03.07.2017

Städtebaurecht: „Urbane Gebiete“

Geplante Gesetzesänderungen

Dr. Daniel Pflüger, Equity Partner, ARNECKE SIBETH DABELSTEIN Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB
Dr. Daniel Pflüger

Am 31.03.2017 hat der Bundesrat das Gesetz zur Anpassung des Städtebaurechts beschlossen. Neben diversen Änderungen, die teils aufgrund europäischer Vorgaben erforderlich waren, ist darin die Aufnahme eines neuen Gebietstypus „Urbane Gebiete (MU)“ in die BauNVO vorgesehen. Der Gesetzesentwurf verfolgt das Ziel, zur Erleichterung des Bauens in stark verdichteten städtischen Gebieten mehr Flexibilität einzuräumen, ohne dabei das grundsätzliche hohe Lärmschutzniveau zu verlassen.

Der Gesetzesentwurf reagiert damit letztlich auf die neueren Entwicklungen der Urbanisierung. Immer mehr Menschen verlagern ihren Wohnort nicht nur vom Land in die Stadt, sondern auch von den Vororten in die zentralen städtischen Gebiete, auch um die Fahrten zwischen Arbeit und Büro zu reduzieren. Zugleich sollen die Städte auch nach Büroschluss belebt werden. Leitbild dieses neuen Gebietstypus ist ein „funktionsgemischtes Gebiet der kurzen Wege“. Das Gebiet sieht eine räumliche Nähe von wichtigen Funktionen wie Wohnen, Arbeiten, Versorgung, Bildung, Kultur und Erholung vor, die aber nicht notwendig gleichgewichtig vorhanden sein müssen. Bislang war es nur eingeschränkt möglich in den klassischen Innenstadtgebieten Wohnen in größerem Umfang zuzulassen. Denn dabei handelt es sich zumeist um Kerngebiete, in denen Wohnen nur in untergeordnetem Umfang zulässig ist. Auch in Mischgebieten muss das Verhältnis zwischen Gewerbe und Wohnen in etwa ausgewogen sein. Das ist in Urbanen Gebieten nun ausdrücklich nicht mehr gefordert. Anders als noch in früheren Entwürfen sieht die beschlossene Fassung nun vor, dass Wohngebäude – also Gebäude in denen nur Wohnnutzung stattfindet – allgemein zulässig sind. Die Kommunen können aber im Bebauungsplan regeln, dass es hierzu Einschränkungen gibt. Zur „Belebung der Straße“ kann beispielsweise vorgegeben werden, dass Wohnungen im Erdgeschoss straßenseitig nicht oder nur ausnahmsweise zulässig sind. Auch können Kommunen das Verhältnis von Wohnungen und Gewerbe flächenmäßig vorgeben.

Parallel ist geplant, die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) zu ändern. In den urbanen Gebieten sollen höhere Richtwerte gelten, als in Kern- oder Mischgebieten. In innerstädtischen Bereichen war das Schutzniveau für Kern- und Mischgebiete häufig nicht zu erreichen. Der Bundesrat hat allerdings den vom Bundestag beschlossenen „Nachtwerten“ in dieser Höhe nicht zugestimmt. Nachts sollen Richtwerte gelten, die auch in Misch- bzw. Kerngebieten gelten. Da durch die neue Gebietskategorie verstärkt Konflikte zwischen schutzbedürftigen Nutzungen (Wohnen) und emittierenden Nutzungen (Gewerbe etc.) zu erwarten sind, macht die moderate Anhebung der Richtwerte durchaus Sinn. Hier ist abzuwarten welche Werte sich schlussendlich durchsetzen.

Die Reform ist überfällig, um der modernen städtebaulichen Entwicklung und den daraus resultierenden Konflikten nachzukommen. In Bezug auf die konkreten Nutzungsarten des neuen Gebietstypus ist es wahrscheinlich, dass diese in der aktuellen Version Gesetz werden. Zu erwarten ist, dass die Gesetzesänderung das moderne Stadtbild nachhaltig beeinflussen wird.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ARNECKE SIBETH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juli 2017

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