23.08.2022

Für eine 100%-Förderquote

Missverständnisse und Informationsdefizite überwinden

Arnaud Ahlborn, Geschäftsführer, INDUSTRIA WOHNEN GmbH
Arnaud Ahlborn

Mietvergünstigter Wohnraum wird dringend benötigt. Privatwirtschaftliche Entwickler und Investoren könnten ihren Beitrag dazu leisten, aber Missverständnisse und Informationsdefizite stehen im Weg, meint Industria-Geschäftsführer Arnaud Ahlborn.

Ein Klassiker unter den Klageliedern von Wohnprojektentwicklern sind die stetig steigenden Quoten für geförderte Wohnungen in deutschen Metropolen. Sie verhageln die Kalkulation, verteuern den frei finanzierten Teil des Projekts und machen den Bau kompliziert, so die landläufige Meinung. Die Entwickler sehen die Wirtschaftlichkeit eines Projekts durch die günstigen Mieten gefährdet. Die Quoten gelten als Störfaktor, denn es wird baulich oft in abgestufter Form dargestellt, was gefördert und frei finanziert ist. Das macht schon mal zwei verschiedene Baubeschreibungen notwendig.

Doch statt sich unerreichbare Null-Prozent-Quote zu wünschen, sollten sich Entwickler mit der gegenteiligen Lösung auseinandersetzen: 100% gefördertes Wohnen. Das kann einfacher und wirtschaftlicher sein als der Versuch, in einem Projekt neben 50 geförderten auch noch 25 frei finanzierte Einheiten unterzubringen. Unsere Erfahrung zeigt, dass Entwickler oft gar nicht wissen, dass man auch solche Projekte bauen kann. Dabei liegt eine Übererfüllung der Quote im Interesse der Kommunen, und auch die Förderbanken ziehen durchaus mit.

Aber auch auf Seiten der Kommunen gibt es Missverständnisse. Sie befürchten, dass Investoren Fördergelder in Anspruch nehmen, dann die Projekte schnell abstoßen und die Wohnungen damit aus der Sozialbindung fallen. Dabei schließen die Förderbedingungen ein solches Szenario aus. Selbst wenn der Investor verkaufen wollte, ginge das nur unter Wahrung der Sozialbindung. Kommunen wissen außerdem oft nicht, dass es auch Förderprogramme gibt, die über 25 oder 30 Jahre laufen, also genauso lang wie die gewünschte Sozialbindung. Und diese Programme verhindern, dass mit einem Weiterverkauf die Sozialbindung vorzeitig endet. Abgesehen davon sind wir als Industria Wohnen nur an langfristigen Investments interessiert. Gleiches gilt für das Gros der institutionellen Investoren.

Voraussetzung dafür, dass gefördertes Wohnen wirtschaftlich ist und selbst Projekte mit 100% gefördertem Wohnen tragfähig sind, ist aber, dass Entwickler, Investoren und auch die Kommunen selbst sich in der vielfältigen Förderlandschaft auskennen. Und das ist alles andere als selbstverständlich. Je nach Bundesland, Region oder Kommune gibt es unterschiedliche Modelle, die nicht unbedingt aufeinander abgestimmt sind. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Förderungen für energieeffizientes Bauen. Natürlich kann man den Wirrwarr beklagen und Vereinfachung fordern. Aber zielführender ist es, sich pragmatisch mit der gegebenen Situation auseinanderzusetzen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INDUSTRIA WOHNEN GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, Mai 2022

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