17.06.2021

Fondsstandortgesetz:

Unnötige Regulierung des Vertriebs

Michael Schneider, Geschäftsführer, INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Michael Schneider

Das aktuelle Fondsstandortgesetz sollte eigentlich den Fondsstandort Deutschland im Wettbewerb zu anderen Jurisdiktionen stärken. Allerdings hat der Gesetzgeber in diesem Zug viel neue Bürokratie und Regulierung geschaffen. Dadurch werden etablierte Prozesse verkompliziert, was zu Mehraufwand in der Fondsbranche führt. Die Neuerungen betreffen den bislang unregulierten Bereich des „Vor-Vertriebs“ bzw. Pre-Marketing von Immobilien-Spezialfonds an institutionelle Investoren. Was kommt auf die Branche nun zu und welche Spielräume haben betroffene Fondsanbieter?

Manchmal führt der alte Spruch „Nomen est omen“ in die Irre. „Fondsstandort(förderungs)gesetz“ klingt zunächst nach Stärkung des Standortes Deutschland. Tatsächlich ist das Ergebnis jedoch in weiten Teilen enttäuschend. Zwar werden neue Vehikel wie das geschlossene Sondervermögen und die offene Investment-Kommanditgesellschaft (Investment-KG) – beide Vehikel verbinden die Eigenschaften von offenen und geschlossenen AIF – neu eingeführt. Auch werden einige „Altprobleme“ bei den bestehenden Vehikeln endlich behoben. Ein Beispiel ist die Anhebung der maximalen Fremdkapitalgrenze bei den offenen Immobilien-Spezialfonds auf 60 Prozent. Im Gegenzug werden jedoch an anderer Stelle erhebliche bürokratische Neuregulierungen geschaffen. Dies betrifft den bislang nicht regulierten Bereich des Pre-Marketings bei offenen Immobilien-Spezial-AIF. Bundestag und Bundeskabinett haben das Regelwerk bereits beschlossen, es fehlt nur noch die Zustimmung des Bundesrates. Das Gesetz soll am 2. August 2021 in Kraft treten. Dieser Termin ist der späteste Zeitpunkt, die europäischen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

Was ist Pre-Marketing? Als Pre-Marketing wird die Phase zwischen der ersten Ansprache der professionellen und semiprofessionellen Anleger durch den Fondsanbieter bzw. Asset Manager und der Vertriebsgenehmigung durch die BaFin bezeichnet. Bislang erfolgte in dieser Phase ein Interessensabgleich zwischen potenziellen Anlegern und Asset Manager. Es wurden „Fonds-Teaser“ – also Kurzbeschreibungen – und Zeichnungsverträge im Entwurfsstatus ausgetauscht und im Laufe dieses Prozesses wurde die finale Ausgestaltung des Produktes gefunden, mit der beide Seiten gut leben konnten. Standen alle relevanten Parameter fest, konnte der Fonds bei der BaFin angezeigt und aufgelegt werden. Eine Vertriebsanzeige bei der BaFin wurde erst notwendig, wenn darüber hinaus zu einem späteren Zeitpunkt weitere Anleger eingeworben werden sollten. Insgesamt war die bisherige Abstimmung mit der BaFin sehr effizient und für alle Seiten praktikabel und unbürokratisch.

Wichtig zu betonen ist, dass es bei der bisherigen Praxis keine Defizite gab und so auch keine Notwendigkeit einer Neuregulierung vorhanden war. Dennoch wird die bisherige Handhabe ab dem 2. August 2021 verboten sein und durch ein neues Pre-Marketing-Regime ersetzt werden.

Wer ist davon betroffen? Vor allem klassische deutsche Asset-Manager, die mit einer Service-KVG zusammenarbeiten und ihren Vertrieb auf der Rechtlichen Grundlage des § 34f Gewerbeverordnung vornehmen. Diese Gruppe ist künftig vom Pre-Marketing qua Gesetz ausgeschlossen. Pre-Marketing darf nur noch von (1) gebundenen Vermittlern, (2) Wertpapier-Dienstleistungsunternehmen, (3) Kreditinstituten und (4) zugelassenen KVGs gemacht werden. Das Problem: Die große Gruppe der Asset-Manager, die künftig ausgeschlossen ist, steht für einen erheblichen Teil des Marktes.

In Zukunft müssen diese Asset Manager neue Wege gehen. Eine Option ist die Kooperation mit einem Partner, der noch Pre-Marketing machen darf – einen so genannten regulierten § 32-KWG-Dienstleister. Eine andere Option ist es, über die KVG sehr früh bei der BaFin eine Vertriebsgenehmigung einzuholen. Allerdings werden später mit großer Sicherheit wesentliche Anpassungen notwendig sein, sodass diese Vorgehensweise Nachträge und Doppelarbeit nach sich ziehen wird. Damit wäre auch die BaFin verstärkt gefordert. Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten – wie die reine Bewerbung ohne konkrete Fondsinformationen oder die so genannte Reverse Solicitation. Dabei sprechen Anleger aus Bestandsfonds ihren Asset Manager oder ihre KVG hinsichtlich neuer Fonds an. Auch diese Vorgehensweise müsste ordentlich dokumentiert werden.

Allen Wegen ist gemein, dass sie – im Vergleich zur bisherigen Praxis – umständlich sind und auch wirtschaftliche Risiken bergen. Wir rechnen vor allem in der ersten Phase – ab Anfang August – mit einer erheblichen Unsicherheit, die sich einige Zeit hinziehen wird. Allerdings ist der Investitionsdruck und damit die Nachfrage nach neuen Immobilienfonds insgesamt so hoch, dass ich davon ausgehe, dass die Fondsanbieter und Vertriebspartner zeitnah praxistaugliche Lösungen für den Vertrieb finden werden – notfalls in Form einer Mischung aus allen gesetzlichen Möglichkeiten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INTREAL
Erstveröffentlichung: Handelsblatt Reaö Estate Newsletter, Mai 2021

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