03.06.2019

Zweiklassengesellschaft bei Fonds

Die Renditen von offenen Immobilienfonds

Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung, IREBS International Real Estate Business School
Prof. Dr. Steffen Sebastian

Betrachtet man die Renditen von offenen Immobilienfonds für institutionelle Investoren und von offenen Immobilienfonds für Privatanleger, könnte man meinen, dass die besseren Immobilien für institutionelle Fonds reserviert sind und den privaten nur die schlechteren Objekte bleiben. Die Renditeunterschiede sind beträchtlich: Die offenen Immobilien-Spezialfonds, haben laut Finanzdienstleister MSCI in den letzten fünf Jahren eine durchschnittliche Rendite (Total Return) von 4,5 Prozent jährlich erzielt. Betrachtet man innerhalb dieser Gruppe nur die Deutschlandfonds, sind es sogar 6,2 Prozent im Jahr.

Ein deutlich anderes Bild bieten dagegen die offenen Immobilien-Publikumsfonds, in die Privatanleger investieren können: Betrachtet man hier die Renditen der letzten fünf Jahre, erzielte das Gros der Fonds zwischen zwei und drei Prozent pro Jahr. Laut MSCI lag der durchschnittliche Total Return in den letzten fünf Jahren mit 1,9 Prozent per anno sogar noch niedriger. Das bedeutet: Die Renditen von Spezialfonds liegen um mehr als 200 Basispunkte über denen der Publikumsfonds. Allerdings gibt es im Immobilienfondsgeschäft keine Zweiklassengesellschaft, in der nur professionelle Anleger Zugang zu guten Immobilien haben. Die wirklichen Gründe für den Renditeunterschied liegen woanders.

Eine der Hauptursachen ist, dass die Publikumsfonds im Vergleich deutlich stärker reguliert sind. Die Intention des Gesetzgebers war es dabei, ein wirkliches Core-Produkt zu schaffen, das auch Privatanleger ohne große Expertise für ihre Altersvorsorge nutzen können. Die Regulierung der Spezialfonds ist im Vergleich dazu flexibler. Das Kalkül des Gesetzgebers hierbei war, dass es sich bei den Anlegern selbst um Profis handelt, die genau wissen, welche Risiken sie eingehen.

Publikumsfonds dürfen nur 30 Prozent Fremdkapital einsetzen – schöpfen diesen Spielraum aber nicht aus

Der Unterschied in der Regulierung zeigt sich zum einen beim Thema Fremdkapital. Während die Spezial-AIF mit Kreditquoten von bis zu 50 Prozent operieren können – und diesen Spielraum auch nutzen – liegt die Grenze bei den Publikumsfonds bei maximal 30 Prozent. Und selbst diese Möglichkeit schöpfen die Fonds bei Weitem nicht aus. Die durchschnittliche Kreditquote der Fonds ist 2018 nochmals um 0,4 Prozentpunkte auf nun 13,6 Prozent gefallen. Unterm Strich heißt das: Die Fonds für Privatanleger nutzen den Leverage-Effekt, mit dem sich die Rendite steigern ließe, so gut wie gar nicht aus.

Über ein Fünftel des Fondsvermögens steckt in liquiden Mitteln

Auch beim Thema Liquidität gibt es regulatorische Unterschiede. Da bei den offenen Immobilien-Spezialfonds keine kontinuierliche Rückgabe der Anteilscheine vorgesehen ist, dürfen diese die Liquidität auf das Notwendigste herunterfahren. Es reicht aus, wenn sie die Mittel vorhalten, die zum operativen Betrieb der Immobilien benötigt werden. Die Publikumsfonds hingegen müssen eine Mindestliquidität von fünf Prozent für die Rückgabe von Anteilscheinen vorhalten. De facto horten die Fonds aber sehr viel höhere Liquiditätspolster. Laut Scope Ratings lag der Durchschnitt im Jahr 2018 bei 21 Prozent, im Jahr 2017 sogar bei 22 Prozent.

Es gibt im Wesentlichen folgende Gründe für die hohen Quoten: Die sehr hohen Mittelzuflüsse und die Tatsache, dass die Fonds es nicht schnell genug schaffen, genügend geeignete Immobilien anzukaufen. Wesentliche Ursache ist aber, dass Publikumsfonds grundsätzlich einen höheren Liquiditätsbedarf haben. Im Zuge der großen Fondskrise 2008 reichten bei zahlreichen Fonds die liquiden Mittel nicht aus, um die Rückgabewünsche zu bedienen. Die Fonds mussten geschlossen und später abgewickelt werden. Seit dieser Erfahrung fühlen sich die Fondsmanager mit höheren Liquiditätspolstern wohl.

Mit der hohen Liquidität ist allerdings ein entscheidender Nachteil verbunden. Sie verwässert die Rendite der Immobilien. Beispielsweise lagen die Mietrenditen der Publikumsfonds laut Scope Ratings in den letzten Jahren zwischen 4,0 Prozent und 5,0 Prozent, hinzu kam eine jeweils positive Wertänderung. Diese an sich guten Ergebnisse wurden jedoch durch die rund 20 Prozent Liquidität, die derzeit quasi keine Rendite bringen, nach unten gezogen.

Nur 15 Prozent Projektentwicklungen

Eine weitere regulatorische Vorgabe für Publikumsfonds ist die Einschränkung von Investitionen in Projektentwicklungen. Sie dürfen maximal zu 15 Prozent in Projektentwicklungen investieren. Spezialfonds haben auch hier mehr Freiheit und können bis zu 100 Prozent in Developments investieren. Dies ist natürlich riskanter, bringt aber auch mehr Rendite. Grade in Zeiten mit hohen Preisen für Bestandsimmobilien – so wie aktuell – sind Projektentwicklungen eine interessante und renditeträchtigere Alternative für Immobilienfonds.

Der klassische Publikumsfonds weist keine Spezialisierung nach Assetklassen auf

Neben den genannten regulatorischen Vorgaben gibt es noch einen weiteren Grund, warum Immobilien-Spezialfonds besser performen – nämlich das Thema Spezialisierung. Die großen Publikumsfonds enthalten in der Regel eine bunte Mischung an Assetklassen und Ländern. Häufig liegt der Büroanteil bei rund 60 Prozent, hinzu kommt rund 25 Prozent Einzelhandel sowie Beimischungen in den Bereichen Wohnen und Logistik.

Im Spezialfonds-Segment beobachten wir hingegen einen Trend zu Fonds, die sich auf eine Nutzungsart spezialisieren. Vor allem Fonds, die sich auf Nischen spezialisieren, erreichen derzeit höhere Renditen. Beispiele sind Logistik-, Healthcare- oder Hotelimmobilienfonds. Allerdings darf hierbei nicht vergessen werden, dass diese Nischenprodukte auch riskanter sind. Der klassische gemischte Publikumsfonds erzielt zwar niedrigere Renditen – im Gegenzug hat er aber auch eine sehr hohe Diversifikation, die das Risiko senkt.

Allerdings gibt es zwischenzeitlich auch im Publikumsfondsbereich erste Tendenzen hin zu mehr Spezialisierung. So wurden beispielsweise mit dem Wertgrund Wohnselect D (ISIN: DE000A1CUAY0) und dem Fokus Wohnen Deutschland Fonds (ISIN: DE000A12BSB8) aufgelegt, die ausschließlich in deutsche Wohnimmobilien investieren. Derzeit ist davon auszugehen, dass noch weitere Anbieter versuchen werden, spezialisierte Fonds auf den Markt bringen. Ob das funktioniert und überhaupt sinnvoll ist, sei dahingestellt.

Publikumsfonds sind in der Administration aufwendiger

Neben den genannten Gründen gibt es zudem noch bestimmte administrative Vorgaben, die dazu führen, dass die Kosten bei Publikumsfonds höher sind. So muss beim Publikumsfonds der Anteilspreis täglich ermittelt werden. Das bedeutet, dass jeden Tag eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie eine Bilanz aufgestellt und veröffentlicht werden muss. Auch die Bewertungskosten, die die Fonds tragen müssen, sind im Publikumssegment höher. Dort müssen alle Immobilien quartalsweise bewertet werden, bei Spezialfonds dagegen nur einmal im Jahr.

Ein weiterer wichtiger Grund für den Performance-Unterschied sind die Fondsgebühren. Bei den Publikumsfonds rangiert die Verwaltungsvergütung grob zwischen 0,8 und 1,5 Prozent des Nettofondsvermögens pro Jahr, von dem ein Großteil dem Vertrieb zufließt. Angesichts der Höhe der oben genannten Renditen sind die Gebühren als Kostenfaktor nicht zu vernachlässigen. Bei den Spezialfonds für institutionelle Investoren sind die Gebühren in der Regel deutlich niedriger. Diese Anlegergruppe akzeptiert keine hohen laufenden Gebühren. Die Gebühren verteilen sich üblicherweise auf zwei Komponenten – auf eine niedrige laufende Vergütung und eine höhere erfolgsabhängige Vergütung.    

Luft nach oben bei Publikumsfonds

Ein Großteil des Renditeunterschieds zwischen Publikums- und Spezialfonds ist schlicht auf die strengere Regulierung der Publikumsfonds, aber auch auf Angst vor einer erneuten Liquiditätskrise zurückzuführen. Sie nutzen zum einen in einem geringeren Maß und halten viel mehr Liquidität vor als vorgeschrieben, obwohl den Fonds im Falle von großen Anteilscheinrückgaben durch die neuen Mindesthalte- und Kündigungsfristen viel mehr Zeit bleibt, sich auf Rückgaben vorzubereiten. Hier muss die kritische Frage erlaubt sein, ob in Anbetracht der neuen Regulierung nicht deutlich weniger Liquidität ausreichen würde.

Auch sollten – nicht zuletzt vom Regulator – kurzfristige Kreditlinien viel stärker als gleichwertige Liquidität verstanden werden. Unterm Strich sollten sich die Fondsmanager von Publikumsfonds fragen, ob sie nicht zugunsten von etwas mehr Rendite von ihrer ultravorsichtigen Linie der letzten Jahre abweichen sollten. Zur Senkung der Fondskosten sollte zudem verstärkt über kostengünstigere Vertriebswege nachgedacht werden. Es ist damit zu rechnen, dass neue Anbieter genau an dieser Schwachstelle mit digitalen Lösungen angreifen werden.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von IREBS-Instituts für Immobilienwirtschaft
Erstveröffentlichung: Das Investment, Mai 2019

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