13.07.2022

Hotelinvestmentmarkt

Steiniger Weg der Erholung

Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner, mrp hotels
Martin Schaffer

Hotel- und Gastgewerbe hatten bis Anfang 2020 von einem langjährigen Boom profitiert, bevor sie von der Coronakrise zunächst unvorbereitet und auch in besonders harte Maße getroffen wurden. Die Erholung des in der Folge ebenfalls stark eingebrochenen Hotelinvestmentmarktes ist damit selbstverständlich sehr eng mit dem Erholungspfad der Hotellerie verbunden.

Im Folgenden widmen wir uns den Kriterien zu, die diesen Erholungsweg beschleunigen, das Vertrauen in die Branche stärken und Voraussetzungen für einen erneuten Aufschwung auch des Hotelinvestmentmarktes schaffen. Gleichzeitig werden aber auch Aspekte beleuchtet, die dieser Erholung entgegenwirken und sie bremsen könnten.

Geändertes Reiseverhalten: Leisure im Vorteil?

Die ersten coronabedingten Lockdowns ab dem Frühjahr 2020 haben für eine Zäsur gesorgt: plötzlich wurden Millionen Menschen quasi über Nacht zu „Heimarbeitern“. Die Geschäftswelt schaffte in oder baute in Windeseile ihre entsprechenden Möglichkeiten stark aus, Besprechungen und Meetings praktisch weltweit virtuell abhalten zu können. Zoom, Teams und Skype erlebten einen bis dahin nicht gekannten Boom. Konferenzen und Kongresse wurden gestrichen oder auf unbestimmte Zeit verschoben, Messen fanden entweder nicht statt oder gingen auch den Weg in die digitale Welt.

Dieser ersten hektischen Betriebsamkeit auf digitalen Pfaden folgte die Gegenreaktion: die persönliche Begegnung bleibt auch in schwierigen Zeiten wichtiger denn je. Sobald dies möglich wurde, fanden auch wieder Messen und Kongresse statt, insbesondere ab dem Sommer 2021.

Trotzdem findet ein generelles Umdenken statt: Auf Seiten der Konzerne spielt die Kosteneffizienz mittlerweile eine immer größere Rolle. In der Folge werden vor dem Hintergrund der Verringerung des CO2-Abdrucks vor allem kurze Flüge vielfach nur wenn wirklich notwendig angetreten oder durch digitale Meetings ersetzt. Man fokussiert sich nun eher auf strategische Meetings und Firmenevents mit Socialising-Charakter. Kurzum: eine Rückkehr der Business-Travel-Tätigkeit auf das hohe Niveau von 2019 ist auch 2022 noch nicht zu erwarten.

Andere Voraussetzungen gelten beim Leisuretravel, gilt doch Verreisen trotz allem nach wie vor als Grundbedürfnis der heutigen Generation. Aber auch in diesem Bereich gelten geänderte Vorzeichen.

So wird in Europa das Fehlen internationaler Gäste, vor allem aus Asien und Amerika, aber auch aus Russland durch den höheren Bedarf im jeweiligen Inland (domestic trips) bzw. im nahen, vor allem kontinentaleuropäischen Ausland, ausgeglichen. Kurzreisen zu nahen Destinationen werden öfter durchgeführt, Reisen an weiter entfernten Zielen zwar weniger, aber zeitlich ausgedehnt. Und die Bereitschaft wächst, dafür höhere Kosten in Kauf zu nehmen.

In der Summe könnte die Erholung an denjenigen Destinationen am ehesten greifen, die jeweils mehr Inlandsgeschäft und mehr Freizeitreisen auf sich vereinen, dabei in A-Lagen ihren Standort haben, weniger flugabhängig und – nach „westlichen“ Maßstäben an Sicherheits- und Gesundheitsstandards – weniger „exotisch“ sind.

Wie wirkt sich die geänderte Tourismuslandschaft auf das Verhalten der Investoren?

Wie in vielen Bereichen kam die Investmenttätigkeit im Hotelinvestmentmarkt während der ersten Pandemiephase fast gänzlich zum Erliegen. Hotelimmobilien hatten vor allem aufgrund der Diskrepanzen von Kauf- und Verkaufsbereitschaft oft das Nachsehen. Aufgrund staatlicher Hilfen waren Fire Sales allerdings rar und machten nur ca. 2,5 Prozent des ohnehin sehr niedrigen Transaktionsvolumens aus. Kapital ist nach wie vor vorhanden und hat bei der Suche nach passendem Produkt einen klaren Vorteil, denn Banken bleiben bei Finanzierungen sehr zurückhaltend. Darüber hinaus sind europäische Investoren am Zug, sie müssen aufgrund der Reise- und somit Besichtigungsschwierigkeiten weniger die Konkurrenz aus Übersee fürchten.

Gesucht werden auch Distressed Assets mit Sanierungsmöglichkeiten. Doch auch hier gilt: in vielen Fällen passen Vorstellungen bei Kauf- und Verkaufspreis nicht. Hohe Preise führen dazu, dass diese Assets recht wenig in der Transaktionsstatistik zu finden sind.  

Investorenfokus verlagert sich in Freizeithotels

Besonders werden Freizeithotels von dieser Lage profitieren: Wir stellen eine besonders hohe Bereitschaft fest, in diese Teil-Assetklasse zu investieren. Das Interesse und der Fokus von Investoren und international expandierenden Betreibern wird sich in Bezug auf Resort- und Freizeithotels verstärken. Neue Betreiber werden Freizeitmärkte erobern, in der Markenkonzeption neue Wege gehen und damit auch die Ferienhotelprodukte weiterentwickeln.

Dabei bewegen sich die Renditeerwartungen noch auf deutlich höherem Niveau als die bereits etablierten Stadtlagen und Tourismusregionen. Dies eröffnet opportunistischen Investoren Anlagechancen, auch und vor allem in neuen touristischen Destinationen in eher ländlichen Gebieten.   

Nicht ganz von ungefähr verkündete Anfang 2022 beispielsweise Engel & Völkers Asset Management erste Käufe auf Sardinien, Ibiza und in Schottland für einen gemeinsam mit der 12.18 Unternehmensgruppe neu aufgelegten Fonds. Die Partner setzen auf die „Akquisition von bestehenden Hotels und Resorts mit Repositionierungspotenzial“, die Lagen seien „nicht-reproduzierbar“ und damit besondere touristische Destinationen.

Erholung des Investmentmarktes bleibt ein Balanceakt

Insgesamt wird das Interesse von Investoren an Hotelimmobilien auch kurz- und mittelfristig von weitreichenden Abwägungen wie beispielsweise Stadt vs. Resort, Hotel vs. Apartments, Konferenz vs. Budget begleitet. Unter den beschriebenen Aspekten ist aber eines gemeinsam: die Investorenseite ist gezwungen, eine individuelle Einschätzung und Betrachtung der Immobilie seitens eines unabhängigen Bewerters in Anspruch zu nehmen. Aktuelle Marktgrundlagen und das Finanzierungs- und Zinsumfeld bilden die Basis, um das einzelne Produkt in seiner jeweils eigenen, in doppeltem Sinne, „Lage“ einzuordnen und bewerten zu können.

Zwar ist der Anlagedruck enorm hoch, jedoch nicht genug „passende“ - oder besser: „optimale“ -Produkte am Markt. Die „richtige“ Immobilie in der richtigen Lage mit dem passenden Betreiber ist gefragt. Die Situation der Betreiber, davon sind größere Ketten nicht ausgenommen, gestaltet sich oft als heikel oder unklar ist, in vielen Fällen könnten auch bestehende Rechtsstreitigkeiten ein Hindernis für ein höheres Dealvolumen sein. 

Nach unserer Einschätzung wird das allgemeine Investment-Interesse, das bereits im Bereich der Freizeithotellerie besteht, durch die prognostizierten Auslastungszahlen weiter anhalten. Gleichzeitig kehren Investoren auch in die Städte zurück. Besonders Immobilien, bei denen Umnutzungen (z.B. zu Wohnungen) vollzogen werden können, sind interessant.

Als größtes Hindernis von Transaktionen gelten Unsicherheiten auf Betreiberseite sowie die Auswirkungen der Pandemie sowie noch stärker gewachsene Anforderungen an Sicherheiten und Rücklagen bei der Bankenfinanzierung. Für die Betreiber bleibt die Situation angespannt: staatliche Förderungen werden zurückgefahren und aufgebaute Verbindlichkeiten aus den letzten Jahren müssen in einem insgesamt schwachen Marktumfeld zurückgezahlt werden. Ob nun neue, hochverzinste Kredite aufgenommen werden können, bleibt mit Fragezeichen versehen. Hinzu kommt, dass die Unsicherheit durch den Krieg in der Ukraine und steigende Energiepreise, die auch dazu führen könnten, dass auch Zimmerpreise weiter anziehen, weiter verstärkt wird.

Wir gehen davon aus, dass Hotelimmobilien nicht generell an Wert verlieren. Im Gegenteil: in Primelagen rechnet man auch nach Rausrechnen einer nachgelegten Pacht eher mit einem Wertgewinn. Eine zusätzliche Sicherheit würde das Vorhandensein eines Pächters bieten, der im Notfall den Betrieb übernehmen könnte. Insgesamt beobachten wir, dass das Investmentvolumen in Bestandsimmobilien – dies hauptsächlich aufgrund geringerer Neuentwicklungen und Fertigstellungen - wieder steigend ist.
Zwar werden etablierte Konzepte weiterhin interessant bleiben, entscheidend für viele Investoren ist mittlerweile aber auch verstärkt die flexiblere Gestaltung der Hotels: Sowohl im Bereich des laufenden Betriebs wie auch in der Gestaltung der Immobilie selbst werden sich neue Konzepte durchsetzen, die sich an die jeweiligen Gegebenheiten mit einem vergleichsweise niedrigeren Aufwand anpassen lassen. Zur Portfoliodiversifizierung werden auch Nischenprodukte oder Serviced Apartments und Longstay-Konzepte verstärkt zum Tragen kommen.
Zu einem der wesentlichsten Einflussfaktoren in der gesamten Wertschöpfungskette zählt derzeit das Thema Nachhaltigkeit. Besonders auch unter dem Einfluss der EU-Taxonomie und der ESG-Kriterien werden Investments neu beleuchtet und bewertet. Unter diesem Aspekt wird am Markt mittel- und langfristig noch einiges in Bewegung kommen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von mrp hotels
Erstveröffentlichung: Immobilien Manager, Juni 2022

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