gebühren wie anfängliche Vergütungen für die Strukturierung, Konzeption oder Vermittlung. Zudem müssen alle laufenden Gebühren ausgewiesen werden – dazu zählen auch die Vergütungen für die KVG, die Verwahrstelle, die laufende Bewertung, die Jahresabschlusserstellung und so weiter.

Neu ist hingegen, dass auch alle Transaktionskosten im Zusammenhang mit den Immobiliengeschäften aufgelistet werden müssen. Dazu zählen Maklerprovisionen, Beratung beim Immobilienan- und -verkauf, die Grunderwerbsteuer sowie Notar- und Grundbuchgebühren. Die Informationen über diese Kosten können natürlich nicht vom Vertrieb kommen. Hier ist wieder die KVG in der Pflicht, die dem Vertrieb alle notwendigen Daten zur Verfügung stellen muss.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Baker Tilly
Erstveröffentlichung: Das Investment, Dezember 2017

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