16.08.2023

Kein Feuer am deutschen Wohnungsmarkt

Einar Skjerven, Geschäftsführer, Skjerven Group GmbH
Einar Skjerven

Trübe Stimmung am deutschen Wohnungsmarkt? Ein Crash mit Fire-Sales ist trotz verschärfter Finanzierungsbedingungen bislang nicht eingetreten und ist auch nicht zu erwarten. Denn der Verkaufsdruck scheint auf einige börsennotierte Gesellschaften mit wenig nachhaltigen Geschäftsmodellen beschränkt. Ansonsten präsentiert sich der deutsche Wohnungsmarkt als ausgesprochen robust und Wertberichtigungen finden lediglich auf dem Papier statt. Dass es im aktuellen Marktumfeld kaum Transaktionen gibt, ist somit auch eine gute Nachricht.

Gleichwohl verschärft sich die Situation für Investoren mit Refinanzierungsbedarf: Nach der Zinswende im vergangenen Frühjahr konnten sie zwar die bis dato günstigen Konditionen für ihre regulären Bankenfinanzierungen mittels Prolongationen auf weitere zwölf bis 18 Monaten sichern. Die so verlängerte Frist läuft aber demnächst ab, was dazu führt, dass bei sinkenden Immobilienwerten und höheren Finanzierungskosten mehr Eigenkapital erforderlich werden wird.

Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren in signifikantem Umfang mit größeren Mezzanintranchen gekauft wurde. Die so realisierten Investments müssen jetzt mit erheblich höheren Zinsen im Nachrang rechnen. Und Banken können angesichts der gesetzlichen Eigenkapitalanforderungen nicht einfach so einspringen und ihren Senior-Loan ausweiten. Das heißt: Es gibt eine nicht unerhebliche Zahl Eigentümer, die in den kommenden Monaten für ihre Investments entweder einen Joint-Venture-Partner oder einen Käufer finden muss.

Grund zur Sorge besteht dabei kaum. Denn für die auf den Markt kommenden Immobilien steht eine große Anzahl an Interessenten bereit. Die Kassen der international tätigen Investmentmanager sowie vieler Pensionsfonds sind gut gefüllt. Und vor allem außereuropäische Investoren würden gern deutsche Wohnungen in ihr Portfolio aufnehmen. Bietergefechte sind allerdings kaum zu erwarten, weil es für Ankäufe eine klare Preisgrenze gibt, die im Wesentlichen vom aktuell gut vierprozentigen Zinsniveau der US-Staatsanleihen bestimmt ist.

Im Ergebnis bewegen sich die Preisvorstellungen sowohl privater Eigentümer als auch börsennotierter Verkäufer eher langsam auf die Erwartungen möglicher Investoren zu. Ein Treffen findet momentan etwa beim 20 bis 22-fachen der Jahresnettokaltmiete statt. Es sei denn, die Häuser sind in Wohneigentum aufgeteilt. Dann lässt sich auch das 22 bis 25-fache erzielen. Denn die private Nachfrage nach bezugsfreien Wohnungen bleibt hoch und die Preise für Bestand werden durch teuren Neubau gepusht. So haben wir aktuell eine Situation, in der es hier und da zwar brennen könnte, aber zugleich sehr viel Wasser zum Löschen bereitsteht.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Skjerven Group
Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, Juni 2023

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