11.10.2015

Verteilte Risiken

Gestaltungsmöglichkeiten für grenzüberschreitende Konsortialkredite

Sibylle Barent, Head of Legal, vdpPfandbriefAkademie GmbH
Sibylle Barent

Steigende Anforderungen an die Kreditrisikovorsorge der Banken lassen die Aufteilung von Kreditrisiken auf mehrere Beteiligte zunehmend interessanter werden. Die Nutzung des Refinanzierungsregisters kann hierbei die Kreditsyndizierung von Pfandbriefbanken und ihren möglichen Konsortialpartnern, wie z. B. Versicherungen oder Pensionsfonds, in der Praxis vereinfachen: Die Vollziehung der Aufteilung eines Grundpfandrechts im Grundbuch des jeweiligen Ziellandes der Finanzierung kann unter Umständen zunächst unterbleiben, ohne die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Kreditsicherheit und die Deckungsfähigkeit im Sinne des Pfandbriefgesetzes zu beeinträchtigen. Dies kann die mit der Aufteilung von Hypothekenforderungen und Hypotheken verbundenen Kosten senken helfen.

Refinanzierungsregister und ausländische Hypotheken

Ein deutsches Kreditinstitut kann als sog. „registerführendes Institut“ eigene Forderungen und die zur Sicherung dieser Forderungen begründeten Grundpfandrechte sowie einen Übertragungsberechtigten in ein Refinanzierungsregister eintragen. Übertragungsberechtigter kann jedes Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedsstaat des EWR sowie seit dem 1. Januar 2014 auch ein Versicherungsunternehmen, ein Pensionsfonds oder eine Pensionskasse sein. In das Refinanzierungsregister können auch Forderungen und Hypotheken, die sich auf nicht in Deutschland belegene Immobilien beziehen, eingetragen werden[1].

Die Eintragung bewirkt, dass das registerführende Kreditinstitut die Forderung sowie das Grundpfandrecht für den Übertragungsberechtigten treuhänderisch hält. Das Pfandbriefgesetz erlaubt die Indeckungnahme treuhänderisch gehaltener Werte unter der Voraussetzung, dass die Pfandbriefbank ein Aussonderungsrecht an diesen Werten gegenüber dem Treuhänder hat (§ 1 Abs. 2 PfandBG). Die Voraussetzungen für das Bestehen dieses Übertragungsanspruches, der zum insolvenzrechtlichen Aussonderungsrecht erstarkt, regelt das Pfandbriefgesetz selbst nicht. Wirtschaftlich verwertbar ist dieses Aussonderungsrecht für den Übertragungsberechtigten als Begünstigten und Konsorten, wenn Forderung und Grundpfandrecht ihrerseits rechtswirksam entstanden und durchsetzbar sind. Die Voraussetzungen hierfür sind entsprechend den für die Forderung bzw. das Grundpfandrecht geltenden Regelungen nach dem jeweils einschlägigen ausländischen Recht zu schaffen.

Konkretes Anwendungsbeispiel

Denkbar ist z. B. folgender Fall: Ein deutsches Kreditinstitut als Konsortialführerin ist Inhaberin einer nach einer ausländischen Rechtsordnung begründeten Hypothekenforderung. Das deutsche Kreditinstitut will nun einer Pfandbriefbank einen gleichrangigen Anteil an dieser Hypothekenforderung nebst entsprechendem Anteil am Grundpfandrecht verschaffen (nachträgliche Syndizierung), den die Pfandbriefbank ihrerseits zur Deckung von Hypothekenpfandbriefen nach dem deutschen Pfandbriefgesetz verwenden will. Sollen Forderungen und Grundpfandrechte, die auf im Ausland belegene Immobilien bezogen sind, in ein Refinanzierungsregister eingetragen werden und zur Pfandbriefdeckung grundsätzlich geeignet sein, muss ein Übertragungsanspruch auch nach der für die Übertragung von Anteilen an Forderung und Grundpfandrecht geltenden jeweiligen ausländischen Rechtsordnung rechtswirksam hergestellt werden. Die tatsächliche Übertragung müsste dann erst der Sachwalter des Refinanzierungsregisters vornehmen, der im Falle einer Insolvenz des Registerführers (Konsortialführers) tätig würde.

Zunächst ist daher festzustellen, ob der Konsortialführer (das registerführende Institut) der Pfandbriefbank auch nach der einschlägigen ausländischen Rechtsordnung einen Anteil an Forderung und Grundpfandrecht verschaffen kann und welche Rechtshandlungen hierfür erforderlich sind. Im Gegensatz zum deutschen Recht ist in den meisten europäischen Rechtsordnungen die akzessorische, also in ihrem Bestand eng mit der Forderung zusammenhängende, Hypothek der Regelfall. Daraus ergeben sich in den zu untersuchenden Ländern dennoch durchaus unterschiedliche Wege, wie eine praktikable und wirtschaftlich sinnvolle Aufteilung von Forderung und Grundpfandrecht zum Zweck der Kreditsyndizierung erfolgen kann. Hinzukommt, dass auch bei der Nutzung des Refinanzierungsregisters die Pfandbriefbank nach einer Insolvenz des registerführenden Institutes und anschließender Übertragung des eingetragenen Anteils an Forderung und Grundpfandrecht auf die Pfandbriefbank grundsätzlich zur Vollstreckung aus ihrem Konsortialanteil in der Lage sein muss.

Mögliche Gestaltungen von Konsortialfinanzierungen sollen nun für die Zielländer Belgien und Polen konkret betrachtet werden. Beide Länder haben akzessorische Hypotheken und gehören zum Kreis der nach dem Pfandbriefgesetz für die Deckung von Hypothekenpfandbriefen zugelassenen Länder.

Belgien

Das belgische Recht enthält den Grundsatz der Unteilbarkeit der Hypothek, der aber vertraglich abdingbar ist. Die Abbedingung kann auch noch nach Bestellung der Hypothek erfolgen. Die Aufteilung kann durch Abtretung eines entsprechenden Anteiles an der Darlehensforderung und Eintragung der Abtretung im Hypothekenregister erfolgen. Eine Abtretungsvereinbarung kann zwar grundsätzlich auch privatschriftlich getroffen werden, sollte aber wegen der besseren Nachweisbarkeit notariell erfolgen.

Die Frage nach dem Zeitpunkt, zu welchem die Abtretung der Hypothek in das Grundbuch einzutragen ist, damit auch eine Insolvenz des Konsortialführers die Kreditsicherheit nicht gefährdet, stellt sich in dieser Form nach neuer Rechtslage in Belgien nicht: Aufgrund einer Umsetzung der Finanzsicherheiten-Richtlinie 2009/44 in belgisches Recht ist für die Drittwirksamkeit der Abtretung einer Hypothekenforderung an ein Kreditinstitut keine Eintragung der Abtretung in das Hypothekenregister mehr erforderlich.[2] Zu beachten ist aber, dass ein Drittschuldner, solange ihm die Abtretung nicht angezeigt wird, mit schuldbefreiender Wirkung an den Altgläubiger zahlen kann. Die Mitteilung an den Drittschuldner (sog. „notification“) kann aber sowohl noch während der sog. „période suspecte“ (also dem gerichtlich festgestellten Zeitraum zwischen Zahlungseinstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens) als auch erst nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Drittschuldners erfolgen. Sie stellt in beiden Fällen die Durchsetzung der Ansprüche der Pfandbriefbank sicher. Das registerführende Institut oder die Pfandbriefbank müssen dem Darlehensschuldner die Abtretung formlos mitteilen (sog. „notification“).

Für die Wirksamkeit der Abtretung ist weder die Zustimmung des Schuldners noch die der übrigen Hypothekengläubiger erforderlich. Die Pfandbriefbank kann eigenständig aus ihrem Anteil an der Hypothekenforderung vollstrecken. Wurde sowohl über das Vermögen des Drittschuldners als auch über das registerführende Institut ein Insolvenzverfahren eröffnet, gilt folgendes: Wenn in diesem Fall der Insolvenzverwalter des Drittschuldners über die Abtretung an den Insolvenzverwalter des registerführenden Institutes gezahlt hat, bevor dem Drittschuldner die Abtretung mitgeteilt wurde, könnte die Pfandbriefbank ihre Ansprüche aus abgetretener Forderung nur noch gegenüber dem Sachwalter des Refinanzierungsregisters oder dem Insolvenzverwalter des registerführenden Institutes geltend machen.

Polen

Voraussetzung einer wirksamen Abtretung der Darlehensforderung ist eine schriftliche Abtretungsvereinbarung, in der die zu übertragende(n) Forderung(en) genau benannt werden. Die Unterschrift des Abtretenden ist zu beglaubigen. Dingliche Wirkung erhält diese Abtretung durch ihre Eintragung im Grundbuch, die sowohl der Abtretende als auch der Abtretungsempfänger beantragen kann. Wirksamkeit erhält die Übertragung rückwirkend auf den Zeitpunkt des Eingangs des entsprechenden Eintragungsantrages beim Grundbuchgericht. Betreffend die Hypothek muss vereinbart werden, dass sie aufgeteilt wird in eine neue Hypothek, die im gleichen Rang wie die bisherige bestellt wird zur Sicherung des abgetretenen Teils der ursprünglichen Forderung und in die ursprüngliche Hypothek, die ihrer Höhe nach auf die beim Abtretenden verbliebene neue Restforderung beschränkt wird. Der Rang der ursprünglichen Hypothek bleibt dabei für die neue Hypothek auch gegenüber nachrangigen Rechten erhalten.

Die Abtretungsvereinbarung kann im Falle der Insolvenz des registerführenden Institutes auch mit dem in diesem Fall eingesetzten Sachwalter des Refinanzierungsregisters getroffen und die Abtretung anschließend im Grundbuch eingetragen werden. Die polnische Hypothek ist insolvenzfest, sofern der Antrag auf ihre Eintragung mindestens sechs Monate vor der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Hypothekenschuldners, gestellt wurde. Diesem Schutz unterfällt auch der abgetretene Teil einer bestehenden Hypothek, da sich an der Belastung als solcher insgesamt nichts ändert.

Die Zustimmung Dritter zu einer Abtretung von Hypothekenforderung und Hypothek ist nach polnischem Recht nur dann erforderlich und auch Wirksamkeitsvoraussetzung, wenn sie vertraglich vorgesehen ist. Eine Einzelvollstreckung aus dem abgetretenen Anteil an einer Hypothek ist möglich.

Fazit

Die Nutzung des Refinanzierungsregisters für Finanzierungen in Belgien und Polen erscheint praktikabel und wirtschaftlich sinnvoll. Im Falle Belgiens sollte aber darauf geachtet werden, die Unteilbarkeit der Hypothek vertraglich abzubedingen bzw. bei bestehenden Finanzierungen auf entsprechende nachträgliche Vertragsanpassungen hinzuwirken sowie die Abtretung dem Drittschuldner rechtzeitig anzuzeigen.



[1] Vgl. § 6 RefiRegVO.

[2] Die Rechtsänderung erfolgte durch Art. 16 des Gesetzes vom 26. September 2011, in Kraft seit dem 11. Oktober 2011, der eine Ausnahme von der in Art. 5 belgHypothekenG statuierten Eintragungspflicht regelt.

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Erstveröffentlichung: Immobilien & Fnanzierung Ausgabe 5/6/2015