29.07.2015

Infrastrukturfinanzierung

EU beschließt neue geschlossene Fonds

Aykut Bußian, Partner und Leiter Fund Solutions, Baker Tilly GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Aykut Bußian

Geschlossene AIF, die in Infrastruktur investieren, könnten bald erheblich an Bedeutung gewinnen. Der Hintergrund: Die Europäische Union strebt seit geraumer Zeit an, Investitionen – insbesondere in Infrastruktur – zu vereinfachen. Die neuen Investment-Vehikel sollen European long term investment funds (ELTIFs) heißen. Im letzten halben Jahr wurden mehrere Schritte zur Realisierung unternommen: Bereits im November 2014 hatten sich die europäischen Institutionen über die wesentlichen Eckpunkte der betreffenden Richtlinie geeinigt. Im März 2015 stimmte das EU-Parlament zu und am 20. April verabschiedete schließlich der Rat der Europäischen Union die Verordnung.

ELTIFs sind damit eine Form des alternativen Investmentfonds (AIF), für die jedoch besondere Regeln gelten. Die wichtigsten Leitplanken, werden in der neuen Verordnung festgelegt: ELTIFs dürfen nur von einem zugelassenen Verwalter von AIF – in Deutschland eine Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) – gemanagt werden. Die Verordnung definiert eine Liste der zulässigen Assets: Neben der erwähnten Infrastruktur befinden sich darunter u.a. nicht börsennotierte Unternehmen, die Eigenkapitalinstrumente ausgeben, sowie kleine und mittlere Unternehmen, die zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Des Weiteren dürfen ELTIFs in Flugzeuge, Schiffe und immaterielle Vermögensgegenstände wie Patente investieren. Insgesamt ist das Spektrum der erwerbbaren Sachwerte zum jetzigen Zeitpunkt noch recht weit gefasst.

ELTIFs müssen mindestens 70 Prozent ihres Kapitals innerhalb der genannten Kategorien investieren. Liquide Vermögensgegenstände dürfen höchstens 30 Prozent des Fonds ausmachen. Um Klumpenrisiken zu vermeiden, darf ein einzelner illiquider Vermögensgegenstand nicht mehr als zehn Prozent des Fondsvermögens – in Ausnahmefällen 20 Prozent – umfassen. Diese Regeln erinnern stark an die Diversifikationsvorschriften, die für die offenen Immobilienfonds gelten. Zudem sollen ELTIFs eine feste Laufzeit haben, während die Anleger in der Regel kein Recht auf Rückgabe ihres Kapitals haben. Allerdings soll es den Anbietern erlaubt sein, unter bestimmten Umständen frühere Kündigungsmöglichkeiten anzubieten.

Die Zielgruppe für die ELTIFs sind explizit nicht nur die institutionellen Investoren. Um ihre Wachstums- und Investitionsziele zu erreichen, hat die EU die Vehikel auch für Privatinvestoren geöffnet. Allerdings unter Auflagen: Anleger, die über weniger als 500.000 Euro Vermögen verfügen, sollen maximal zehn Prozent ihres Vermögens in ELTIFs investieren dürfen, die Mindestzeichnungssumme soll 10.000 Euro betragen. Zudem muss der Anleger vor der Zeichnung angemessen beraten werden. Der Vertrieb von ELTIFs soll europaweit zulässig sein.

Was bedeutet das neue Vehikel ELTIF also für die Fondsbranche? Zunächst bleibt festzuhalten, dass die geschlossenen Fonds auch bislang schon in Infrastruktur investiert haben. Vor allem die Anlageklasse Erneuerbare Energien, also Windkraft und Photovoltaik-Anlagen, gilt als Infrastruktur. Allerdings haben diese Assets – neben dem dominanten Immobilienbereich – immer nur eine Nebenrolle gespielt. Außerdem waren wirkliche Großprojekte – beispielsweise ein Offshore-Windpark, eine mautpflichtige Straße oder ein Krankenhaus – für viele Anbieter geschlossener AIF aufgrund der Größe nicht machbar.

Unserer Meinung nach dürften vor allem bereits spezialisierte, etablierte Asset-Manager von Infrastruktur Gebrauch von den neuen Möglichkeiten machen und ELTIFs anbieten. Die Vorgaben zu Klumpenrisiken lassen auch den Schluss zu, dass es sich um Fonds mit eher größeren Volumina handeln wird. Allerdings ist auch klar, dass im derzeitigen Stadium der Gesetzgebung noch viele Fragen offen sind und das Vehikel ELTIF insgesamt noch recht vage wirkt. Die nächsten Schritte erfolgen analog zur AIFM-Richtlinie: Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) wird in den kommenden Monaten die so genannten Level-2-Maßnahmen ausarbeiten, die die Verordnung weiter konkretisieren. Im Anschluss daran erfolgt die Umsetzung durch die Nationalstaaten. Während dieses Prozesses kann sich erfahrungsgemäß noch vieles verändern.

Der politische Wille, mehr Investitionen von Bürgern in Infrastruktur zu fördern ist allerdings vorhanden. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Wirtschaftsministerium eine Expertenkommission einberufen hat, die Vorschläge zur Infrastrukturfinanzierung durch die Bürger erarbeiten soll. Dies könnte bedeuten, dass die ELTIF-Verordnung rasch in nationales Recht umgesetzt wird.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Aykut Bußian
Erstveröffentlichung: Fondsbrief