10.07.2018

Keine Hotels mehr von der Stange

Trends im Hoteldesign

Jan-Oliver Meding, Geschäftsführender Gesellschafter, MPP Meding Plan + Projekt GmbH
Jan-Oliver Meding

Herr Meding, was zeichnet heute ein Hotel aus, das den Zahn der Zeit trifft?

Hotels sind dann gelungen, wenn sie ihren Nutzern lange in guter Erinnerung bleiben. Wer heutzutage meint, ein Hotel sei nur zum Schlafen da, irrt also gewaltig. In den vergangenen Jahren haben Hotels nämlich einen Funktionswandel erfahren – wie übrigens andere Immobilientypen auch. Büros wurden zu modernen Arbeitswelten, Shopping Center zu Erlebniszentren und Hotels zu Lifestyleplätzen. Da der jeweilige Lebensstil sehr persönlich ist und zugleich unsere westlichen Gesellschaften immer heterogener werden, ist Individualität eines der Hauptgebote im Hoteldesign. Die großen Hotelketten haben auf diese Entwicklung mit zahlreichen neu etablierten Eigenmarken reagiert. Darüber hinaus ist es kein Zufall, dass wir gerade in Metropolen viele neue Design- und Boutiquehotels sehen. Sie sprechen generationenübergreifend ein Publikum an, das sich durch Reisefreude und Weltgewandtheit auszeichnet. Diese Menschen erleben viel, kommen mit zahlreichen Personen in Kontakt und haben eine abwechslungsreiche Arbeit – da darf das Hotel keine Langeweile ausstrahlen.

Trotz aller Individualität: Gibt es verbindende Elemente in besagten großstädtischen Designhotels?

Ja, einige große Linien lassen sich festhalten. Hier ist die Verbindung scheinbar gegensätzlicher Stile zu nennen. Industriechic gepaart mit Designmöbeln, modernste Videotechnik in antiken Holzschränken, Dekorationsstücke der 60er Jahre neben Chatbots. Ein zweiter Trend ist das sogenannte biophile Design: Wasserläufe, Rasenflächen oder blumenbedeckte Wände erhalten Einzug ins Innere des Hotels. Das ist natürlich auch eine Reaktion auf die zunehmende Urbanisierung, in der die Sehnsucht nach dem grünen Naturraum wächst. Nicht zuletzt gibt es ein Bedürfnis in der erwähnten Zielgruppe nach Austausch mit Gleichgesinnten, sowohl im Beruf als auch in der Freizeit. Daher entstehen in einigen Hotels bereits die ersten Co-Working-Flächen. Damit ist ein geeigneter Ansatz gegeben, um die Aufenthaltsdauer der Gäste im Hotel zu erhöhen.

Designhotel, klassisches Kettenhotel, Budgethotel – die Produkte auf dem Markt werden vielfältiger. Laufen die verschiedenen Hoteltypen und Designkonzepte parallel zueinander? Oder gibt es auch gegenseitige Einflüsse?

Die Hotels mit persönlicher Note geben eine klare Stoßrichtung für den gesamten Markt vor. Das ist auch gut so, denn dadurch entsteht mehr Raum für architektonische Kreativität. Da Gemeinschaftsflächen allgemein aufgewertet werden, erhalten Lobbys und Gastronomiebereiche eine neue Rolle: Sie sind – wie in früheren Zeiten – wieder beliebte, öffentliche Aufenthaltsorte. Großzügige, offene, mit eigenem Chic gestaltete Flächen ziehen eben auch Menschen von außerhalb und nicht nur die eigenen Hotelgäste an. Wenn Hotelbars zusätzlich durch ein qualitativ hochwertiges Getränkeangebot punkten, werden sie zu echten Hotspots. Bis vor kurzem handelte es sich gerade hierbei ja um trostlose Orte, die allenfalls für den letzten Absacker vorm Gang ins Zimmer gut waren. Ähnliches gilt für Restaurants, die bestenfalls nicht mehr in separaten Bereichen untergebracht sind, sondern sich bewusst zu den öffentlichen Flächen hin öffnen. Es ist erstaunlich, dass viele Betreiber erst nach und nach erkannt haben, dass ihre Gästeschar nicht nur aus den Personen besteht, die auch bei ihnen schlafen. Das moderne Hotelkonzept versteht sich folglich als Bestandteil der umgebenden Sozialstruktur und Teil des Quartiers. Einen letzten wichtigen Trend möchte ich erwähnen: Regionalität. Als Reaktion auf Globalisierung und Mobilität gibt es ein zunehmendes Bedürfnis nach Verortung. Lokaltypische Baumaterialien, Kunst mit Bezug auf die Stadtgeschichte oder Dekorationen mit Wahrzeichenmotiven bieten sich hierbei an. Auch hier wird also wieder deutlich, dass das „Hotel von der Stange“ ausgedient hat.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von MPP Meding Plan + Projekt GmbH
Erstveröffentlichung: CUBE Berlin, Ausgabe 6/2018

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