23.08.2022

ESG in der Logistikimmobilienbranche

Aus Grau mach Grün

MRICS Bodo Hollung, Gesellschafter und Geschäftsführer, LIP Invest GmbH
MRICS Bodo Hollung

Das Akronym ESG treibt die Logistikimmobilienbranche um. Seit einiger Zeit dreht sich vieles um Nachhaltigkeitskriterien, deren Einfluss und verschiedene Realisierungsmöglichkeiten. Nicht allen Marktteilnehmenden erschließt sich diese Notwendigkeit. Sie sehen die Thematik als Druck durch den Gesetzgeber oder gar als hausgemacht, damit Asset Manager mehr Geld schöpfen können. Ein Grund mehr, um einen Blick auf die Chancen und Risiken zu werfen.

E – Biodiversität schützt Investments

Innerhalb der Logistikimmobilienbranche stehen die Gewinnung von grüner Energie und die Reduzierung von CO2-Emissionen stark im Fokus. Insbesondere Projektentwicklungen, die einen CO2-neutralen Betrieb ermöglichen und bereits im Bau ressourcenschonend umgesetzt werden, gelten als zukunftsfähige Investments. Für die Berichterstattung zu Energieeffizienz und CO2-Emissionen werden häufig Energiebedarfsausweise herangezogen. Wenn nicht die tatsächlichen Verbrauchsdaten abgefragt werden, bildet dies die Realität nur bedingt ab. Denn die Bedarfsausweise geben nicht zwangsläufig Auskunft über den tatsächlichen Verbrauch einer Logistikimmobilie. So unterscheidet sich beispielsweise die Energieintensität enorm, wenn eine energieintensive Sortieranlage eingebaut ist, die anders als Heizungen und Beleuchtung nicht zur Gebäudeausstattung zählt.

Fraglich ist zudem, wie lange das Heranziehen von Schätzdaten oder Hochrechnungen zulässig bleiben wird. Die Abfrage der Verbrauchsdaten bei den Mietern kann zwar mühsam sein. Noch mühsamer wird es jedoch, die Daten im Zweifelsfall für mehrere Jahre im Nachgang erfassen zu müssen. Die Vereinbarung von Green Lease Klauseln in Mietverträgen fixiert eine diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen Mietern und Eigentümern. Die Identifikation von Nachhaltigkeitsrisiken und die Umsetzung von Maßnahmen können deutlich fundierter erfolgen, wenn die Auswertung auf tatsächlichen Daten beruht.

Stichwort Nachhaltigkeitsrisiken: Das Hauptaugenmerk liegt bislang auf dem Thema Energieeffizienz. Doch auch der Blick auf die biologische Vielfalt der Logistikliegenschaften darf nicht vernachlässigt werden. Logistikimmobilien und die dazugehörenden Außenanlagen bieten zahlreiche Möglichkeiten für eine naturnahe Gestaltung, die Lebensraum für heimische Tiere und Pflanzen schaffen kann und die Biodiversität fördert. Hierzu gehören Maßnahmen wie die Umwandlung von Grünflächen zu Blumenwiesen, die Errichtung von Nistplätzen für Vögel, die Pflanzung von Hecken und Bäumen als Brutstätten, das Aufstellen von Bienenstöcken oder Insektenhotels oder die Nutzung der Dachflächen als Gründach.

Nicht immer sind alle Beteiligten bereit, für solche Maßnahmen in die Tasche zu greifen. An dieser Stelle muss mehr Bewusstsein geschaffen werden – nicht nur für die Chancen, die umweltfreundliche Lösungen bieten, sondern auch für Investmentrisiken, die bei Biodiversitätsverlust entstehen können. Als plakatives Beispiel sei eine Logistikliegenschaft genannt, die zu einem Großteil versiegelt ist, sodass Regenwasser nicht vor Ort versickern kann und sich im Zweifelsfall im Tiefhof sammelt. Da Starkregenszenarien nachweislich zunehmen und damit je nach Standort auch die Hochwasserrisiken steigen, entsteht durch Biodiversitätsverlust letztlich eine potenzielle Gefährdung des Investments. Maßnahmen für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität an Logistikstandorten zahlen sich damit langfristig aus und bieten auch einenwirtschaftlichen Anreiz.

S – Knackpunkt soziale Kriterien

In der Auseinandersetzung mit dem Thema ESG ist die Rede oftmals von dem „E“, also den umweltspezifischen Themen. In Zukunft wird auch das „S“ in ESG stärker in den Fokus rücken. Ein erster Schritt stellt das Lieferkettengesetz der Bundesregierung dar, welches die Logistikbranche betrifft und die Menschenrechte entlang der Lieferketten schützen soll. Außerdem soll analog zur „grünen“ Taxonomie ein soziales Pendant folgen, um einheitliche Standards für die unternehmerische Sorgfaltspflicht in Bezug auf Menschen- und Arbeitsrechte zu schaffen. Zu sozialen Kriterien gehören beispielsweise die Schaffung von Arbeitsplätzen, eine betriebliche Altersvorsorge oder die Förderung der Mitarbeitenden durch Weiterbildungsmöglichkeiten und regelmäßige Schulungen.

Ähnlich wie bei der bereits bestehenden Taxonomie müssen klar definierte und vor allem umsetzbare Kriterien erst noch folgen – insbesondere für den Bereich Logistikimmobilien. Stakeholder Engagement, etwa durch Nachbarschaftskonzepte ö. ä., kann bei anderen gewerblichen Assetklassen wie Büros deutlich einfacher gestaltet und umgesetzt werden. Konzepte, die die Arbeitsqualität für LKW-Fahrende mit Aufenthalts- und Duschmöglichkeiten fördern, sind erste Ansatzpunkte. Als weitere Möglichkeit bietet sich die Zwischenvermietung der Logistikimmobilien für gemeinnützige Zwecke an. Mit Hinblick auf die Renditeerwartungen wird sich dieser Vorschlag allerdings selten durchsetzen lassen.

G – Transparente Kommunikation

Zahlreiche Richtlinien und Leitfäden definieren, wodurch sich eine gute Unternehmensführung auszeichnet. Ob Risikomanagement, Vermeidung von Interessenkonflikten oder wertorientierter Verhaltenskodex – letztlich ist es die offene und transparente Kommunikation, die sowohl bei Anlegern als auch Mitarbeitenden Vertrauen schafft. Indem Risikoeinschätzungen an das Team kommuniziert werden, können langfristige Ziele auch in schwierigen Zeiten weiterverfolgt werden. Indem potenzielle Interessenkonflikte den Anlegern offengelegt werden, können transparente Investmententscheidungen für das Portfolio getroffen werden.

Um die Berücksichtigung von E, S und G messbar zu machen, können Unternehmen ihre Immobilienfonds bewerten und mit anderen Fonds vergleichen lassen, zum Beispiel durch das Bewertungssystem GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark). In die Bewertung fließen umfangreiche Informationen zum Management, den Fonds und den Immobilien ein; darunter Strategien, Richtlinien und Prozesse sowie Verbrauchsdaten der einzelnen Objekte. 2022 hat LIP Invest mit ihren Logistikimmobilienfonds bereits zum dritten Mal teilgenommen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von LIP Invest GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, August 2022

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