05.08.2025

Grunderwerbsteuer

Das „Hessengeld" ist kein Vorbild

Ulrich Creydt, Steuerberater und Geschäftsführer, Ypsilon GmbH
Ulrich Creydt

Es gibt in Deutschland zu wenig Wohneigentümer. Schon lange wird daher eine Ausnahme von der Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer gefordert. Das Land Hessen versucht eine solche Ausnahme nun umzusetzen – allerdings geht die Umsetzung nicht weit genug und ist zu kompliziert!

Mit großem Tam-Tam hat das Bundesland Hessen im Jahr 2024 eine Erleichterung bei der Grunderwerbsteuer für selbstnutzende Käufer eingeführt. Die Initiative, das sogenannte „Hessengeld“, wurde medienwirksam angekündigt und von der Landesregierung als großer Schritt in Richtung Wohneigentumsförderung gefeiert. Die Stoßrichtung dieser Maßnahme ist zweifelsohne zu begrüßen: Angesichts hoher Immobilienpreise, gestiegener Zinsen und zunehmender Finanzierungshürden ist jede Unterstützung für Selbstnutzer prinzipiell sinnvoll. Dennoch bin ich der Meinung, dass das Hessengeld ein Schuss in den Ofen ist – eine Maßnahme, die weder in ihrer Wirkung überzeugt noch als Vorbild für andere Bundesländer taugt. 


Das Programm leidet aus meiner Sicht an zwei grundlegenden Konstruktionsfehlern. Der erste besteht in der Vielzahl von Bedingungen, an die die Förderung geknüpft ist. So ist das Hessengeld ausschließlich für Erstkäufer von selbstgenutztem Wohneigentum vorgesehen – eine Zielgruppe, die durch weitere Einschränkungen zusätzlich eingegrenzt wird. Zwar gibt es Zuschläge pro Kind, doch insgesamt sind die Einkommensgrenzen relativ eng gefasst. Auch andere Fördervoraussetzungen – wie der Hauptwohnsitz in der gekauften Immobilie oder die Antragsstellung innerhalb eines bestimmten Zeitfensters – führen dazu, dass nur ein vergleichsweise kleiner Kreis tatsächlich von der Maßnahme profitieren kann. Damit verfehlt das Programm aus meiner Sicht seinen Zweck. Denn gerade in einem so zentralen Bereich wie der Grunderwerbsteuer wäre eine breite Entlastung für alle Selbstnutzer notwendig – unabhängig von ihrer familiären Situation oder vom Zeitpunkt des Kaufs. 
 

Hinzu kommt ein zweiter, ebenso gravierender Nachteil: Das Hessengeld ist nicht als echte Reduzierung der Grunderwerbsteuer ausgestaltet, sondern als nachträglicher Zuschuss. Käufer müssen also zunächst die volle Steuer entrichten – aktuell immerhin 6 % des Kaufpreises in Hessen – um dann später einen Teil davon in Form eines Zuschusses zurückzuerhalten. Dieser Rückfluss erfolgt zudem nicht sofort, sondern über einen Zeitraum von zehn Jahren in jährlichen Raten. Die Förderung entfaltet somit weder eine spürbare finanzielle Entlastung zum Zeitpunkt des Kaufs noch ist sie besonders attraktiv für Menschen, die kurzfristig Liquidität benötigen. Hinzu kommt der hohe bürokratische Aufwand: Um das Hessengeld zu beantragen, müssen zahlreiche Unterlagen vorgelegt werden – darunter Kaufvertrag, Steuerbescheid, Meldebestätigung und eine Versicherung zur Eigennutzung. Die Antragstellung erfolgt immerhin auf digitalem Wege, ist aber dennoch aufwendig und damit zeitraubend für Menschen, die sich gerade auf den Weg ins neue Eigenheim machen.  
 

All das macht deutlich: Es wäre deutlich einfacher und effizienter gewesen, die Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer unmittelbar zu senken, etwa durch einen Freibetrag oder eine Reduzierung des Steuersatzes. Damit wäre der Effekt direkt spürbar, ohne langwierige Verfahren und ohne künstlich verengte Zielgruppen. Ein solches Vorgehen würde nicht nur Verwaltungskosten sparen, sondern auch klare und gerechte Verhältnisse schaffen. So bleibt das Hessengeld in meinen Augen ein gut gemeinter, aber schlecht gemachter Versuch, Wohnraumpolitik über Umwege zu betreiben. Als Vorbild für andere Bundesländer ist es jedenfalls nicht geeignet – und als echte Hilfe für Käufer leider nur in den seltensten Fällen wirksam. 
 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Ypsilon GmbH Steuerberatungsgesellschaft
Erstveröffentlichung: The Property Post, August 2025

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