08.06.2016

Vom Wohnungsmarkt verdrängt

Sonderbehandlung für die junge Generation

Horst Lieder, Geschäftsführer, AUDERE EQUITY GmbH
Horst Lieder

Die Wohnraumfläche, die Studenten sich noch leisten können, wird immer kleiner. Dies ergab eine aktuelle Analyse von Savills Research. Studenten geben in der Regel 40 Prozent ihres Durchschnittseinkommens von 900 Euro im Monat für die Nettokaltmiete aus. Das Wohnungsangebot, das für Studenten damit noch in Frage kommt, schrumpft in einigen Städten dramatisch. Beispiel München: Die bezahlbare Wohnungsgröße sank von 31 Quadratmetern im Jahr 2000 auf 26 Quadratmeter im Jahr 2015. In Stuttgart können sich Studenten heute noch durchschnittlich 36 Quadratmeter leisten. Das Problem dabei: Bei diesen kleinen Wohnungsgrößen ist das Angebot extrem begrenzt. In Stuttgart sind nur neun Prozent aller Wohnungen kleiner als 40 Quadratmeter, im teuren München sind nur sechs Prozent des gesamten Wohnungsbestandes kleiner als 30 Quadratmeter. Eine bundesweite Betrachtung unterstreicht dieses Bild: Waren 2006 noch 1,7 Mio. Wohnungen für Studenten erschwinglich, sank diese Zahl bis heute auf 1,3 Mio. Wohnungen. Die Folge dieser Entwicklung ist, dass Studenten zunehmend vom freien Wohnungsmarkt verdrängt werden – zumal die „Versingelung“ der Großstädte mit mehr als 50 Prozent Single-Haushalten den Nachfragedruck auf das Segment des kleinteiligen Wohnraums dramatisch erhöht.

Hinzu kommt der seit zwei bis drei Jahren sehr stark wachsende Anteil internationaler Studenten. Deutschland mit einem international sehr angesehenen akademischen Ausbildungsangebot, ohne Studiengebühren, vergleichsweise günstigen Lebenshaltungskosten und zunehmend bilingualen Studiengängen rangiert aus internationaler Sicht bereits auf Platz drei nach den USA und dem Vereinigten Königreich. Derzeit liegt der Anteil der internationalen Studenten in Deutschland mit ca. 350.000 bei ca. 13 Prozent. Die Gesamtzahl und die Quote werden allerdings in den nächsten Jahren erheblich wachsen; von den rund 500.000 Studienanfängern pro Jahr sind bereits in den letzten beiden Wintersemstern jeweils rund 100.000 oder 20 Prozent internationaler Herkunft. Für diese Gruppe stehen vor allem Großstädte wie Berlin, München, Hamburg, Frankfurt und Köln, aber auch die traditionellen westdeutschen Universitätsstädte wie Freiburg, Bonn, Aachen und Heidelberg sowie auch über spezielle Studiengänge attraktive andere Universitätsstädte im Fokus.

Der Markt hat reagiert: In den vergangenen Jahren ist das Marktsegment für kleine – in der Regel möblierte – Studentenwohnungen mit All-In-Mieten entstanden. Die Mini-Apartments finden auch bei Investoren großen Anklang. Wie sollte die optimale Studentenwohnung aus Investorensicht also aussehen?

Um eine möglichst dauerhafte Vermietung sicherzustellen, sollte eine Studentenwohnung einige Kriterien erfüllen: Zum einen sollte sie zentral und möglichst nahe an der Universität oder Hochschule liegen. Dazu kommen Infrastrukturkriterien wie eine gute Verkehrsanbindung und die Verfügbarkeit einer schnellen Internet-Verbindung. Ferner sollte das Apartment mit Küche und Bad ausgestattet sein und über eine moderne, hochwertige Inneneinrichtung verfügen. Mitentscheidend ist ein auf die zunehmend internationaler geprägte Zielgruppe ausgerichtetes Betreiberkonzept, das auf die Anforderungen dieser Zielgruppe eingeht. Dies umfasst auch die Installation eines zumindest zweisprachigen Managements im Haus, was zu einer funktionierenden Gemeinschaft und damit auch zu geordneten Zuständen und Abläufen beiträgt. In letzter Konsequenz stellt dies auch geringere Instandhaltungsaufwendungen sicher.

Investoren sollten sich daneben auch mit der Langfrist-Perspektive des Standortes auseinandersetzen. Die meisten deutschen Universitätsstädte haben sehr gute Bevölkerungsprognosen. Weniger eindeutig ist die Situation jedoch in kleineren Städten, wo es beispielsweise nur eine kleinere Fachhochschule gibt. Hier sollten Investoren sehr genau analysieren, ob Studentenwohnungen an diesem Standort auch in zehn Jahren noch so attraktiv sein werden, dass sich dafür angemessene Preise erzielen lassen.

Die Nutzer-Zielgruppe der Studierenden weist einige Eigenschaften auf, die sie aus Investorensicht sehr interessant machen. So haben Studenten heute beispielsweise deutlich mehr Geld zur Verfügung als früher. Laut der 2013 veröffentlichten 20. Sozialerhebung der Studentenwerke, die sich auf den Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2012 bezieht, verfügen 26 Prozent der Studierenden über ein Einkommen von mehr als 1.000 Euro monatlich. Aktuell verfügen eher 30% der Studierenden über ein Budget von mtl. 1.000 Euro und mehr. Die wachsende Gruppe der internationalen Studenten verfügt in aller Regel über höhere Budgets.

Hinzu kommt die – verglichen mit anderen Mieterzielgruppen am Wohnungsmarkt – relativ kurze Verweildauer. Spätestens nach Ende des Studiums verlassen die Studenten in der Regel ihr Apartment. Aufgrund der dann jeweils anstehenden Neuvermietungen können relativ regelmäßig Mieterhöhungen entsprechend der von weiter zunehmenden Nachfragedruck geprägten Marktsituation vorgenommen werden. Ein weiterer Vorteil der Studentenwohnungen besteht darin, dass sie – gemessen an der Quadratmeterzahl – relativ klein sind, sodass vergleichsweise höhere Quadratmeterpreise gezahlt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die relativ hohe Mieterfluktuation auch mit einem entsprechend höheren Verwaltungsaufwand einhergeht.

Insgesamt gilt: Studentisches Wohnen ist bei den Investoren derzeit en vogue. Dies liegt nicht zuletzt an den sehr guten Rahmenparametern: Die Studentenzahlen werden auf Jahre hinaus sehr hoch sein, die Nachfrage nach Studentenwohnungen ist relativ konjunkturunabhängig. Ein weiterer Vorteil: Die Nachfrage nach kleinen Wohnungen ist in der Single-Gesellschaft generell sehr hoch. Sollten die Studentenzahlen irgendwann einmal doch wieder sinken, kann die Nachfrage durch andere Gruppen auf dem Wohnungsmarkt substituiert werden.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von International Campus AG
Erstveröffentlichung: Finanzwelt