31.05.2017

Von der Nische zum Trend

Investitionen in Logistikimmobilien stehen auch bei Nutzern im Fokus

Kuno Neumeier, Geschäftsführer, Logivest GmbH
Kuno Neumeier

Während 2010 lediglich rund eine Milliarde Euro in Deutschland in Logistikimmobilien investiert wurde, beträgt das Transaktionsvolumen in dieser Asset-Klasse seit 2014 mehr als vier Milliarden Euro. Und der jährliche Aufwärtstrend hält an: 2016 flossen insgesamt 4,6 Milliarden Euro, 600 Millionen mehr als im Jahr 2015, in das Logistikimmobiliensegment. Entsprechend knapp ist das Angebot mittlerweile, vor allem innerhalb der Top-Standorte Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart und München. Im Laufe des aktuellen Jahres wird der Markt vermutlich noch enger. Das günstige Zinsumfeld führt bei Nutzern dazu, vermehrt selbst in Logistikimmobilien zu investieren.

Das Kapital fließt, allerdings nicht so, wie es fließen könnte. Das ist die Bilanz für das erste Quartal 2017 auf dem Transaktionsmarkt für Logistikimmobilien. Grund dafür ist in erster Linie das fehlende Angebot. Das Jahr 2016 zeigte mit 247 erfassten Baustarts und rund 3,3 Millionen neu entstandener Logistikfläche ein stabil hohes Neubauvolumen. An das Vorjahr 2015 mit 251 Baustarts und ca. 3,9 Millionen Neubauvolumen reichte diese Dynamik jedoch nicht heran. Die leicht rückläufige Flächenentwicklung liegt vor allem an der Größe der realisierten Objekte. Während im Jahr 2015 eine ganze Reihe an Logistikimmobilien mit mehr als 100.000 Quadratmeter Fläche realisiert wurden, gab es in 2016 lediglich eine Ansiedlung mit vergleichbarer Größe.

Die Anzahl der Marktteilnehmer steigt

Neben den bekannten Investoren wie Fonds oder Versicherungen entdecken seit einiger Zeit auch Logistikimmobiliennutzer, welche Vorteile eine Investition in diese Asset-Klasse bietet. Denn in vielen Unternehmen ist Geld vorhanden, das aufgrund niedriger Zinsen nicht effektiv angelegt werden kann. Hinzu kommt die internationale Rechnungslegung, nach der auch gemietete Logistikimmobilien in der Bilanz aktiviert werden müssen. Ihre Abschreibung wirkt sich damit direkt auf den Unternehmenserfolg aus.

Logistikimmobiliennutzer können aufgrund der günstigen Zinslage aktuell Investitionen in Logistikimmobilien tätigen, die vor fünf bis zehn Jahren bei gleicher wirtschaftlicher Lage nicht umsetzbar gewesen wären. So lassen sich nicht nur neue Standorte, sondern auch zusätzliches Geschäft erschließen. Je nach Lage kann die monatliche Zinsbelastung inklusive Tilgungsrate für eine eigene Logistikimmobilie dann auch günstiger gegenüber einer Mietzahlung ausfallen. Vorteil gegenüber der Mietlösung ist auch die langfristige Absicherung strategisch wichtiger Standorte, unabhängig von Mietlaufzeiten.

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Unternehmen erwerben zunehmend Logistikobjekte, statt diese zu mieten; Quelle: Logivest GmbH 

Drittverwendungsfähigkeit im Auge behalten

Wer selbst baut, kann die Logistikimmobilie optimal an den eigenen Bedürfnissen ausrichten und die Konfiguration der eigenen Immobilie flexibel gestalten. Diese Freiheit ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Je spezieller das Objekt konzipiert wird, desto schwerer gestaltet sich eine spätere Vermarktung, sei es durch einen Verkauf oder die Vermietung an Dritte. Dementsprechend sollte die Logistikimmobilie die Voraussetzungen der Drittverwendungsfähigkeit erfüllen. Ebenerdigkeit möglichst ohne Zwischengeschosse, eine Hallenhöhe von mindestens zehn Metern, ein Tor pro 1.000 Quadratmeter Fläche, mindestens 35 Meter Rangierabstand für 40-Tonner und etwa 5-10 Prozent der Lagerfläche für den Büro- und Sozialflächenbedarf sind hier als Mindestanforderungen zu nennen. Immobilien, die eine zu niedrige Hallenhöhe oder zu geringe Bodenbelastung aufweisen sind keine Seltenheit und können das Nachvermietungspotenzial deutlich senken. Häufig wird auch mehr als die Hälfte der Grundstücksfläche bebaut, wodurch dem Nutzer letztendlich ausreichend Abstell- und Rangierfläche im Außenbereich fehlt.

Standortbindung als Risikofaktor

Bei der Investition in eine eigene Logistikimmobilie gilt es für Unternehmen zu bedenken, dass neben den reinen Gebäudekosten auch Ausgaben für eine entsprechende Innenausstattung wie Regalsysteme oder Fördertechnik anfallen. Es sollte also genug Eigenkapital vorgehalten werden. Klar sollte in diesem Zusammenhang auch sein, dass ein großer Teil der finanziellen Mittel fest gebunden wird und für Investitionen etwa in moderne IT-Strukturen oder in Elektromobilität nicht ad hoc zur Verfügung steht. Auch die Bindung an einen Standort kann sich im Nachgang als unglückliche Wahl entpuppen. Insbesondere dann, wenn das dort abgewickelte Geschäft wegbricht oder das Umfeld durch fehlende Infrastrukturmaßnahmen an Standortqualität und -attraktivität verliert.

Spezialwissen ist gefragt

Geeignet ist das Modell des Nutzer-Eigentümers sowohl für kleine, mittelständische als auch große Unternehmen. Wichtig ist dabei allerdings, interne oder externe Experten mit dem Projekt zu betrauen. Diese sollten ein umfassendes Wissen über logistische Prozesse mitbringen und die einzelnen Logistikstandorte mit ihren spezifischen Stärken und Schwächen genau kennen. Ein häufiger Fehler ist beispielsweise die Erweiterung einer bestehenden Immobilie, obwohl ein neu entwickeltes Logistikobjekt – unter Umständen auch an einem neuen Standort – deutlich besser zu den logistischen Prozessen des Unternehmens gepasst hätte. Auch die Auswahl eines zu kleinen Grundstückes mit fehlenden Expansionsmöglichkeiten oder die Wahl eines Standortes, an dem kein 3-Schicht-Betrieb möglich ist, können sich im Nachgang als die falsche unternehmerische Entscheidung entpuppen.

Wird die falsche Lage gewählt, gefährdet das den langfristigen Erfolg des Nutzers. Denn nicht jeder Standort ist für jedes Geschäft geeignet. Je nachdem welche Logistikleistung in der Logistikimmobilie erbracht werden soll, sind die einzelnen Standortfaktoren wie die Entfernung zur Autobahn, die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr oder die Arbeitskräfteverfügbarkeit unterschiedlich zu bewerten. Ein Speditionsumschlagslager beispielsweise muss zum einen in Autobahnnähe liegen und andererseits – wenn man vom Streckennetz ausgeht – optimal für Zustellungsort und -zeit angesiedelt sein. Eine erste Bewertung und die bessere Vergleichbarkeit von Standorten leistet seit 2015 die Ansiedlungsplattform Gewerbegebiete.de. Durch die Bereitstellung von infrastrukturellen, wirtschaftlichen und auch sozioökonomischen Daten erhalten Nutzer eine optimale Entscheidungsgrundlage für ihre Standortentscheidung.

Gewinnerzielung durch Immobilieninvestments

Einige Nutzer gehen sogar noch einen Schritt weiter und verkaufen die in Eigenregie entwickelten Logistikimmobilien anschließend an einen Investor. So können sie den Gewinn, der sonst in die Tasche des Entwicklers landet, selbst realisieren. Im Rahmen des Sale-and-lease-back Verfahrens, dem Rückmietverkauf der eigenen Immobilie, wird die Immobilie dann im Moment des Verkaufs gleichzeitig für in der Regel 10-15 Jahre zurückgemietet. Auch Bestandsimmobilien kommen für das Modell infrage. Für Investoren sind vor allem die Attraktivität des Standorts, die Substanz der Immobilie, die nachhaltige Bauweise und die Drittverwendungsfähigkeit von Bedeutung.

Voraussetzung hierfür ist der Aufbau einer umfassenden Immobilien-Kompetenz im eigenen Haus, was ein zeit- und kostenintensives Unterfangen darstellt. Denn bei der Vertragsgestaltung gibt es eine Reihe von Optionen, die jeweils individuell nach dem Bedarf des Nutzers verhandelt werden sollten. An dieser Stelle benötigt es erfahrene Berater, die bereits zahlreiche solcher Geschäfte begleitet haben und somit die Gestaltungsmöglichkeiten genau kennen.

Der Markt bleibt dynamisch

Ob Erwerb, Sale-and-lease-back oder die klassische Anmietung einer Logistikimmobilie, entscheidet letztlich die individuelle Strategie des Nutzers. Dabei gilt es abzuwägen, auf welcher unternehmerischen Kernkompetenz der Fokus liegen soll und inwieweit sich ein Aufbau weiterer Kompetenzfelder lohnt. Sind die entsprechenden Ressourcen dafür im Unternehmen vorhanden, ist die Eigeninvestition in Logistikimmobilien bei der aktuellen Kapitalmarktlage in jedem Fall interessant.

Sicher ist, dass die Nachfrage nach Logistikimmobilien weiter steigen wird. Tendenziell kann in 2017 von einem neuen Rekordwert – was das Transaktionsvolumen von Logistikimmobilien betrifft – ausgegangen werden. Dieser dürfte lediglich aufgrund von Flächenrestriktionen einzelner Gemeinden oder Städten sowie dem allgemein fehlenden Angebot zu erreichen sein. Denn Kapital ist mehr denn je vorhanden und das Zinsniveau bleibt auf absehbare Zeit weiter niedrig.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Logivest GmbH
Erstveröffentlichung: LTmanager, März 2017

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