19.10.2016

Verkauf von NPL's

Warum verkaufen die Finanzinstitute nicht ihre notleidenden Immobilien?

Thorsten Brogt, Executive Director Business Development Distressed Debt / Opportunity Funds, Engel & Völkers Investment Consulting GmbH
Thorsten Brogt

In diesem Jahr könnten nach Angaben des Beratungsunternehmens Deloitte in Europa notleidende Kreditportfolios (NPLs) im Wert von über 100 Milliarden Euro den Eigentümer wechseln. Der NPL-Markt bietet also durchaus Potenzial auf dem ansonsten leergekauften Immobilieninvestmentmarkt, dennoch bleibt bislang eine große Transaktionswelle am NPL-Markt aus – zumindest in Deutschland. Derzeit spielen sich entsprechende Aktivitäten vor allem auf den Märkten in Großbritannien und Irland ab. Auch in Italien, Holland und Spanien ist das Transaktionsvolumen höher als in der Bundesrepublik. In Deutschland dagegen verkaufen die Finanzinstitute ihre notleidenden Immobilienkredite nur stückchenweise auf dem Markt, obwohl dort attraktive Preise erzielt werden könnten. Aus vermeintlichen Reputationsgründen verzichten die Finanzinstitute aber oft auf einen Paketverkauf ihrer NPLs. Hier sollten die deutschen Finanzinstitute ihre Scheu verlieren, denn die NPL-Servicer bzw. Investoren sind aus Ihren Kinderschuhen gewachsen und die Branche arbeitet professionell.

Den Verzicht auf die Veräußerung ihrer NPL-Portfolien können sich die Banken und Sparkassen eigentlich nicht leisten. Zum einen wegen der umfassenden Regulierung des Bankensektors durch Basel III. Denn diese geht mit höheren Eigenkapitalanforderungen und stärkerem Kostendruck einher. Zum anderen sieht die europäische Finanzinstitutsaufsicht EBA Europas Institute inzwischen zwar besser mit Kapital ausgestattet als vor der Finanzkrise, die notleidenden Kredite bieten aber weiter Anlass zur Sorge, wie die EBA nach einer EU-weiten Untersuchung bei 105 Finanzinstitute in 21 Ländern schreibt. Das NPL-Ausmaß, rund 5,6 Prozent der Gesamtdarlehen, könnte weiteres Kreditwachstum sowie die Profitabilität behindern, so die Aufsichtsbehörde. Denn NPLs sind für Finanzinstitute verzinste Aktiva und wirken sich entsprechend negativ auf die Eigenkapitalverzinsung aus. Zudem binden notleidende Immobilienkredite sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen, die an anderer Stelle benötigt werden. Daher sind die Finanzinstitute besser beraten, sich von ihren NPL-Beständen zu trennen. Stattdessen werden aber die problembehafteten Bestände in den Büchern gehalten und auf eine weitere Markterholung gehofft.

Bisher ging die Strategie auf, aber wie wollen die verantwortlichen Vorstände argumentieren, dass sie immer noch NPLs aus der Finanzkrise 2008 halten, wenn der deutsche Immobilienmarkt anfängt zu stagnieren und eine neue Welle an NPLs hinzukommt? Daher sollte der Verkauf und dadurch die Bereinigung der Bilanzen grundsätzlich der favorisierte Lösungsweg sein.

Ein Blick auf die Probleme, die zum „Distressed“-Status führen, zeigt, dass die Mängel der Immobilien in der Regel bekannt sind – und damit grundsätzlich behebbar. Aber den Banken und Sparkassen fehlt dafür die notwendige eigene Expertise im Asset-Management von Immobilien. Die betroffenen Portfolios weisen meist mehrere Problemherde auf. Die meist sehr heterogenen Portfolios enthalten oft Immobilien an verschiedenen Standorten und mit unterschiedlichen Nutzungsarten. Die einzelnen Objekte werden dabei häufig von mehreren externen Dienstleistern verwaltet. Außerdem weisen die Gebäude fast immer diverse Finanzierungspartner und -strukturen auf. Hier mangelt es auch oft an der notwendigen Konsequenz, mit anderen Finanzinstituten oder Schuldnern eine Lösung voranzutreiben. Das erschwert dann oft die Einigung, notwendige Umbau- oder Repositionierungsmaßnahmen an den Objekten durchzuführen oder die Schuldner zu einer kooperativen Lösung zu bewegen. All diese Umstände machen das Management solcher Bestände zu einer Herausforderung, die Banken nicht kurzfristig bewältigen können. Das führt dazu, dass die Abwicklung der Immobilienkredite verzögert wird und die Finanzinstitute noch Jahre Geld kostet und die Bilanzen belastet. Großvolumige NPL-Transaktionen, wie sie im europäischen Ausland bereits geschehen, wären dagegen ein echter Schritt hin zur Bilanzbereinigung und Befreiung von Altlasten aus der Finanzkrise.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Engel & Völkers Investment Consulting
Erstveröffentlichung: Die Immobilie, Juli 2016