15.01.2019

Smart, aber unrentabel?

Wann rechnen sich Energieeffizienzmaßnahmen im Bestand

Martin Herkenrath, Geschäftsführender Gesellschafter, OMEGA Immobilien GmbH
Martin Herkenrath

Die Bundesregierung hat ihre Klimaschutzziele klar gesteckt: Bis zum Jahr 2020 sollen die CO2-Emissionen um 40 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 gesenkt werden. Die Energiewende umfasst nahezu alle Wirtschaftssektoren. Eine Schlüsselfunktion nimmt hierbei der Gebäudebereich ein. Denn rund 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und ein Drittel der Treibhausgasemissionen entfallen auf Wohn- und Nichtwohngebäude. Das Energiekonzept der Bundesregierung nimmt diesen Bereich denn auch besonders in den Blick: Bis zum Jahr 2050 soll im Vergleich zum Basisjahr 1990 ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand realisiert werden. Die Energiewende setzt dabei auf ein ganzes Maßnahmenbündel, darunter die Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Bereich dezentraler Energieerzeugung und -nutzung.

Rendite in Zeiten der Energiewende: Kostenfaktor energetische Sanierung
Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat jüngst festgestellt, dass die energetische Modernisierung von Wohnhäusern zu langsam vorankommt, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen. Zudem seien energetische Modernisierungen oftmals zu teuer und rechneten sich nur unter bestimmten Bedingungen. Ein drittes Problem besteht darin, dass sich die prognostizierten Einsparungen teilweise nicht mit den realisierten Minderungszielen decken. Wie können Eigentümer und Investoren in diesem komplexen Umfeld die Kosten für energetische Sanierungen im Rahmen halten? Mit anderen Worten, wie gelingt der Spagat zwischen der Energiewende im Bestand und der angestrebten Rendite? Hier liegt der Schlüssel für den Erfolg der Energiewende: Denn an der Frage der Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungsmaßnahmen entscheidet sich maßgeblich, ob die im energiepolitischen Konzept formulierten Einsparziele und die Sanierungsquote von zwei Prozent des Gebäudebestands erreicht werden. Das Energiekonzept setzt hierbei auf eine Mischung aus Freiwilligkeit über Anreizsysteme und den normativen Rahmen über die Energieeinsparverordnung (EnEV).

Den optimalen Hebel im Maßnahmen-Mix finden
Wann rechnen sich die einzelnen Maßnahmen – diese Frage treibt Immobilienbesitzer, Hausverwalter und natürlich auch Mieterinnen und Mieter um. Während ein Fenstertausch eine überschaubare Heizkostenersparnis im Rahmen von 7-10 Prozent bringt, kann in der Kombination mit einer Fassadendämmung die Einsparung schon bei rund 40 bis 50 Prozent liegen. In einem unsanierten, durchschnittlich großen Einfamilienhaus fallen nach Berechnungen der Deutschen Energieagentur in 20 Jahren Heizkosten in Höhe von 107.000 Euro an. Im vollständig sanierten energetischen Zustand sind es dagegen nur 21.000 Euro. Aktuell sind die förderrechtlichen und ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die Gebäude-Energieeffizienz bei Wohnhäusern äußerst komplex und teilweise nur unter hohem Kosteneinsatz umzusetzen. Seit Januar 2016 gelten überdies die verschärften Regeln der EnEV 2014 für neu erbaute Wohngebäude, die von der KfW gefördert werden. Das KfW-Effizienzhaus-70 wird als Förderstandard durch den höheren KfW-Effizienzhaus-Standard 55 abgelöst, zudem schraubt das neue KfW-Effizienzhaus 40 Plus die energetischen Anforderungen im Neubau deutlich nach oben. Die EnEV 2014 hat ebenfalls einige Neuerungen parat und sieht vor, dass alte Heizkessel ausgetauscht werden und die Wärmedämmung der obersten Geschossdecken den Mindestanforderungen entsprechen müssen.

Klimaschutz im Spannungsfeld von Marktwirtschaft und Gesellschaftspolitik
Für Eigentümer und Bestandshalter liegt das entscheidende Argument in der Wirtschaftlichkeitsberechnung. Der Anreiz zur Sanierung ist nur dann gegeben, wenn die Modernisierungsinvestition auch über erhöhte Mieteinnahmen refinanziert werden können. Auch hier sind Bestandshalter von gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängig, denn inwieweit der Umfang der Sanierungskosten auf die Mieter überwälzt werden kann, ist eine Frage der Mietgesetze. Zudem setzt auch der Mietmarkt eigene Grenzen, ob höhere Mieterwartungen realistisch durchsetzbar sind oder Mieter über einen Wohnungswechsel in ein günstigeres Segment ausweichen. Im mittlerweile sehr dichten Maßnahmengeflecht der Energieeinsparverordnung (EnEV) lohnt ein kritischer Blick darauf, welche konkreten Schritte am effizientesten sind, damit die Immobilie energetisch fit für die Zukunft wird.

Die Rendite im Blick: Zielgerichtet durch das Fördergeflecht
Ob Fassadendämmung, Heizkesseltausch oder neue Fenster – die Schlüsselfrage ist: Welche Bausteine weisen die besten Kosten-Nutzen-Relation auf? Vor der energetischen Sanierung steht die Einzelfallbetrachtung, damit Eigentümer den richtigen Hebel im Maßnahmen-Mix finden. Hier kann ein Energieberater wertvolle Hilfe leisten. Dieser nimmt alle Faktoren wie Baualtersklasse, Nutzungsstruktur und technische Daten in den Blick. Die Nutzung der KfW-Förderprogramme verbessert in fast allen Fällen die Wirtschaftlichkeit der Sanierungsmaßnahmen. Besonders das Programm „Energieeffizient Sanieren“ erweist sich gegenüber der Zuschussvariante als vorteilhaft. Die Förderfähigkeit ist allerdings daran geknüpft, dass ein höherer energetischer Standard erreicht wird. Die jüngste Aufstockung des Sanierungsprogramms der staatlichen Förderbank KfW um 200 Millionen auf jährlich zwei Milliarden Euro soll der Sanierungsquote im Bestand neuen Schwung verleihen. Denn hierin steckt großes Potenzial: Der größte Anteil der rund 40,8 Millionen Wohnungen in 19 Millionen Wohngebäuden in Deutschland wurde noch vor 1979 gebaut, als Wärmedämmung, Energiespar-Heizungen oder Passivhäuser kein Thema waren.

Noch nicht fit für die Energiewende?
Zu einem gemischten Fazit kommt die Deutsche Immobilien Akademie (DIA), die sich auf eine Studie der Steinbeis-Hochschule bezieht. Demnach ist insgesamt festzustellen, dass es durchaus einen beträchtlichen Bestand an Gebäuden gibt, bei denen sich eine Sanierung auf dem Stand der EnEV 2009 als wirtschaftlich erweist. Für den allerdings größeren Teil des Bestands, der schon mittel- oder größtenteils saniert ist, dürfte die Wirtschaftlichkeitsschwelle teilweise nicht einmal unter Nutzung der Fördermittel erreichbar sein. Eine klimapolitisch und zugleich wirtschaftlich verträgliche Lösung kann darin liegen, eine Kombination ausgewählter, geeigneter Energieeffizienzmaßnahmen vorzunehmen. Auch die Reihenfolge der Sanierung spielt eine Rolle, die sich idealerweise von außen nach innen vollzieht. Vergleichsweise kleine Stellschrauben bringen durchaus beachtliche Einspareffekte, wenn diese mit einem systematischen Monitoring verknüpft sind. Es muss nicht in jedem Fall gleich der Austausch der gesamten Heiztechnik sein, auch ein hydraulischer Abgleich, Korrekturen bei der Thermostateinstellung oder richtiges Lüften und Heizverhalten können die Energiebilanz im Bestand verbessern. Intelligente Messsysteme erzielen besonders in größeren Liegenschaften ein gutes Monitoring der Verbrauchsverläufe, um die Energieeffizienz zu optimieren. Nicht zuletzt ist bei der Abwägung Wirtschaftlichkeit versus Klimaschutz zu berücksichtigen, dass ein höherer Energiestandard als Instrument im Rahmen der Außenwirkung und Reputationsförderung zu Gunsten des Unternehmens wirkt. Die Unterstützung eines gesellschaftspolitischen wichtigen Ziels, wird aus guten Gründen auch für Bestandshalter zunehmend wichtiger.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von OMEGA Immobilien Gruppe
Erstveröffentlichung: The Property Post, Januar 2019

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