09.03.2021

Architekten und Fondsmanager

Unterschiedliche Perspektiven verbinden

Arnaud Ahlborn, Geschäftsführer, INDUSTRIA WOHNEN GmbH
Arnaud Ahlborn

Seit dem Ausscheiden von Klaus Niewöhner-Pape aus der Geschäftsführung der INDUSTRIA WOHNEN Ende Februar ist Arnaud Ahlborn eines der beiden Gesichter des Unternehmens nach außen. Anlass genug mit ihm über die Pläne für das Unternehmen, die Frage, was gute Architektur ausmacht, und die verschiedenen Perspektiven von Architekten und Fondsmanagern zu sprechen. 
 
TPP: Herr Ahlborn, Sie sind von Ihrer Ausbildung her Architekt. Bringen Sie eine andere Perspektive auf Immobilien mit als der klassische Fondsmanager, der vielleicht BWL oder VWL studiert hat?
Ahlborn: In meiner Wahrnehmung sind Fondsmanager oft einseitig auf die Zahlen und Performance fokussiert. Wir bei der INDUSTRIA WOHNEN haben hingegen viele Architekten unter unseren Mitarbeitern. Mir ist es ein Anliegen, die beiden Perspektiven, die oft deutlich auseinanderfallen, zu verbinden. Die Fondsmanager denken oft, die Architekten hätten die Baukosten nicht im Griff. Die Architekten wiederum sind der Meinung, dass die Fondsmanager mit ihren Kostenvorgaben eine hochwertige Architektur unmöglich machen. Nur wenn man beides verbindet, erreicht man ein Ergebnis, das die Ansprüche aller Stakeholder – Investoren, Mieter, Nachbarn, Passanten – berücksichtigt. Außerdem bin ich überzeugt, dass eine Integration von qualitativ hochwertiger Architektur auch zur Wertsteigerung der Immobilie beiträgt.

TPP: INDUSTRIA WOHNEN hat relativ früh auf gefördertes Wohnen gesetzt und mit seinen Fonds in das Segment investiert. Wie kam es dazu?
Ahlborn: Diese Entwicklung wurde aus zwei Richtungen befördert. Zum einen sind wir inhouse zu der Überzeugung gekommen, dass bezahlbares Wohnen eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen ist. Wenn Normalverdiener in den Metropolen keine bezahlbaren Mietwohnungen mehr finden, dann ist das ein gesellschaftliches Problem. Parallel dazu hat sich die Haltung der institutionellen Anleger verändert. Dieser Gruppe ist Nachhaltigkeit – und das inkludiert soziale Nachhaltigkeit – immer wichtiger. Wir haben im Jahr 2019 angefangen, uns intensiv damit zu beschäftigen. Heute haben wir 3,6 Mrd. Euro Assets under Management, in ca. 25 Prozent der Projekte realisieren wir anteilig geförderten Wohnungsbau. Durch unser Engagement ist mittlerweile auch die Politik auf uns aufmerksam geworden. Sie sucht den Austausch mit uns und hat großes Interesse an unseren Erfahrungen.

TPP: Damit haben Sie indirekt das Megathema ESG angesprochen, das die gesamte Immobilienbranche gerade beschäftigt. Wie setzt INDUSTRIA WOHNEN das Thema um?
Ahlborn: In der Vergangenheit haben wir unsere eigene Definition von Nachhaltigkeit bzw. ESG gemacht. Das wird aber künftig nicht mehr ausreichend sein. Außerdem ist es auch nicht praktikabel, wenn jeder Asset Manager in Europa seine eigene Definition von ESG erarbeitet. Daher haben wir uns der europäischen Initiative ECORE angeschlossen. In diesem Rahmen entwickeln rund 40 Bestandshalter sowie die Verbände ZIA und BVI einen belastbaren und marktfähigen Branchenstandard zur Messung der Nachhaltigkeitsperformance von Immobilien und Portfolios.  

TPP: Welche Pläne und Ziele verfolgt INDUSTRIA WOHNEN im weiteren Verlauf des Jahres 2021?
Ahlborn: Bei den Ankäufen gehe ich von einem Volumen aus, das in etwa auf dem Level des Vorjahres liegt. Wir haben 2020 Objekte in Höhe von 580 Mio. Euro angekauft.
Für unseren 2020 aufgelegten, aktuell in der Eigenkapitalplatzierung befindlichen offenen Spezialfonds „Wohnen Deutschland VII“, stehen weitere Akquisitionen an. Das  Investitionsziel sind energieeffiziente und soziale Wohnprojekte. Das geplante Fondsvolumen liegt bei mindestens 500 Mio. Euro. Innerhalb der nächsten Monate wird der Fonds bereits zur Hälfte in Neubauprojekte investiert sein.
Schließlich soll auch unser Publikumsfonds, der FOKUS WOHNEN DEUTSCHLAND, deutlich weiterwachsen. Der Fonds weist derzeit ein Gesamtinvestitionsvolumen von 682 Mio. Euro auf. Aufgrund der positiven Entwicklung und der guten Mittelzuflüsse planen wir, bis zum Ende des Jahres weitere Ankäufe in Höhe von etwa 200 Mio. Euro zu tätigen.


TPP: Herr Ahlborn, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INDUSTRIA WOHNEN
Erstveröffentlichung: TPP, März 2021

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