16.09.2015

Weiter Party, aber Vorsicht!

Ein Blick auf den Immobilien-Investmentmarkt

Andreas Pohl, Sprecher des Vorstandes, Deutsche Hypothekenbank AG
Andreas Pohl

Der Immobilien-Investmentmarkt ist seit dem Ende des letzten Jahrzehntes in einer langjährigen Aufschwungphase, wobei ein Ende des Booms aktuell nicht absehbar ist. Zwar gibt es in einzelnen Teilbereichen Unsicherheiten und Risiken für die Entwicklung der Investmentmärkte, aber insgesamt überwiegen derzeit die positiven Rahmenbedingungen für den Immobilienmarkt. Damit stellt sich allerdings auch die Frage, ob sich die dynamische Entwicklung der vergangenen Jahre in dieser Form fortsetzt oder ob die Party vielleicht bald vorbei sein könnte.

Das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Immobilien-Investmentmarkt erreichte 2014 knapp 40 Milliarden Euro, wobei insbesondere die vermehrte Rückkehr ausländischer Investoren eine wesentliche Rolle spielte. Die Umsätze stiegen damit 2014 das sechste Jahr in Folge. Besonders stark war das vierte Quartal, auf das allein gut 14 Milliarden Euro entfielen. Dieses Quartal weist somit ein höheres Transaktionsvolumen auf als das vierte Quartal des Jahres 2007 mit gut 13 Milliarden Euro.

Neue Dynamik erhält der Investmentmarkt u.a. durch die Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB), die Finanzmärkte mit zusätzlicher Liquidität zu versorgen. Die institutionellen Investoren sind aufgrund hoher Liquiditätsausstattungen weiter auf der Suche nach attraktiven Anlageprodukten. Immobilien bieten hierbei gute Chancen, da die Spreads (Immobilienrenditen zu Verzinsung von risikoarmen Anleihen etc.) historisch ein sehr hohes Niveau erreicht haben.

Grenzüberschreitende Immobilieninvestments in Deutschland

Das Interesse ausländischer Investoren an deutschen Immobilien ist im vergangenen Jahr wieder deutlich gewachsen. Ihr Investitionsvolumen erreichte rund 20 Milliarden Euro, was gegenüber dem Vorjahr nahezu eine Verdoppelung bedeutet. Entsprechend stieg auch der Anteil der ausländischen Marktteilnehmer an. Nachdem dieser 2013 das erste Mal seit 2009 leicht gesunken war, konnte er nun wieder deutlich auf gut 50 Prozent zunehmen.

Damit ist der deutsche gewerbliche Immobilien- Investmentmarkt wieder stark in den Fokus ausländischer Marktteilnehmer gerückt. Der größte Anteil der ausländischen Investments entfällt dabei auf Anleger aus den USA, welche auf einen Gesamtmarktanteil von 15 Prozent kommen. Zweitgrößte Gruppe sind Anleger aus Europa, insbesondere der Europäischen Union. Herauszustellen ist für das vergangene Jahr der Zuwachs bei Investoren aus dem asiatischen Raum. Diese steigerten ihren Marktanteil von 1,5 Prozent im Jahr 2013 auf beachtliche 6 Prozent im Vorjahr, was einem Volumen von 1,2 Milliarden Euro entspricht. Weitere Steigerungen sind hier zu erwarten.

Die zu beobachtende Entwicklung zeigt ein typisches Verhaltensmuster von Anlegern im Investmentzyklus. Entscheiden sich Investoren für ein internationales Engagement, sehen sie sich zunächst signifikanten Informationsdefiziten gegenüber. Andere gesetzliche Rahmenbedingungen, andere Marktusancen und ein generell fremdes Marktumfeld sind hierfür verantwortlich. Dieses Defizit wird durch die Wahl möglichst großer, transparenter und liquider Immobilienmärkte minimiert, die idealerweise zudem über eine ausreichende Zahl an qualitativ guten Objekten verfügen. Dieses eher risikoaverse Verhalten führt Investoren damit zunächst in die „Global Cities“ (London, New York, Tokio, Hongkong, Paris). Durch die zunehmende Nachfrage steigen die Preise, und die erzielbare Rendite sinkt.

Erfahrenere Anleger weichen im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategien dann in nächstattraktive Märkte wie Deutschland aus. In diesen Märkten sind die Preise noch nicht in gleicher Weise gestiegen und somit sind auch die erwarteten Renditen höher. Neben dem Kauf von Portfolios oder einzelner Objekte ist auch die Beteiligung an Fonds bzw. Unternehmen eine häufig gewählte Anlageform, da sie eine flexiblere Risikostreuung im Gesamtportfolio eines Investors zulässt.

Auch in Deutschland werden zunächst vornehmlich Objekte in A-Standorten nachgefragt, bevor auch weniger gute Lagen in das Blickfeld rücken. Die A-Standorte übernehmen damit eine Gateway-Funktion für die Erschließung regionaler Märkte durch internationale Investoren.

Nach diesem Muster befindet sich der deutsche Immobilien-Investmentmarkt in einer Aufschwungphase. Die Renditen in den „Global-Cities“ sind stärker unter Druck als die in den deutschen A-Standorten, so dass ausländische Investoren vermehrt ihr Kapital in deutschen Immobilien anlegen wollen. Inzwischen sind aber auch schon Ausweichreaktionen in weniger attraktive Lagen zu beobachten, da das Angebot an guten Objekten die hohe Nachfrage nur teilweise abdecken kann.

Da die A-Standorte für ausländische Investoren somit die erste Anlaufstation für den Markteintritt sind, kommt es in diesen auch zu überproportionalen Nachfrage- und damit Preisanstiegen, die auch die Gefahr von Übertreibungen in sich bergen. Tendenziell zeigt sich dies derzeit in Deutschland vor allem auf den Büromärkten in Hamburg und München, etwas weniger in Frankfurt am Main und Berlin. Hierbei kann es je nach Objektart noch zu deutlichen Unterschieden kommen.

Finanzierungsbedingungen

Aus geldpolitischer Perspektive steht dem Bankensektor aufgrund der expansiven Geldpolitik der Zentralbanken eine hohe Menge an Liquidität zur Verfügung. Ebenso sind die Refinanzierungskonditionen für die Banken auf historisch günstigen Niveaus, was deren Kreditvergabe deutlich erleichtert. Einen weiteren positiven Einfluss auf die Finanzierungsbedingungen von Immobilieninvestments haben zum einen der gut verlaufene Stresstest der europäischen Banken und zum anderen die erfolgte Umsetzung der erhöhten Sicherheitsanforderungen an die Kreditvergabe der Geschäftsbanken (Basel III). Beides sorgt für eine Verbesserung des Vertrauensklimas, das eine Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Kreditmarkt darstellt. Zudem ist der Bankenrefinanzierungsmarkt wieder intakt, was ebenfalls ein positiver Faktor für die Finanzierungsseite ist. Diese insgesamt gute Situation schlägt sich in der Folge auch in entsprechend niedrigen Hypothekarzinsen nieder.

Abgesehen von einem leichten Anstieg von Ende 2007 bis Ende 2008 sind die Hypothekarzinsen in Deutschland nach der Bundesbank-Statistik seit 2003 ständig gesunken. Lagen sie hier noch bei knapp 6 Prozent betrugen sie Anfang 2014 noch gut 3 Prozent.

Demnach ergibt sich auch von der Finanzierungsseite eine positive Unterstützung für die weitere Entwicklung des Immobilien-Investmentmarktes in diesem Jahr. Die vorhandene Liquidität wird vom Bankensektor vermehrt an die Marktteilnehmer weitergegeben, was deren Aktionsspielräume für Transaktionen weiter erhöht.

Ausblick

Insgesamt befindet sich der Markt derzeit in der Phase der Euphorie („Euphoria“) im Ablaufschema eines Investment- Booms nach Charles Kindleberger. Während der Euphorie gewinnt der Aufwärtstrend an Dynamik, insbesondere wenn positive Signale auch von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ausgehen. Regionale Teilmärkte haben aber auch bereits heute das nächste Stadium erreicht, die Manie („Mania“). Hier gehen die Anleger aufgrund einer überaus optimistischen Grundhaltung von immer weiteren Preissteigerungen aus, so dass die Geschäfte deutlich spekulativer werden. Deren Erfolg zieht weitere Anleger an, so dass die Preise weiter steigen. Eine solche Konstellation ist in den Märkten Hamburg und München zu erwarten. Die nächsten Phasen wären dann die Besorgnis („Revulsion“), in der Investoren verstärkt den Exit wählen, gefolgt von der Panik („Panic“), bei der es zu deutlichen Wertberichtigungen kommt.

Dies ist für den deutschen Immobilien- Investmentmarkt aufgrund seiner dezentralen Struktur zurzeit kein wahrscheinliches Szenario, jedoch sind an einzelnen Standorten teilweise weiter sinkende Renditen zu erwarten. Für das laufende Jahr ist eine Fortsetzung der Aufschwungphasen am deutschen Immobilien-Investmentmarkt zu erwarten. Die monetären Rahmenbedingungen sorgen für reichlich Liquidität und damit für weiterhin gute Finanzierungsbedingungen. Das Engagement ausländischer Investoren wird sich auf hohem Niveau fortsetzen. Vermehrt wird es aber auch in schlechteren Lagen und bei Objekten minderer Qualität Preissteigerungen geben.

Deshalb ist bei allem Optimismus Vorsicht geboten, auch wenn die Party derzeit noch weitergeht: Wir befinden uns nun schon seit einiger Zeit weit oben im Zyklus. Erfahrungsgemäß ist die Gefahr von Preisübertreibungen und Fehlinvestitionen jetzt am größten. Wer jetzt in die falschen Immobilien investiert, kann bei einer Veränderung der derzeitigen Zins- und Liquiditätssituation später das Nachsehen haben, zum Beispiel was Verkaufspreise oder Exitmöglichkeiten angeht. Die Assetqualität bleibt das A und O.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e. V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2014/2015