25.11.2016

Europäische Wohnmärkte

Chancen der spanischen und polnischen Wohnimmobilienmärkte nutzen

Kerstin Lauerbach, (MRICS), Fondsmanagerin, Bouwfonds Investment Management Deutschland GmbH
Kerstin Lauerbach

Wer in Wohnimmobilien investieren will, sollte über einen länderübergreifenden Ansatz nachdenken. Denn die einzelnen europäischen Märkte entwickeln sich sehr unterschiedlich und haben unterschiedliche Rendite-Risiko-Relationen. Insgesamt korrelieren sie kaum miteinander. In Schweden ist der Markt derzeit beispielsweise auf einem Peak, während Spanien und Polen aktuell attraktiv für Investitionen sind.

Fragen an Kerstin Lauerbach MRICS, Fondsmanagerin des „Bouwfonds European Residential Fund“ bei Bouwfonds Investment Management

The Property Post: Bouwfonds IM bereitet derzeit seinen zweiten Wohnimmobilienfonds vor, der paneuropäisch investieren wird. Der Vorgängerfonds, der im Jahr 2007 aufgelegte Bouwfonds European Residential, hat mittlerweile ein Fondsvolumen von rund 820 Mio. Euro und hält 78 Objekte in fünf europäischen Staaten. Die Performance in den letzten zwölf Monaten liegt derzeit bei 6,9 Prozent, der Durchschnitt der letzten fünf Jahre liegt bei 5,1 Prozent. Ist eine solche Performance mit einem neuen Fonds duplizierbar?

Kerstin Lauerbach: Man muss natürlich einräumen, dass sich die Wohnimmobilienmärkte gerade in der Zeit, seit der Fonds aufgelegt wurde, besonders gut entwickelt haben. Dies gilt insbesondere auch für Deutschland. Hierzulande, aber auch in anderen europäischen Ländern, haben wir inzwischen bei den Preisen wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Insofern wird es immer schwieriger, gute Immobilien zu attraktiven Preisen zu finden. Dennoch rechnen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch mit einer IRR von 4,5 – 5,5 Prozent. Denn noch immer entwickeln sich die europäischen Immobilienmärkte nicht im Gleichklang. Das eröffnet Chancen beim An- und Verkauf.

TPP: Welche Märkte sind denn jetzt gerade interessant?

K. L.: Ein gutes Beispiel für die Erholung der Märkte sind die Niederlande, wo wir im vergangenen Jahr eine wirklich gute Entwicklung beobachten konnten. Frankreich scheint jetzt auch auf einem guten Weg zu sein, wieder das Vorkrisenniveau zu erreichen. Diese Entwicklung war in Frankreich mit Blick auf die vergangenen Jahre so nicht zu erwarten. Erstmalig haben wir inzwischen auch Objekte in Polen in den Fonds aufgenommen. Es gibt zwar Risiken, aber generell sehen wir dort die Möglichkeit guter Mietpreis- und Renditeentwicklungen. Ähnliches prüfen wir für den spanischen Markt.

TPP: Warum ist es sinnvoll, paneuropäisch in Wohnimmobilien zu investieren, anstatt sich auf ein Land zu begrenzen?

K. L.: Die Länder entwickeln sich eben sehr unterschiedlich und haben auch eine unterschiedliche Rendite-Risiko-Relation. Insgesamt korrelieren die Märkte kaum miteinander. Wenn ein Investor sich zudem nur auf die Euro-Zone konzentrieren würde, würden einige Länder ausgelassen werden, die eine Überrendite generieren können – wie zum Beispiel die Schweiz.

TPP: Wenn man die Performance von europäischen Wohnimmobilieninvestments rückwirkend betrachtet, waren die Mietrenditen immer extrem stabil. Dennoch schwankte die Gesamtperformance erheblich. Woran lag dies?

K. L.: Die Gesamtperformance wird neben der Mietentwicklung durch die Wertentwicklung beeinflusst. Während die Mietentwicklung extrem stabil war, weist die Wertentwicklung größere Schwankungen auf, die bei den einzelnen Fonds zudem unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Dies erklärt sich aus zwei Faktoren: erstens unterschiedliche Marktzyklen der jeweiligen Immobilienmärkte und zweitens der Tatsache unterschiedlicher Bewertungsverfahren. Insbesondere im englischsprachigen Raum sind Bewertungsverfahren üblich, die Schwankungen des Gesamtmarktes wesentlich stärker in der Bewertung einzelner Immobilien abbilden, als das für uns in Deutschland vorgeschriebene Ertragswertverfahren. Insofern sehen wir auch, wenn wir unseren Fonds mit gängigen Benchmarks vergleichen, dass unsere Bewertungen weniger volatil sind. Das bedeutet einerseits, dass in einer Phase wie der gegenwärtigen die Wertentwicklung in unserem Fonds auch einmal hinter dem Markt zurückbleibt. Andererseits verläuft die Wertentwicklung bei unserem Fonds insgesamt stabiler und nachhaltiger, weil Wertzuwächse beim Ertragswertverfahren vor allem durch einen Anstieg der nachhaltig erzielbaren Miete zustande kommen, während kurzfristige Markttrends sich weniger auswirken.

TPP: Was ist für Ihre Investoren wichtiger: Die laufende Mietrendite oder die langfristige Wertentwicklung?

K. L.: Auch unser neuer Fonds ist ausschüttungsorientiert, um den Bedürfnissen der Investoren entgegenzukommen Der Cashflow ist die erste und wichtigste Priorität bei der Fonds-Steuerung. Die Wertentwicklung wird ja – wenigstens zum Teil – auch durch die Entwicklung der Mieterträge bestimmt. Ergeben sich Änderungen bei der Wertentwicklung, schauen wir natürlich genau nach der Ursache, ob sie nur markt- oder eben auch mietgetrieben ist. Dann können wir auch entsprechend schnell reagieren.

TPP: Wie hoch ist denn die Vermietungsquote der Immobilien in Ihrem Fonds?

K. L.: Die Vermietungsquote ist trotz der Reife des Fonds mit einem Durchschnitt von 97,2 Prozent im letzten Geschäftsjahr sehr hoch. Sie unterliegt aber natürlich auch Schwankungen. Über den Sommer liegt die Quote immer etwas niedriger aufgrund einiger im Fonds befindlicher Studentenwohnheime, die im Sommer einen größeren Leerstand haben. Im Monat Juli lagen wir bei immer noch zufriedenstellenden 93,7 Prozent. Im Oktober haben wir wieder eine Vermietung von 97,4% erreicht.

TPP: Ein wichtiger Treiber des Wohnungsmarktes ist das Wachstum der Haushaltszahlen. In welchen Ländern werden diese künftig am stärksten wachsen?

K. L.: Hierzu haben wir in unserer Researchabteilung eingehende Untersuchungen vorgenommen, die die Basis für unsere Investitionsentscheidung bilden. Demnach sind die Länder, für die die stärksten Anstiege bei den Haushaltszahlen prognostiziert werden, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Dahinter folgen Italien, Polen und die Niederlande. Gleichwohl gilt es die einzelnen Metropolen genau anzuschauen und die „richtigen“ Städte „rauszupicken“.

TPP: Nun sind die Haushaltszahlen nicht das einzige Kriterium. Daneben spielen das Preisniveau, etwaige Währungsrisiken, die Eigentumsquote und die Liquidität des jeweiligen Marktes eine Rolle. Welche Länder haben Sie bei Ihrer Analyse als derzeit günstig für Ankäufe identifiziert?

K. L.: Spanien und Polen stellen derzeit für uns attraktive neue Märkte dar. Deutschland ist für uns nach wie vor ein sehr lohnenswerter Investitionsstandort, um weitere Immobilien anzukaufen. Darüber hinaus sind auch noch unsere bisherigen Investitionsmärkte Niederlande und Frankreich zu nennen – sowie Dänemark, wo wir ebenso neue Objekte suchen und kaufen.

TPP: In welchen europäischen Ländern sind die Investitionsbedingungen derzeit so, dass Sie dort nicht investieren würden?

K. L.: Zunächst muss man nach Großbritannien schauen: Noch ist nicht abzuschätzen, welche Folgen der „Brexit“ für den Standort haben wird. In Schweden sehen wir, dass sich der Markt in den letzten Jahren sehr, sehr gut entwickelt hat. Unser Fonds ist ja auch in Schweden investiert. Bei dem erreichten Preisniveau sehen wir keine Möglichkeit das Portfolio weiter auszubauen, im Gegenteil, wir überlegen derzeit, die Bestände dort zu verkaufen. Norwegen sehen wir zurzeit noch nicht als Einstiegsmarkt, da die dortige Wirtschaft sehr stark abhängig ist vom Erdöl und sich die wirtschaftliche Gesamtentwicklung dementsprechend unsicher gestaltet.

TPP: Welche Rolle spielt das Thema Regulierung des Wohnungsmarktes?

K. L.: Noch ist die Regulierung an den meisten Standorten in Europa nicht so weit fortgeschritten, dass sie unsere Investitionspolitik stark beeinflusst. Dennoch muss man die Entwicklungen im Blick behalten. Als Fondsmanagerin schaue ich natürlich in erster Linie darauf, dass die Interessen unserer Investoren gewahrt sind. Kurzfristige Gewinnmaximierung kann dabei kein Leitmotiv sein; vielmehr müssen wir auf die langfristige Entwicklung der uns anvertrauten Vermögenswerte achten. Wir sehen uns in der Verantwortung, dass ein vernünftiges Angebot zu vernünftigen Preisen besteht. Wenn angekündigte Maßnahmen realisiert werden und es zu einer Überregulierungen kommt, muss man von einer negativen Beeinflussung des Wohnimmobilienmarktes sprechen. Dies könnte Auswirkungen auf künftige Investitionsentscheidungen haben. Ein Standort, an dem die Regulierung bereits ein erhebliches Maß angenommen hat, ist sicherlich Schweden.

TPP: Welche Anlegergruppen wollen Sie mit dem neuen Fonds besonders ansprechen?

K. L.: Wir sprechen vor allem institutionelle Anleger an, die eine stabile Ausschüttungsrendite anstreben und die untereinander ähnliche Interessen haben. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen deutlich auf: Für eine optimale Fondsentwicklung sollten die einzelnen Investoren bei etwaigen Änderungen im Bereich der Regulierung in gleicher Weise davon betroffen sein. Dann sind sie auch bereit, entsprechende Entscheidungen zu treffen. Wäre die Interessenlage zu unterschiedlich, könnte das Entscheidungsprozesse unnötig verlängern oder verzögern.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Bouwfonds Investment Management Deutschland
Erstveröffentlichung: The Property Post, November 2016