13.12.2021

Dritte INVESTMENTexpo

Messe und Markt zeigen sich resilient

Dr. Kathrin Dräger, Kommunikationsberaterin, RUECKERCONSULT GmbH
Dr. Kathrin Dräger

Die Corona-Pandemie war ein bestimmendes Thema bei der diesjährigen INVESTMENTexpo, und zwar sowohl auf inhaltlicher als auch auf organisatorischer Ebene: Welchen Einfluss hat Covid-19 auf die Investmentmärkte? Und wie kann die Messe bei Pandemiebedingungen gelingen?

Unter strengen Hygienerichtlinien, die über die gesetzlichen Regelungen des Landes Berlin hinausgingen, kamen am 30. November und 1. Dezember 2021 mehr als 320 Teilnehmer im Zoo Palast Berlin zusammen. Rund 100 Referenten und Panel-Teilnehmer diskutierten in 25 Themenblocks in zwei Vortragsforen aktuelle Anlagestrategien, Digitalisierungsthemen, ESG-Themen sowie künftige Strukturen der institutionellen Immobilienanlage. Thomas Rücker, Geschäftsführer von RUECKERCONSULT, freut sich über das enorme Brancheninteresse: „Wir haben es innerhalb von drei Jahren geschafft, mit der INVESTMENTexpo eine offene Branchenplattform für direkte und indirekte Real-Estate-Investments mit Eigen- und Fremdkapital zu etablieren.“

Wie das makroökonomische Umfeld der Investmentmärkte in Pandemiezeiten aussieht, erklärte Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, in seinem Keynote-Vortrag. „Kurzfristig steht die Weltwirtschaft bedingt durch die neue Corona-Welle vor einer Eintrübung, sollte aber 2022 insgesamt ein robustes Wachstum aufweisen“, so seine Einschätzung. Eine Herausforderung, besonders für den Bausektor, seien die Lieferkettenprobleme. „Wir gehen aber davon aus, dass sich die Lage an dieser Front im Laufe des zweiten Halbjahrs 2022 allmählich entspannt“, sagt de la Rubia. Die steigende Inflation könne mittelfristig zu höheren Zinsen führen. Auch wenn die Europäische Zentralbank den Leitzins voraussichtlich 2022 nicht anheben werde, würden wohl die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen noch in diesem Jahr wieder positiv. „Der moderate Anstieg der langfristigen Zinsen wird gewisse Spuren bei den Bewertungen der Immobilien hinterlassen, dramatische Auswirkungen sind hier aber nicht zu erwarten“, so de la Rubia.

Während der Corona-Pandemie haben sich Investoren auf die Nutzungsarten Wohnen, Logistik und lebensmittelgeankerter Einzelhandel fokussiert. Die Assetklassen Non-Food-Einzelhandel und Hotels haben dagegen an Investoreninteresse verloren. Ambivalente Signale kamen aus dem Büroimmobiliensektor. Die Einschätzung, wie stark sich die Erfahrungen mit Homeoffice auf die Arbeitswelt der Zukunft auswirken, gehen auseinander, und viele Mieter und Selbstnutzer verhalten sich abwartend, was ihre künftige Flächenplanung angeht. Bei der R+V Versicherungsgruppe wachse der Personalbestand, aber nicht die genutzte Bürofläche, erklärt Head of Real Estate Markus Königstein beim Panel „Büroflächenplanung Quo Vadis“. Weil die R+V-Mitarbeiter sowohl im Homeoffice als auch im Büro arbeiten könnten, werde nicht mehr für jeden ein Arbeitsplatz vorgehalten. Flächenreduktion sei aber bislang noch kein Thema.

“Wir glauben an eine gute Zukunft für Büroimmobilien“, bilanziert Sven Carstensen, Vorstand von Bulwiengesa, in seinem Überblicksvortrag über den Investmentmarkt. “Vor Corona war der Markt wegen des zu geringen Flächenangebots ungesund. Aber mittlerweile haben wir eine vernünftige Balance. Es wird allerdings eine starke Spreizung geben zwischen qualitativ hochwertigen und nicht hochwertigen Objekten geben. In einigen Fällen haben Logistikimmobilien das Renditeniveau von Büros erreicht.“ Derweil berichten sowohl Dr. Anja Hubig, Direktorin Treasury der Ostsächsischen Sparkasse Dresden, als auch Daniel Gerth vom Depot-A-Management der Sparkasse Mittelsachsen, dass ihre Institute den Büroanteil in ihrem Portfolio verringern wollen.

Insgesamt habe die Ostsächsische Sparkasse ihren Immobilienbestand in den letzten Jahren verdoppelt. Die Erträge entstanden aus dem Betrieb, nicht durch rasches Drehen der Immobilien, sagte Hubig beim Panel „Welche Assetklassen stehen Banken für den Eigenhandel noch zur Verfügung?“ Der Zins ist tot, aber wieviel Immobilie verträgt die Bilanzsumme, lautete die Leitfrage des Panels. „Nicht nur der Zins ist tot, auch der Kreditspread in guten Bonitäten“, sagt Hubig. An die Stelle des Zinses seien Aktien und Immobilienanlagen getreten. „Es kann sich keiner leisten, aus den Immobilien rauszugehen, da man vergleichbare Erträge sonst nirgends bekommt“, meint Joachim Kumme, Abteilungsdirektor Eigenanlagen bei der Kreissparkasse Ludwigsburg. „Das Universum für rentierliche Anlagen ist ein aussterbender Sektor.“ Diese Einschätzung teilt auch Gerth: „Im liquiden Bereich ist nichts mehr zu verdienen.“

„ESG wird uns Rendite kosten, zumindest am Anfang“, meint Kumme im Panel „Praxisbeispiele von Immobilienstrategien im Depot-A-Management von Banken“ und spricht damit die Nachhaltigkeit als weiteres zentrales Thema der INVESTMENTexpo an. Kai-Uwe Schlißke, stellvertretendes Mitglied des Vorstandes der Sparkasse Fürth, stimmt ihm zu: „Ein solcher Umbau kostet uns erstmal Geld. Aber in Zukunft wird ESG ein relevanter Faktor bei der Kaufpreisfindung und der Wertsteigerung sein.“ Seine Sparkasse erlegt sich im Moment noch keine Restriktionen auf, nur in ESG-konforme Artikel-8- oder -9-Fonds zu investieren, behält aber das Potential dieser Produkte im Auge.

Wie und wo Institutionelle Anleger künftig investieren wollen, untersucht der Fondsmonitor von Lagrange Financial Advisory. „60 Prozent der institutionellen Investoren wollen aktuell Artikel-8-Fonds, 10 Prozent Artikel-9-Fonds, und 30 Prozent begnügen sich mit Artikel 6“, sagt Dr. Sven Helmer bei der Vorstellung der Umfrage unter 75 Investoren. Die Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot wird beim Impulsvortrag von INTREAL-Geschäftsführer Michael Schneider für das Panel „ESG im Mittelpunkt der Investmentstrategie“ deutlich. Knapp zwei Drittel der Fonds fallen nach Daten der Ratingagentur Scope aktuell in die Kategorie Artikel 6, ein Drittel sind Artikel-8-Fonds, während Artikel-9-Fonds weniger als drei Prozent ausmachen. Während Schneider Schwierigkeiten beobachtet, wegen der strengen Richtlinien Artikel-9-Fonds im Immobilienbereich umzusetzen, sieht Alexander Happ für seine Assiduus Development derzeit keinen Produktmangel, um Artikel-9-Fonds aufzulegen. Nachhaltigkeit muss sich auch im Unternehmen widerspiegeln, nicht nur im Produkt, meinen übereinstimmend Dieter Seitz, Geschäftsführer der LHI Group, und Michael Amann, Geschäftsführer von Becken Invest. Das sei eine Frage von Glaubwürdigkeit.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von RUECKERCONSULT GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, Dezember 2021

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