17.09.2019

Positionspapier

10 Argumente gegen den Berliner Mietendeckel

Lutz Ackermann, Prokurist / Mitglied der Geschäftsleitung, RUECKERCONSULT GmbH
Katrin Lemcke-Kamrath, Senior Kommunikationsberaterin, RUECKERCONSULT GmbH
Lutz Ackermann

Warum das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen keine Lösung bringt, sondern Berlin schaden wird

Am 2. September 2019 hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen den Referentenentwurf für das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (Berliner MietenWoG) veröffentlicht. Dieser sieht auf Basis der Eckpunkte der Regierungskoalition ein rückwirkendes Verbot von Mieterhöhungen (Stichtag: 18. Juni 2019), Mietobergrenzen sowie Höchstwerte für künftige Mieterhöhungen vor. Mieterhöhungen nach Modernisierung bleiben unter bestimmten Voraussetzungen möglich, der Neubau ist im Referentenentwurf von den Mietobergrenzen ausgeschlossen.

Unsere Argumente gegen den Referentenentwurf:
1. Der Mietendeckel führt zu Rechtsunsicherheit auf Jahre
Unabhängig von der Frage, ob das Berliner MietenWoG überhaupt mit dem Grundgesetz und den Bundesgesetzen vereinbar ist, bricht das Gesetz mit dem bestehenden System und insbesondere mit dem Berliner Mietspiegel. Zwar ist auch dieser immer wieder Anlass für Rechtsstreitigkeiten, doch würde der Mietendeckel die Rechtsunsicherheit für Mieter und Vermieter verschärfen, statt sie zu verringern. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält darüber hinaus keine Regelung darüber, wie es nach Auslaufen des Berliner MietenWoG weitergehen soll. Kehrt der Gesetzgeber dann wieder zum Berliner Mietspiegel zurück, wenn ja zu welchem Stand? Mit diesem Berliner Sonderweg drohen eine beispiellose Klagewelle von Mietern und Eigentümern sowie Jahre der Rechtsunsicherheit.

2. Der Mietendeckel schadet dem Investitionsklima
Die mit dem Berliner MietenWoG zu erwartende Rechtsunsicherheit und drohende Mietmindereinnahmen führen dazu, dass private Eigentümer und Immobilienunternehmen Investitionen zurückstellen werden. Das betrifft Modernisierungsmaßnahmen, insbesondere energetische Sanierungen, genauso wie Dachgeschossaufstockungen. Die Rechtsunsicherheit schreckt Investoren insgesamt ab.

3. Der Mietendeckel führt zum Verlust öffentlicher und privater Vermögen
Drohende Mietmindereinnahmen schwächen die Liquidität und die wirtschaftliche Substanz von Immobilienunternehmen und Privatpersonen. Der damit verbundene Wertverlust kann nicht nur Banken in die Schieflage bringen, sondern vor allem auch zahlreiche Privatpersonen zu Zwangsverkäufen zwingen und in die Insolvenz treiben. Das wäre nach dem Ausbleiben der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau schon das zweite Mal innerhalb weniger Jahre, dass das Land Berlin sehenden Auges Menschen in die Pleite treibt, was das Vertrauen in den Rechtsstaat erheblich erschüttern würde. Konnte man damals noch sagen, dass die Betroffenen hätten besser nachrechnen und dann lieber nicht kaufen sollen, so könnte man ihnen das diesmal nicht mehr vorhalten. Der Mietendeckel zieht ihnen schlichtweg die Basis ihrer Investitionsentscheidung unter den Füßen weg.

4. Der Mietendeckel gefährdet die Liquidität und den Fortbestand von Unternehmen
Kreditverträge enthalten häufig Vorgaben des Mindesteigenkapitals in Bezug auf den Wert der Immobilie und Vorgaben zur Investition von Instandhaltungsmaßnahmen (sogenannte Covenants). Sollten Kreditinstitute den Wert von Immobilien in ihrer Bewertung senken, so steigt der rechnerische Verschuldungsgrad an. Banken können dann Sondertilgungen fordern. Ebenfalls sind die Instandhaltungsinvestitionen an die antizipierten Mieteinnahmen gekoppelt. Reduzieren sich die Mieteinnahmen, so lassen sich Instandhaltungsmaßnahmen nicht wie geplant und mit den finanzierenden Banken vereinbart realisieren. Kreditinstitute können diese Investitionen jedoch zur Aufrechterhaltung ihrer Kreditverlängerung einfordern. Beides kann für Unternehmen zur Liquiditätsfalle und im Extremfall zum Risiko der Illiquidität führen. Dies hätte den Verlust von hunderten von Arbeitsplätzen zur Folge und kann aus unserer Sicht nicht das Ziel der Landesregierung sein.

5. Der Mietendeckel löst das Problem der Wohnungsknappheit nicht
Die Hauptursache für den Mietenanstieg in Berlin liegt in der Wohnungsknappheit. Berlin wächst, doch es werden nach wie vor zu wenige neue Wohnungen gebaut. Daran ändert auch der Mietendeckel nichts. Im Gegenteil: Der Mietendeckel verschärft die Wohnungsknappheit, denn die regulatorisch geringen Mieten werden noch mehr Menschen ermuntern, in Berlin Wohnraum zu suchen. Darüber hinaus werden die finanziellen Verluste und die insgesamt abschreckende Wirkung auf Investoren dazu führen, dass nicht mehr, sondern weniger neue Wohnungen gebaut werden. Die Gefahr ist also groß, dass aus dem Mietendeckel zugleich ein Neubaudeckel wird – obwohl der Neubau nach dem Willen des Berliner Senats vom Mietendeckel gar nicht betroffen sein sollte.

6. Der Mietendeckel führt zur Marktkonzentration
Das Risiko ist hoch, dass der drohende Wertverlust zu einer neuen Verkaufswelle bei Wohnimmobilien führen wird. Große wie kleine Eigentümer, die durch die Mietmindereinnahmen in ihrer wirtschaftlichen Substanz gefährdet sind, werden versuchen, ihre Objekte zu verkaufen. Der Mietendeckel könnte so die Eigentümerstruktur auf dem Berliner Wohnimmobilienmarkt nachhaltig verändern und zur weiteren Konzentration des Marktes führen.

7. Der Mietendeckel bedroht das Erreichen der Klimaziele
Da der vorliegende Gesetzentwurf ein Genehmigungsverfahren für Modernisierungsumlagen einführt, werden viele Unternehmen von Sanierungen und damit auch von energetischen Modernisierungen als Beitrag zum Klimaschutz Abstand nehmen. Aber nicht nur die zukünftige Genehmigungspflicht trägt dazu bei, dass Berliner Bestände nicht mehr mit derselben Dynamik wie bislang energetisch ertüchtigt werden – auch die Beschränkungen bei der Umlagefähigkeit von Modernisierungskosten wird Eigentümer abschrecken, Maßnahmen, an deren Kosten sie die Mieter nicht mehr beteiligen können, durchzuführen. Entgegen geltendem Bundesrecht will der Berliner Gesetzgeber die Modernisierungsumlage weiter einschränken.

8. Der Mietendeckel erschwert die Quartiersentwicklung
Ob Märkisches Viertel oder Gropiusstadt – in den vergangenen zehn Jahren haben Wohnungsunternehmen viel Geld in die energetische Modernisierung, ergänzende Neubauten und soziale Quartiersentwicklung in den Berliner Großsiedlungen investiert. Aus sozialen Brennpunkten mit
Instandhaltungsstau sind wieder lebenswerte Quartiere mit Zukunft geworden. Der Berliner Mietendeckel könnte das Aus für derartige Investitionen bedeuten, weil sie für Wohnungsunternehmen schlichtweg nicht mehr finanzierbar sind.

9. Der Mietendeckel vernichtet Arbeitsplätze
Bereits seit der Ankündigung des Berliner Mietendeckels stellen Vermieter geplante Investitionen in ihren Bestand zurück. Seit Bekanntwerden des Referentenentwurfs gewinnt diese Entwicklung weiter an Dynamik. Die Handwerkskammer Berlin geht davon aus, dass die Höhe der angekündigten und schon realisierten Auftragsstornierungen im zweistelligen Millionenbereich liegt. Über die Hälfte der Berliner Handwerksbetriebe sind im Bau- und Ausbaubereich tätig. Auch die Betriebsräte der sechs landeseigenen Wohnungsbauunternehmen warnen vor den negativen Folgen auf deren Beschäftigte in handwerklichen Berufen und Hausdienstleistungen. Private Wohnungsunternehmen und Genossenschaften wären gleichermaßen betroffen. Der Mietendeckel bedroht also Arbeitsplätze in unserer Stadt.

10. Der Mietendeckel gefährdet den gesellschaftlichen Konsens
Das Bemühen um einen gesellschaftlichen Ausgleich zwischen freiem Wettbewerb und sozialem Fortschritt gehört zu den Leitlinien politischen und gesellschaftlichen Handelns in der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Konsensgedanke ist nicht nur Wesensmerkmal der Sozialen Marktwirtschaft, sondern auch im Grundgesetz verankert. Der Mietendeckel ist als regulatorisch-staatliches Steuerungsmittel ein einseitiger massiver Eingriff in unser Rechtssystem sowie in die Rahmenbedingungen der Sozialen Marktwirtschaft. Damit gefährdet er den gesellschaftlichen Konsens in unserem Land.

Fazit
Sollte der Referentenentwurf unverändert in Kraft treten, ist mit gravierenden und in ihrer Gesamtheit unvorhersehbaren Auswirkungen zu rechnen. Wohnungseigentümer, große Wohnungsbauunternehmen sowie Privateigentümer einzelner Häuser oder Wohnungen drohen durch drastische Einnahmeverluste in finanzielle Schieflagen zu geraten. Arbeitsplätze im Handwerk und bei den großen Wohnungsunternehmen sind in Gefahr. Aber auch für Mieterinnen und Mieter wird sich der Berliner Mietendeckel negativ auswirken, wenn Vermieter weniger Geld in die Instandhaltung und Modernisierung ihrer Häuser investieren. Die jetzigen Pläne für den Mietendeckel schaden auch dem Neubau, denn sie verunsichern Eigentümer und Investoren. Besonders schwer wiegt neben den grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Mietendeckel, dass der Gesetzgeber im Referentenentwurf nicht regelt, welcher Rechtsrahmen nach Auslaufen des Mietendeckels gelten soll.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von RUECKERCONSULT
Erstveröffentlichung: The Property Post

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