30.08.2017

Neue Standards entwickeln

Chancen der Digitalsierung nutzen

Jens Wilhelm, Vorstand Portfoliomanagement, Immobilien und Infrastruktur, Union Asset Management Holding AG
Jens Wilhelm

Jens Wilhelm, Vorstandsmitglied der Union Asset Management Holding AG, will die Chancen der Digitalisierung offensiv nutzen. Im Interview erläutert er, warum der Immobilienbereich hier eine besondere Rolle einnimmt.

Sie führen einen der größten Immobilien-Investment Manager in Europa. Mit welcher Strategie gestalten Sie die Digitalisierung?

Jens Wilhelm: Der Megatrend Digitalisierung ist nicht nur ein Thema für unseren Geschäftsbereich Immobilien, sondern für die gesamte Union Investment Gruppe. Gemeinsam haben wir bereits Mitte 2015 das Projekt „Digitaler Asset Manager 2020“ gestartet und uns damit große Ziele gesetzt. Wir wollen vorausschauend handeln und Chancen, die sich uns bieten, so früh wie möglich ergreifen. In dieser aktiven Rolle verstehen wir uns auch als Impulsgeber für Partner der Branche, zu denen auch junge und innovative Start-up-Unternehmen gehören. Es geht in der aktuellen Phase vor allem darum, zukunftsfähige Arbeitsabläufe für die Immobilienwirtschaft von morgen zu entwickeln.

In welche Richtungen gehen Sie dabei mit Ihrer Strategie?

Jens Wilhelm: Zunächst einmal beginnen wir ja nicht bei null. Die Automatisierung von Kernprozessen unseres Geschäftsmodells wurde schon vor Jahren angestoßen. Diese werden wir konsequent fortsetzen, um Effizienz und Qualität der Prozesse weiter zu erhöhen. Darüber hinaus sehen wir für die gesamte Immobilienwirtschaft noch viel Potenzial in der Sammlung und Auswertung von Daten im Rahmen von Big Data Analysen und Smart Analytics. Davon könnte zum Beispiel das Fondsmanagement erheblich profitieren. Strategisch ist es bedeutend, Digitalisierung als ganzheitliche Aufgabe entlang der immobilienwirtschaftlichen Wertschöpfungskette zu verstehen. Nur wer das große Ganze sieht, kann sein Geschäftsmodell tatsächlich optimieren und erweitern.

Ein Anlass für unser Gespräch ist Ihre im Sommer 2016 beschlossene Zusammenarbeit mit dem German Tech Entrepreneurship Center GTEC. Wie muss man sich diese Kooperation konkret vorstellen?

Jens Wilhelm: Damit wir das Potenzial neuer Ideen zur Digitalisierung unseres Geschäfts einschätzen können, möchten wir diese Ideen in einem möglichst frühen Stadium kennenlernen. Die Plattform von GTEC bietet uns dazu optimale Bedingungen. Dabei möchten wir auch auf junge Unternehmen zugehen, um sie gegebenenfalls mit unserer Expertise in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Das ist die Grundidee der Kooperation.

Mit dem PropTech Innovation Award haben sie gerade das erste gemeinsame Projekt initiiert. Wie kam es dazu?

Jens Wilhelm: Mit dem Award schaffen wir gemeinsam einen Anreiz für junge Unternehmen, ihre Geschäftsidee für die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft zu präsentieren und von einer fachkundigen, neutralen Jury bewerten zu lassen. Neben dem Ideenwettbewerb, der die Sieger mit 35.000 Euro belohnt, geht es uns darum, aufstrebenden Start-ups eine öffentliche Bühne zu bieten. Die Idee kam uns, weil die meisten PropTech-Unternehmen in Europa aus Berlin kommen und GTEC dort bestens vernetzt ist. Gleichzeitig ist der PropTech Innovation Award aber ein internationaler Wettbewerb, und diese Dimension ist uns sehr wichtig, weil die Immobilienbranche global denkt.

Welche Vorteile erwarten Sie für Union Investment von dem Wettbewerb?

Jens Wilhelm: Die Weiterentwicklung der Immobilienwirtschaft ist ein großer, öffentlicher Diskurs. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit verschiedenen Partnern, Impulse für diesen Diskurs zu geben und nach Möglichkeit neue Standards für die Branche zu etablieren, von denen dann alle profitieren. Durch aktives Mitgestalten erwarten wir uns Einblicke in spannende Ideen und Optionen für nützliche Kooperationen.

Welche weiteren Impulse darf die Branche denn von Ihnen erwarten?

Jens Wilhelm: Wir suchen als Förderer und Unterstützer verschiedener Formate den Austausch mit der PropTech Szene und wollen damit Brücken schlagen zwischen den digitalen Innovatoren und der etablierten, einflussreichen Real Estate Economy. So fördern wir beispielsweise in Frankfurt die Veranstaltung „PropTech meets Business“. Dort stellen junge Unternehmen ihre Konzepte vor und erhalten von hochrangigen Vertretern der Immobilienwirtschaft direkte Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge aus der Praxis. Schließlich ist nicht alles, was auf dem Papier gut klingt, ohne Weiteres umsetzbar. Auch der ZIA Innovationskongress Mitte November in Berlin wurde von Union Investment unterstützt, weil wir solche Plattformen als sehr anregend erleben.

Und an welchen Digitalisierungsprojekten arbeitet Union Investment selbst?

Jens Wilhelm: Als großer Asset Manager konzentrieren wir uns zurzeit darauf, in verschiedenen Bereichen neue Prozessstandards für die Zukunft zu definieren. Diesen Vorgang gestalten wir unter anderem mit einem Team von Innovationsmanagern. In unseren Projekten beschäftigen wir uns zum Beispiel mit der möglichen Umsetzung von BIM-Modellen (Building Information Modeling) und sammeln dazu Erkenntnisse in Pilotprojekten. BIM ist in Großbritannien und den Niederlanden schon recht weit verbreitet und steht in Deutschland noch am Anfang.

Mit BIM nennen Sie ein Beispiel der größeren PropTech-Bewegung, die wir in diesem Jahr mit einer neuen immobilienmanager Award-Kategorie würdigen. Sehen Sie Union Investment als einen Geburtshelfer der PropTech-Szene?

Jens Wilhelm: Nein, so weit würde ich nicht gehen. Aber als etablierte Größe auf dem Immobilienmarkt haben wir wie viele andere auch die Verantwortung, die Zukunft dieser Branche zu gestalten. Dazu können im offenen Austausch spannende wechselseitige Anregungen entstehen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Union Investment Holding AG / Immobilien Manager Verlag IMV GmbH & Co. KG
Erstveröffentlichung: Immobilienmanager extra "Digitalisierung", Dezember 2016

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