16.03.2016

Themen und Trends - MIPIM 2016

Themen und Trends der europäischen Immobilienwirtschaft auf der MIPIM 2016 - Interview mit Dr. Andreas Mattner

Dr. Andreas Mattner, Geschäftsführer ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG und Präsident des ZIA, ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Dr. Andreas Mattner

Herr Dr. Mattner, die MIPIM in Cannes ist immer auch ein Stimmungsindikator für die Lage der Immobilienwirtschaft in Europa. Wie ist die Stimmung in diesem Jahr? Welche Themen und Trends prägen Ihre Gespräche auf der Messe?
Die Stimmung ist generell gut. Sämtliche Marktteilnehmer sind sich einig, dass der deutsche Immobilienmarkt nach wie vor ein erhebliches Potenzial für weitere Engagements bietet. Deutschland gilt – auch das wird bei der MIPIM deutlich – als attraktive Destination in Europa, aber auch weltweit. Zahlreiche internationale Investoren wollen ihre Bemühungen in Deutschland verstärken. Für uns steht bei der MIPIM in erster Linie die bezahlbare Stadtentwicklung im Vordergrund. Wir haben insgesamt fünf erfolgreiche Veranstaltungen bei der Messe mit Teilnehmern aus der Politik und Immobilienwirtschaft durchgeführt. Wie können wir die Potenziale der angespannten deutschen Immobilienmärkte vollständig nutzen? Wie muss bezahlbare Stadtentwicklung aussehen? Und welche Aufgaben müssen die Immobilienwirtschaft und Politik wahrnehmen. Dabei sprechen wir natürlich auch über unsere Erfahrungen im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen sowie über den Klimaschutz. Ein weiteres Thema, das vielen Marktteilnehmern am Herzen liegt, ist die Zuwanderung durch Hilfesuchende aus Kriegsgebieten und wie die Immobilienwirtschaft darauf adäquat reagieren kann. Auch dabei ist der ZIA als Gesprächspartner, Ideengeber und Lösungsentwickler bei der MIPIM, aber natürlich auch in unserem Berliner und Brüsseler „Alltag“ gefordert.

In den vergangen Jahren galt Deutschland vielen ausländischen Investoren oftmals als "sicherer Hafen" in einem von Krisen bestimmten Umfeld. Das hat auch einen großen Teil zu den jüngsten Preisanstieg an den deutschen Immobilienmärkten beigetragen. Ist Deutschland heute immer noch attraktiv für ausländische Investoren oder wenden sich diese inzwischen wieder mehr anderen Märkten zu?
Deutschland ist und bleibt der sichere Hafen für Investoren, viele wollen ihr Engagement in den kommenden Jahren sogar ausbauen. Ich sehe aber auch, dass gewisse Unsicherheiten bei den Akteuren hinsichtlich politischer Entwicklungen hierzulande bestehen. Wir müssen also dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen attraktiv bleiben – sowohl im Wohn- als auch Wirtschaftsimmobiliensegment. Unsere Städte müssen ganzheitlich wachsen, das wird in der aktuellen öffentlichen Diskussion über unsere Immobilienmärkte gern außer Acht gelassen. Wir brauchen alle Nutzungsarten, wenn wir die wirtschaftliche Stärke unserer Ballungsräume nicht gefährden wollen.

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen, mit denen sich Immobilienunternehmen in Deutschland aktuell konfrontiert sehen?
Derzeit gibt es eine Menge Herausforderungen, die insbesondere von der Immobilienwirtschaft Lösungen und Ideen verlangen. Sei es die Migration, Klimaschutz oder die alternde Bevölkerung. Bei all diesen Themen müssen wir gemeinsam anpacken. Um die Flüchtlingssituation zu meistern, muss bezahlbares Bauen, Wohnen, Arbeiten und Versorgen oberste Priorität haben. Wir müssen aus diesem Grund in den Innenstädten verdichteter bauen dürfen. Das Bundesbauministerium stützt unseren Kurs inzwischen auch und hat bis Ende des Jahres die Einführung des neuen Baugebietstypen „urbanes Gebiet“ angekündigt. Darüber hinaus müssen aber auch die veralteten Auflagen der TA Lärm und des Bundes-Immissionsschutzgesetzes dringend in Frage gestellt werden.
Die Schaffung von altersgerechtem Lebensraum im Zuge der demographischen Entwicklung in unserem Land ist ebenfalls ein enorm wichtiges Thema. Hierzu haben wir mit unserer „Plattform Wohnen“ die Initiative WohnenPlus ins Leben gerufen mit dem Ziel, ein Netzwerk zur Kooperation verschiedener Akteure in den Bereichen Pflege und Dienstleistungen im Alter zu schaffen. Eine systematische Zusammenarbeit von Staat, Sozial-, Gesundheits- und Immobilienwirtschaft sowie Ehrenamt und deutschem Stiftungswesen ist bei diesem Thema zwingend erforderlich.

Im vergangenen Jahr gab es erhebliche Konsolidierungstendenzen am Markt der börsennotierten Wohnungsunternehmen in Deutschland. Erwarten Sie Ähnliches in absehbarer Zeit auch bei Gewerbeimmobilien?
Wohin Deutschlands Wirtschaftsimmobilienmarkt in den nächsten Jahren wachsen wird, können wir heute noch nicht sagen. Sicher werden wir aber beobachten können, dass die Branche – börsennotiert oder nicht – weiter wachsen wird, sowohl durch neue Markteintritte als auch den Ausbau des eigenen Geschäfts. Das wird auch zwingend notwendig sein, damit die angespannten Märkte der stark nachgefragten Universitäts- und Großstädte sowie Metropolregionen nicht nur Wohn-, sondern auch Lebensraum bieten. Menschen wollen nicht nur wohnen, sondern auch arbeiten, einkaufen und sich erholen. Dafür ist die Immobilienwirtschaft in ihrer ganzen Breite gefragt.

Sie stehen als Präsident des ZIA in regelmäßigem Austausch mit zahlreichen Vertretern der Politik. Wofür setzen Sie sich dabei im Moment am stärksten ein, und wo gibt es in den kommenden Monaten aus Sicht der deutschen Immobilienwirtschaft den größten politischen Handlungsbedarf?
Einen besonderen politischen Handlungsbedarf sehe ich bei der Umsetzung der klimaschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung. Mehrere Vorschläge aus dem ambitionierten Klimaschutzplan 2050 stellen für die Immobilienwirtschaft ein erhebliches Risiko dar und gefährden die Ideen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen. Schon die EnEV 2016 hat gezeigt, dass viele Maßnahmen lediglich die Herstellungskosten nach oben treiben, aber kaum CO2-Einsparungen bezwecken. Wir werden als Verband mit unseren Mitgliedsunternehmen und -verbänden auch eigene Vorschläge entwickeln, wie der Klimaschutz durch bauliche Maßnahmen, aber auch durch neue Möglichkeiten der Bewirtschaftung und des Betriebs von Immobilien verbessert werden kann. Wir müssen angesichts der angespannten Immobilienmärkte vor allem in unseren Groß- und Universitätsstädten sowie Metropolregionen und den hohen Zuwanderungszahlen aber auch darauf achten, dass im Klimaschutz Maßnahmen erlassen werden, die unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit sinnvoll sind.
Die Vorschläge des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen müssen nun schnellstmöglich umgesetzt werden. Die Initiative des Bundesbauministeriums und der teilnehmenden Verbände und Institutionen hat viele gute Ideen hervorgebracht, die es zu unterstützen gilt. Wir werden natürlich auch weiterhin als Partner und Impulsgeber der Bundesregierung auftreten, um die bezahlbare Stadtentwicklung in Deutschlands Städten zu ermöglichen.

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Erstveröffentlichung: 16.03.2016, The Property Post