10.05.2017

Marktradar Mai 2017

Digitalisierung ja, Zinswende nein

Francesco Fedele, CEO, BF.direkt AG
Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung, IREBS International Real Estate Business School
Francesco Fedele

Vor einem Jahr war Digitalisierung in der Immobilienfinanzierung von Bestandhaltern oder Projektentwicklern kein Thema. Als Ursache wurde in der Vergangenheit die große Komplexität gewerblicher Immobilienfinanzierung angeführt. Zudem rechtfertigen die großen Volumina der Finanzierungen noch immer eine individuelle Finanzierungsberatung und Analyse, so dass sich durch digitale Lösungen nur geringe Ersparnisse oder Verbesserungen ergeben können. Auf dem von uns im April veranstalteten 2. Jahreskongress zur Finanzierung der gewerblichen Immobilienwirtschaft wurde deutlich, dass sich diese Einstellung geändert hat. Nicht nur von Seiten der Finanzierer und ihrer Kunden ist das Interesse groß. Die Mehrzahl der Banken arbeitet derzeit mit mindestens einem Partner an FinTech-Lösungen – meist aber im Bereich des Privatkundengeschäfts. Auch sind bereits einige FinTech-Anbieter auf dem Markt, von denen aber in der gewerblichen Immobilienfinanzierung noch keiner eine wesentliche Marktbedeutung erlangen konnte. Das heißt aber nicht, dass dies auch in der Zukunft ausgeschlossen ist. Insbesondere im standarisierten Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung sind auch digitale Lösungen denkbar.

Auf dem Kapitalmarkt konzentrieren sich viele Diskussionen derzeit auf die aktuellen Inflationsraten, die im April in Deutschland wahrscheinlich bei etwa 2,0 Prozent liegen wird. In Europa rangierte die Inflationsrate im Februar ebenfalls bei 2,0 Prozent, im März jedoch bereits wieder bei nur 1,5 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) kann sich naturgemäß an derart kurzfristigen Schwankungen nicht orientieren, da geldpolitische Maßnahmen grundsätzlich langfristig wirken. Insofern waren die Entscheidungen der EZB vom 27. April 2017, sowohl die Leitzinsen als auch das Anleihen-Ankaufsprogramm unverändert zu lassen, nicht weiter überraschend.

Finanzbarometer
Zinsentwicklung

Die langfristigen Zinsen sind im April wieder leicht gestiegen. Der Zehn-Jahres-Zinsswap betrug am Monatsanfang 0,76 Prozent und reduzierte sich zwischenzeitlich bis auf 0,68 Prozent. Am Monatsende (27.04.) stieg der Zinssatz jedoch wieder auf 0,82 Prozent. Der Sechs-Monats-Euribor sank hingegen leicht auf -0,248 Prozent. Auch beim Drei-Monats-Euribor ergaben sich im Monatsverlauf mit Werten zwischen 0,329 und 0,332 keine nennenswerten Veränderungen.

Ausblick

Einzelne Äußerungen von EZB-Präsident Mario Draghi und anderen Mitgliedern des Direktoriums sollten grundsätzlich nicht überinterpretiert werden. Entsprechende Kommentare in den Medien sind vor allem dem Umstand geschuldet, dass Journalisten bevorzugt über neue Nachrichten berichten. Leider hat sich aber das makroökonomische Umfeld seit Jahren nicht wesentlich verändert. Entsprechend ist auch derzeit mit einer Änderung der Geldpolitik nicht zu rechnen. Selbst wenn die EZB sich – zum hoffentlich geeigneten Zeitpunkt – entschließt, eine Zinswende einzuleiten, werden die entsprechenden Maßnahmen langsam und dosiert vorgenommen. Es ist also aus der Sicht der Immobilienwirtschaft wenig zielführend, sich permanent vor einer Zinswende zu fürchten. Diese wird, wenn Sie kommt, nicht überraschend kommen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von BF.direkt AG
Erstveröffentlichung: Homepage BF.direkt AG, Mai 2017

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