01.08.2018

Roter Faden für Eigentümer

Was beim Sanieren von Wohnimmobilien zu beachten ist

Hans Hünnscheid, Geschäftsführer, Famos Immobilien GmbH
Hans Hünnscheid

Die Sanierung von Wohnimmobilien will wohlüberlegt sein: Lohnt eine Generalsanierung oder ist es wirtschaftlich sinnvoller, nur das zu machen, was aus Haftungsgründen erforderlich ist? Wie Eigentümer den richtigen Umfang für eine Sanierung festlegen und was im Umgang mit Mietern zu beachten ist.

Kommen Wohnimmobilien in die Jahre, müssen Eigentümer über Sanierungen nachdenken. Was einfach klingen mag, wirft in der Praxis zahlreiche Fragen auf: Wie umfassend soll ich sanieren? Kann ich Teile des Objekts so belassen, wie sie sind, oder hilft nur eine Generalsanierung? Was geschieht während der Sanierung mit den Mietern? Muss ich energetisch sanieren oder genügt eine normale Instandsetzung? Und vor allem: Was lohnt sich wirtschaftlich?

Allein dieser kurze Abriss zeigt, wie komplex das Thema Sanierung von Wohnimmobilien ist. Pauschale Antworten gibt es kaum, allerdings kann eine Art roter Faden weiterhelfen: Eigentümer sollten zunächst die Substanz der Immobilie anschauen, dann gilt es, eine Wirtschaftlichkeitsanalyse durchzuführen, mit den Mietern zu sprechen und schließlich auch noch alle regulatorischen Vorgaben zu berücksichtigen.

Haftungsfragen dulden keinen Aufschub

Es gibt allerdings Ausnahmefälle, in denen ein Eigentümer keine Wahl hat und sofort handeln muss. Dies betrifft alle Haftungsfragen, die mit der Immobilie zusammenhängen. Der Eigentümer haftet für Gefahren, die von seinem Besitz ausgehen. Daher muss er laufend prüfen, ob bestimmte Mindestsanierungsmaßnahmen notwendig sind. In der Praxis sind dies vor allem Fassadenteile, die herunter fallen könnten, oder marode Stromleitungen, von denen Brandgefahr ausgeht. Des Weiteren muss der Vermieter laufend die Warmwasserversorgung prüfen und erneuern lassen, wenn dort Legionellen nachgewiesen werden.

Soll eine Sanierung über das aus Haftungsgründen Notwendige hinausgehen, muss zunächst die Substanz im Objekt geprüft werden. Hier fallen die Ergebnisse oft sehr unterschiedlich aus: Beispielsweise können Fenster bereits 30 Jahre alt sein, sich aber trotzdem in einem guten Zustand befinden. In diesem Fall wäre ein Austausch nicht rentabel.

Wichtige Rolle des lokalen Immobilienmarktes

Zur Untersuchung der Substanz gehört auch, ob die Immobilie Potenziale für eine Nachverdichtung besitzt.Das kann eine Aufstockung um ein Penthouse, eine Bebauung im Hinterhof oder ein sonstiger Anbau sein. Ein K.O.-Kriterium ist dagegen der Hausschwamm oder ein undichtes Dach. In einem solchen Fall ist Abriss und Neubau die beste Lösung. Ein weiteres Argument für einen Abriss ist auch, wenn dadurch noch mehr Mietfläche geschaffen werden kann.   

Nach der Substanzprüfung kommt die wirtschaftliche Prüfung einer Sanierung. Dazu muss der lokale Immobilienmarkt analysiert werden. In einem schwachen Mietmarkt – wie beispielsweise aktuell Gelsenkirchen – sind derzeit keine großen Mietsteigerungen möglich. In einem solchen Fall sollte man eher minimale Maßnahmen durchführen, die eine grundsätzliche Vermietbarkeit der Wohnung gewährleisten.

In einem mittelmäßigen Markt muss individuell abgewogen werden. Was hier wirtschaftlich sinnvoll ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, nur die Heizung auszutauschen, dafür aber die Bäder nicht zu machen, wenn deren Zustand noch ausreichend ist. Ein anderes Beispiel sind Wohnungen, die sich dem Zuschnitt nach nur für junge Mieter eignen. Diese Zielgruppe kann aber oft keine hohen Mieten zahlen. Dies muss bei Investitionen in die Wohnung berücksichtigt werden.

In einem Markt mit stark steigenden Mieten rechnen sich auch größere Investitionen in die Substanz. Grundsätzlich dürfen nach Paragraph 559 BGB jährlich elf Prozent der reinen Modernisierungskosten auf den Mieter umgelegt werden.  

Einfache bis mittlere Sanierung bei 800 Euro pro Quadratmeter

Die Frage, welche Kosten für den Eigentümer anfallen, ist naturgemäß schwer zu beantworten, da diese stark von den jeweiligen Maßnahmen abhängen. Als Faustregel kann für eine einfache bis mittlere Sanierung mit rund 800 Euro pro Quadratmeter Mietfläche kalkuliert werden. Damit wird ein Neubauzustand in den Wohnflächen erreicht, das heißt neue Oberflächen in allen Räumen (also Böden, Fließen, Decken, Wände) und neue Leitungen. Diese Kosten beziehen sich nur auf die Wohnung selbst, nicht auf das Haus.

Bei einer Wohnungsgröße von beispielsweise 50 Quadratmetern summieren sich die Kosten auf 40.000 Euro. Damit sich diese Investition rechnet, muss eine bestimmte Mietsteigerung realisierbar sein. Geht man von einer Verzinsung der investierten Summe von 4,5 Prozent jährlich aus, müssen die erzielbaren Mehreinnahmen bei 1.800 Euro jährlich liegen. Umgerechnet auf die Monatsmiete heißt das, dass eine Anhebung der Nettokaltmiete um 3,0 Euro / Quadratmeter realistisch sein sollte. Das Beispiel verdeutlicht: Eine solche Mietsteigerung ist derzeit nicht in allen Märkten realistisch.

Kooperation der Mieter von großer Bedeutung

Eine besondere Herausforderung für jeden Eigentümer ist die Tatsache, dass Mehrfamilienhäuser bei Sanierungen in aller Regel nicht komplett leergezogen sind. Die Sanierung muss als „bei laufendem Betrieb“ erfolgen. Unsere Erfahrung in diesem Bereich zeigt, dass dies nur in Kooperation mit den Mietern geht. Wichtig ist vor allem, dass der Eigentümer frühzeitig mit den Hausbewohnern spricht. Auch eine Einbindung bei Gestaltungsfragen – etwa bei der Wahl der Badezimmerfliesen – kann sehr hilfreich sein und dazu beitragen, die Haltung des Mieters zur Sanierung zu verbessern.

Wenn die Mieter nicht kooperativ sind, kann dies eine Sanierung schnell unmöglich machen, denn das Mietrecht ist in diesem Punkt relativ stark. Eigentümer müssen sich von dem Gedanken verabschieden, dass sie bestimmte Maßnahmen im Hauruck-Verfahren durchsetzen können. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass um einzelne Wohnungen „herumsaniert“ werden muss, weil ein einzelner Mieter den Maßnahmen nicht zustimmt.

Eine Alternative dazu ist eine Ersatzwohnung auf Zeit, in der der Mieter während der Bauarbeiten untergebracht werden kann. Dies ist vor allem bei größeren Wohnungsbeständen eine Option, da es hier aufgrund der natürlichen Mieterfluktuation regelmäßig freie Wohnungen gibt.

Förderungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand sollten geprüft werden

Neben der Kommunikation mit den Mietern sollten sanierungswillige Eigentümer auch prüfen, ob es staatliche Förderungen für ihre Maßnahmen gibt. Bei bestimmten Sanierungen erhält man Zuschüsse und zinsvergünstigte Darlehen, wobei letztere in der Niedrigzinsperiode keine große Rolle mehr spielen. Dies gilt beispielsweise bei Sanierungen gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV).

Darüber hinaus gibt es noch eine Fülle kommunaler Programme mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Einige Programme fördern energetische Sanierungen, andere das barrierefreie Bauen. Die Vielfalt der Programme ist recht hoch, daher sollte im Einzelfall immer geprüft werden, ob es nicht ein Programm vor Ort gibt, das in Anspruch genommen werden kann.

Weitere Faktoren: Denkmalschutz, Mietpreisbremse und Milieuschutz

Neben einer staatlichen Förderung gibt es noch weitere Rahmenparameter, die teilweise erhebliche Auswirkungen auf eine Sanierung haben können und die vorher geprüft werden sollten. Dazu gehört beispielsweise die Frage, ob es sich um eine Denkmalschutzimmobilie handelt. Dies kann sich aus steuerlicher Sicht lohnen, denn dann kann eine höhere Denkmalschutzabschreibung genutzt werden. Im Gegenzug können die Denkmalschutzvorgaben eine Sanierung aber auch verkomplizieren.

Darüber hinaus spielt die Mietpreisbremse eine wichtige Rolle. Wird eine Wohnung nach der Sanierung neu vermietet, darf die Miete nur bei umfassenden Modernisierungen frei festgelegt werden. Bei Modernisierungen mit geringerem Umfang hingegen greift die Mietpreisbremse. Schließlich kann noch der Milieuschutz eine geplante Sanierung einschränken. Dies betrifft vor allem eine Reihe von Bezirken in der Berliner Innenstadt, aber teilweise auch Bezirke in anderen Großstädten wie beispielsweise Hamburg.

Insgesamt zeigt sich: Sanierungen von Wohnimmobilien sind sehr komplex, weshalb sich pauschale Handlungsempfehlungen nicht aussprechen lassen. Unterm Strich müssen die Maßnahmen im Voraus sehr gut durchdacht und professionell durchgeführt werden. Letzteres beinhaltet vor allem, die Information und Mitnahme der Mieter. Des Weiteren spielt die Wirtschaftlichkeitsprüfung – und dabei die Entwicklung des lokalen Mietmarktes – eine wichtige Rolle. Die staatlichen Eingriffe in den Wohnungsmarkt – beispielsweise die Mietpreisbremse oder der Milieuschutz – schränken Sanierungen ein und machen sie wirtschaftlich teils weniger attraktiv.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Famos Immobilien
Erstveröffentlichung: www.private-banking-magazin.de, Juni 2018

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