01.08.2018

Modernisierungs­umlage

Auf den Nutzen kommt es an

Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Prof. Dr. Michael Voigtländer

Vor allem in den Ballungsgebieten befürchten viele Bundesbürger, sich ihre Wohnungen bald nicht mehr leisten zu können. Ein Grund dafür ist, dass Vermieter einen Teil der Modernisierungskosten auf die Mieten umlegen können. Die Bundesregierung will diese Umlage nun kappen und begrenzen – nötig wäre stattdessen ein System, das den Mietaufschlag nicht nach den Kosten für die Vermieter bestimmt, sondern nach dem Nutzen für die Mieter.

Normalerweise sind in Deutschland starke Mietpreissteigerungen in bestehenden Verträgen weitgehend ausgeschlossen – es sei denn, es geht um die Modernisierungskosten. Wird eine Wohnung zum Beispiel energetisch saniert oder bekommt sie ein neues Bad, dürfen Vermieter 11 Prozent der Kosten, die über den Instandhaltungskosten liegen, auf die Jahresmiete überwälzen. Je nach Höhe der Investitionen kann die Miete entsprechend steigen – selbst eine Verdopplung ist möglich.

Die Bundesregierung hat das Problem erkannt und will laut einem Referentenentwurf die Modernisierungsumlage auf 8 Prozent kappen und zudem auf maximal 3 Euro pro Quadratmeter begrenzen.

Tatsächlich geht es bei der Modernisierung von Wohnungen um immer mehr Geld (Grafik):

Im Jahr 2016 wurden in der Bundesrepublik insgesamt fast 136 Milliarden Euro in die Voll- und Teilmodernisierung sowie die Instandhaltung von Wohnungen investiert – das waren knapp 10 Prozent mehr als im Jahr 2011.

Grafik iwd Bauleistungen Wohnungsbestand

Grundsätzlich ist daran nichts auszusetzen, ganz im Gegenteil: Die Modernisierung von Wohnungen ist wünschenswert, schließlich verlängert und verbessert sie deren Nutzung. Hinzu kommt, dass die energetische Sanierung – auf die 2016 allein 38 Milliarden Euro entfielen – für die Energiewende und das Erreichen der Klimaschutzziele unabdingbar ist.

Modernisierung muss sich aber auch rechnen – und ob das mit einer reduzierten Umlage von 8 Prozent noch der Fall ist, hat das IW in verschiedenen Szenarien berechnet.

Dafür wurden folgende Annahmen getroffen:

  • der Anteil der Instandsetzungskosten an den gesamten Modernisierungskosten wird mit 30 Prozent veranschlagt;
  • die Nutzungsdauer der Investition beträgt 25 oder 50 Jahre;
  • der Zinssatz für das Fremdkapital liegt zwischen 1 und 5 Prozent, wobei eine Fremdkapitalquote von 50 Prozent unterstellt wird;
  • der Steuersatz auf die Erträge wird auf den durchschnittlichen Steuersatz von 22,5 Prozent taxiert;
  • und die Modernisierungsumlage beträgt 11 Prozent (derzeitige Umlage) beziehungsweise 8 Prozent (geplante Umlage).

Rechnet man nun eine Modernisierung mit diesen Variablen durch, ergeben sich große Unterschiede bei den Renditen (Grafik):

Bei einer Modernisierungsumlage von 11 Prozent sind die Renditen in allen Fällen positiv – je nach Nutzungsdauer und Zinssatz für Fremdkapital liegen sie zwischen 0,9 und 5,6 Prozent.

Grafik iwd Modernisierungsumlage

Am höchsten ist die Rendite bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren und einem Zinssatz von 1 Prozent, am niedrigsten bei einer Nutzungsdauer von 25 Jahren und einem Zinssatz von 5 Prozent.

Ganz anders sieht es aus, wenn die Modernisierungsumlage schrumpft:

Bei einer Umlage von 8 Prozent sind die Renditen nur bei einer Nutzungsdauer von 50 Jahren bei allen Zinssätzen positiv – bei 25 Jahren werden sie ab einem Zinsniveau von etwas mehr als 2 Prozent negativ.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Absenkung der Umlage auf 8 Prozent problematisch ist. Denn schon bei etwas höheren Zinsen sind viele Modernisierungen unrentabel und werden deshalb unterbleiben. Darüber hinaus zeigen die Berechnungen aber auch, dass es einen Anreiz gibt, möglichst viel zu sanieren, wenn die Renditen hoch sind.

Deshalb wäre es sinnvoll, bei der Modernisierungsumlage nicht die Kosten der Vermieter mit dem Mietaufschlag zu verknüpfen, sondern den Nutzen der Mieter. Dieser Ansatz geht davon aus, dass Mieter durchaus bereit sind, zum Beispiel für einen Balkon oder ein neues Bad einen Aufschlag zu zahlen. Die Frage ist nur: Wie hoch sollen diese Aufschläge jeweils sein?

Um das zu bestimmen, schlägt das IW den Aufbau einer umfangreichen Mietpreisdatenbank vor, aus der die Aufschläge für einzelne Modernisierungsmaßnahmen abgeleitet werden. In den Niederlanden zum Beispiel gibt es ein solches System bereits. Dort sind die einzelnen Maßnahmen mit Punktwerten verknüpft, die dann vor Ort in Mietpreisaufschläge umgerechnet werden.

Um eine solche Datenbank in Deutschland aufzubauen, könnten die Vermieter zum Beispiel verpflichtet werden, die erforderlichen Daten bei Vertragsabschluss - und durch den Mieter bestätigt – an die Stadt zu übermitteln; und die gibt diese Daten dann zur Auswertung an die statistischen Ämter weiter.

Die Vorteile einer am Nutzen ausgerichteten Modernisierungsumlage

Eine derartige Reform lässt sich zwar nicht kurzfristig realisieren, auf lange Sicht aber hätte sie viele Vorteile:

  • Höheres Kostenbewusstsein. Die Vermieter würden kostenbewusster agieren und nur jene Maßnahmen umsetzen, die sich auch rechnen. Denn warum zum Beispiel ein Luxusbad einbauen, wenn der Markt das nicht mit entsprechenden Aufschlägen honoriert?
  • Mehr Informationen. Über die Mietpreisdatenbank erhalten Vermieter und Mieter sehr genaue Auskünfte über den aktuellen Wohnungsmarkt.
  • Funktionierende Mietpreisbremse. Heute mutiert die Mietpreisbremse oft zum Mietstopp. Eine Untersuchung des IW hat gezeigt, dass zum Beispiel in Berlin und Köln in einzelnen Lagen und Stadtvierteln mehr als 90 Prozent der Angebote 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen und somit in den Geltungsbereich der Mietpreisbremse fallen.

Das mag die Mieter zunächst freuen, doch internationale Erfahrungen zeigen, dass die Vermieter auf einen solchen Mietstopp reagieren, indem sie die Instandsetzung vernachlässigen, Abstandszahlungen verlangen oder an Selbstnutzer verkaufen – der Wohnungsmarkt wird also kleiner und unattraktiver.

  • Kostenersparnis für die Städte. Der Aufbau einer Mietpreisdatenbank kostet zwar viel Geld – diese Kosten fallen aber nur einmalig an und die Folgekosten sind gering. Die Kosten der bisherigen Mietpreisspiegel dagegen sind hoch und fallen regelmäßig an.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Erstveröffentlichung: https://www.iwd.de, Juli 2018

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