03.09.2015

Zwischen Traum und Alptraum

Digitale Datenräume bei Transaktionen

Marko Bohm, Geschäftsbereichsleiter Corporate Solutions, STRABAG Property and Facility Services GmbH
Andrea Bierle, Leiterin Competence Center Due Dilligence, STRABAG Property and Facility Services GmbH
Marko Bohm

Der Immobilieninvestmentmarkt in Deutschland boomt. Finanzstarke Investoren schätzen Deutschland für seine Stabilität, Wertbeständigkeit und das vergleichsweise geringe Investitionsrisiko. Investoren schätzen Sicherheit und beziehen dieses Attribut immer mehr auch auf die den Immobilientransaktionen zugrunde liegenden Informationen. Datensicherheit, d.h. die Vollständigkeit, die Transparenz und die geprüfte Qualität sämtlicher für die Ankaufsentscheidung notwendigen Informationen, wird für Anbieter von Immobilien zum Dealmaker oder im Zweifel auch zum Dealbreaker.  

Dabei achten Investoren zunehmend darauf, dass die Qualität der gelieferten Immobilieninformationen auch über den eigentlichen Transaktionsprozess hinaus ein erfolgreiches Bewirtschaften der Immobilie ermöglicht. Käufer großer Immobilien oder Portfolien legen viel Wert auf sichere, vollständige und richtige Daten, denn nur so können Asset- und Property Manager ihre Regelaufgaben problemlos und effizient erledigen und die gewünschten Zielrenditen erwirtschaften.

Der Trend zu Share Deals bei größeren Einzeltransaktionen und Portfolioverkäufen setzt die Latte an Datensicherheit noch einmal deutlich höher. Der zusätzliche Austausch sämtlicher gesellschaftsrechtlicher und steuerlicher Informationen erhöht die Komplexität im Vergleich zu reinen Asset Deals enorm. Damit steigt auch der Aufwand für die Vorbereitung und für die Prüfung der Verkaufsunterlagen erheblich. Gleichzeitig hat durch die Professionalisierung und Internationalisierung der Branche die Umschlagsgeschwindigkeit für Immobilientransaktionen zugenommen.

Diese gegenläufige Spirale von mehr Tempo bei steigendem Anspruch an Transaktionssicherheit und Qualität der Daten setzt Verkäufer stark unter Druck. Wollen sie durch fehlende oder fehlerhafte Informationen keine erheblichen Preisabschläge riskieren, müssen sie diese Spirale durchbrechen und auf zwei wesentliche Bedingungen achten:

  1. Auf die Effizienz von Digitalen Datenräumen sowie
  2. auf die Effektivität der Implementation sämtlicher für den Betrieb und Verkauf relevanter Daten.

Voraussetzung und Vorteile Digitaler Datenräume

Ständig verfügbare, transparente und strukturierte Informationen in höchster Qualität verbunden mit lückenloser Datenwahrheit sind die Grundlage für ein effizientes und effektives Immobilienmanagement und letztendlich für erfolgreiche Transaktionen.

Deswegen geht der Trend bei großen Immobilieninvestoren und Asset Managern zu einer vollständigen Digitalisierung sämtlicher Informationen und Unterlagen einer Immobilie.

Die Vorteile sind offensichtlich:

  • Physische Dokumente können auf die gesetzlich notwendigen Unterlagen wie Verträge, Urkunden und Baugenehmigungen beschränkt werden und machen nur noch einen kleinen Teil der Immobilieninformationen aus.
  • Tausende Seiten Pläne, Berichte und Verträge, d.h. alle relevanten Daten stehen zeitlich und räumlich vielen unterschiedlichen Nutzern schnell und unbegrenzt zur Verfügung. Das vereinfacht die Zusammenarbeit mit externen und internen Dienstleistern während der Haltephase einer Immobilie und natürlich den Kontakt zu potentiellen Käufern und die Due Diligence während des Transaktionsprozesses.
  • Digitalisierte Daten erlauben auf „Knopfdruck“ Analysen, Entscheidungsvorlagen, Risikoeinschätzungen und Reportings jeglicher Art und Umfangs. Das schafft Flexibilität und Effizienz im Bestandsmanagement, minimiert Risiken durch Transparenz und erhöht nicht zuletzt das Tempo für Due Diligences und Transaktionen.

Bevor ein solcher Datenraum allerdings wirklich effektiv und effizient einsetzbar ist, steht viel Arbeit. Und intensive Qualitätssicherung sowie ausführliche Recherche vorab sind unerlässlich. Das Einpflegen und die Verwaltung der vielen unterschiedlichen Informationen in eine elektronische Datenbank erfordert Zeit, Know-how, Geduld und vor allem klare Verantwortlichkeiten.

Einer der größten Probleme ist die oft fragmentierte und deshalb völlig unübersichtliche Datenlage. Immobilieninformationen werden nur noch in den seltensten Fällen zentral beim Eigentümer gesammelt und verarbeitet. Tatsächlich haben viele große Immobilienbestandshalter in den vergangenen Jahren Managementdienstleistungen intern auf viele Schultern aufgeteilt und oft auch vollständig oder in Teilen an externe Dienstleister outgesourct. Fonds- und Asset Manager, Property- und Facility Manager, technische Berater, Planer und deren sämtliche Subunternehmer liefern, sammeln, bearbeiten und archivieren unterschiedliche Informationen und Unterlagen. Wenn schon auf einer gemeinsamen Plattform, dann doch oft ohne gemeinsame Regel.

Was sich im Bestandsmanagement oft nur latent ankündigt, tritt dann im Verkaufsfall offen zu Tage. Ein nicht stringentes Dokumentenmanagement erhöht Aufwand und Kosten erheblich. Mangelnde Transparenz, Struktur oder auch ein Zuviel an Informationen führt zu Preissenkungen, Garantieübernahmen und gefährdet letztendlich die Transaktionssicherheit. Allein die Tatsache, dass digitale Datenräume eingerichtet und für einen Verkauf benutzt werden, wirkt diesem Mangel nicht entgegen. Im Gegenteil, sie macht ihn teilweise erst richtig offensichtlich.

Nur die möglichst hohe Transparenz und Authentizität der den wesentlichen Wert bestimmenden Faktoren schafft Vertrauen und sichert einen seriösen Verkaufsprozess – ist das nicht gegeben, kann der digitale Datenraum schnell zum Albtraum werden.

Datenimplementation ist eine Sache für Profis

Den meisten Immobilieninvestoren bereitet die Entscheidung für das richtige IT-System zur Archivierung und Pflege der vielfältigen Informationen viel Kopfzerbrechen. Sicherheitsanforderungen, Leistungsfähigkeit, Prozesse und Funktionalitäten sowie die Kompatibilität mit der bereits vorhandenen IT-Infrastruktur im Unternehmen und natürlich die anfallenden Kosten sind alles wichtige Aspekte, die in oft langwierigen Entscheidungsprozessen abgewägt werden müssen.

Weit weniger Gedanken machen sich die Eigentümer dabei um die Implementation der Daten. Die wird meist als zwar „lästige Fleißarbeit“ angesehen, die gemacht werden muss, für die aber wenig Know-how notwendig und daher wenig Ressourcen notwendig seien. Ein deswegen häufig gemachter Fehler in der Immobilienbranche: Der eigene Property-  oder Asset Manager soll die Bestandsauf- und -übernahmen in den Datenraum neben seinen eigentlichen Regelaufgaben mit erledigen. Das funktioniert schon im Bestandsmanagement in den seltensten Fällen, bei Verkaufsvorbereitungen oder Ankäufen von Immobilien oder gar ganzen Portfolien noch viel weniger. 

Sowohl für dauernde Datenverwaltung in elektronischen Archiven als auch in Projekt Datenräumen für Entwicklungen, Bauvorhaben oder Transaktionen ist die grundsätzliche Voraussetzung eine intelligente, übersichtliche, logische Struktur mit eindeutiger Namenskonvention und einem hohen Maß an Disziplin.

Eine mehr oder wenig anspruchsvolle IT hilft bei diesem Anspruch nur wenig. Die angebotenen Softwarelösungen sind alle unterschiedlich, der Weg zum Ziel ist aber immer ähnlich. Unsere Erfahrung als langjähriger Berater und Verantwortlicher für die Implementation solcher Datenräume ist: Eine auf individuelle Anforderungen angepasste Software und Systeme sind wichtig. Absolut entscheidend sind aber auch die Prozesserfahrung und das Know-how derjenigen, die die Daten aufbereiten, bewerten und einpflegen. Gemäß der schon sprichwörtlichen Wahrheit, eine Datenbank kann nur so schlau sein, wie derjenige, der die Daten eingibt und pflegt. Nachlässigkeiten in diesem Bereich, das zeigt unser Alltag immer wieder, schlagen sich spätestens bei einer Transaktion als heftige Preisabschläge nieder. Nur eine solide Datenbasis schafft die Grundlagen für eine korrekte Verkehrswertermittlung und für eine adäquate Bankenfinanzierung-

Es sind immer dieselben Themen, die bei Portfolioaufnahmen oder in Due Diligence Prozessen auffallen. Widersprüche und Abweichungen bei Mietflächen und Stellplätzen, unbekannte Auflagen aus Baurecht, nicht vollzogene Mietanpassungen, fehlende Nachweise zum Brandschutz oder zu TÜV-Abnahmen usw.

Einige Beispiele aus unserer Praxis, die Transaktionen und Projektentwicklungen schon in der Vorbereitung von Transaktionsprozessen erheblich beeinflusst haben.

  • Nach Analyse von Mietverträgen konnten für einen Kunden zirka 200.000 Euro Jahresmiete in Form von Mieterhöhungen aus unterlassenen Index Anpassungen realisiert werden. Optimierung: fast 10%.
  • Aus Analyse von Mietverträgen und Nebenkosten wurden durch Kostendeckelung verursachte Risiken in Höhe von zirka 350.000 Euro pro Jahr identifiziert.
  • Auf Basis einer Mietvertragsanalyse wurden vertraglich umlegbare aber aktuell nicht umgelegte Kosten identifiziert – Volumen über 150.000 Euro.
  • Im Rahmen der Due Diligence wurde ein „Bodendenkmal“ identifiziert, was die wirtschaftlichen Grundlagen für eine Projektentwicklung erheblich verändert. 
  • Der Nachweis einer außergewöhnlichen Sondernutzung einer Liegenschaft hat Auswirkungen auf deren Ankauf.

Trotz der nicht mehr wegzudenkenden großen Vorteile der Digitalisierung im Immobilienmanagement: Die Erhebungen und das Anlegen auch der digitalen Datenräume bleibt manuelle Arbeit. Dahinter steht ein intensiver Prozess mit „ganz großer Sorgfalt“. Attribute für die Arbeitsweise der Bestanderhebungen und -erfassungen sind deswegen „aufwendig, genau, pingelig, ehrlich, richtig“.

Qualität im Sinne von vollständiger Datensicherheit ist nur sicherzustellen, wenn alle Dokumente Seite für Seite betrachtet, gelesen, verstanden, gescannt und abgelegt werden. Dabei ist die Qualitätsprüfung vor Ablage in den Datenräumen zwingende Voraussetzung. Schnelligkeit zählt bei Bestandsaufnahmen nicht, Aushilfen sind nicht hilfreich und Fachkompetenz ist gefragt, denn falsche Informationen sind schlechter als gar keine!

Deswegen ist der Einsatz von professionellen Teams, bestehend aus Fachleuten wie Immobilienwirtschaftlern, Architekten, Ingenieuren, Haustechniker und Juristen mit Immobilienschwerpunkt für Baurecht und Mietrecht nur von Vorteil. Die Beispiele oben zeigen, dass sich Investitionen in diesen Bereich immer auszahlen. Der Trend zum Outsourcing dieser Dienstleistungen wird deswegen sicher anhalten.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von STRABAG Property and Facility Services GmbH
Erstveröffentlichung: 15.05.2014, Immobilien und Finanzierung