10.09.2015

Was und wie wird verglichen?

So fuktioniert Nachhaltigkeitsbenchmarking

Dr. Thomas Beyerle, Managing Director, Catella Property Valuation GmbH
Dr. Peter Mösle, Geschäftsführer und Partner, Drees & Sommer SE
Dr. Thomas Beyerle

Ein Nachhaltigkeitsreporting berichtet über die Qualitäten eines Unternehmens in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Soziales und gibt dadurch Auskunft über dessen Zukunftsfähigkeit in diesen drei Nachhaltigkeitsdimensionen. Der Klimawandel und der demografische Wandel sind gesamtgesellschaftliche Megatrends, die sich auf die Chancen und Risiken für Unternehmen der Immobilienwirtschaft auswirken. Ein einheitliches Nachhaltigkeitsreporting ist auch in der Immobilienwirtschaft die Voraussetzung für Nachhaltigkeitsbenchmarking. Die Vorteile sind mehr Transparenz und Wettbewerb, eine erheblich bessere Überwachung und Beurteilung der Verbrauchswerte, eine umfassendere Information von Eigentümern und Nutzern sowie die Reduzierung von Kosten.

Dienten die ersten Jahre in der heutigen ZIA-Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeitsbenchmarking“, vormals Nachhaltigkeit, denn auch im Schwerpunkt der Definition der Key Performance Indikatoren und der operativen Erfassung von Daten, setzt aktuell die Umsetzung und die vergleichende Analyse der Ergebnisse und Prozesse anhand der Bezugsgrößen ein. Benchmarking wird hier begriffen als Weiterentwicklung des singulären Erfassens von Daten auf der Objekt-ebene. Eingebettet ist dieser Prozess freilich in bereits vorliegende Modelle bzw. Initiativen wie GRESB, GRA, CDP (Carbon Disclosure Project) sowie in die Leitlinien von UN, PRI und GRI. Nachhaltigkeit wird messbar und damit auch vergleichbar – mit der Folge, dass der Wettbewerb sich dramatisch dynamisieren wird und „Branchenbeste“ und „Branchenletzte“ nach einheitlichen Maßstäben bewertbar sind.

Wirtschaftliche Implikationen der Benchmarkingkultur

Der Assetklasse Immobilie wird durch das Nachhaltigkeitsbenchmarking ein hohes Potenzial zur Umsetzung von nachhaltigen Themen und Beisteuerung zu einer geringeren Umweltbelastung beigemessen. Nachhaltig konzipierte und bewirtschaftete Immobilien eignen sich grundsätzlich hinsichtlich größerer Sicherheiten für die Investoren als nachhaltige Anlageprodukte. Dies resultiert sich aus präventiven Maßnahmen zur Erfüllung künftiger Umweltvorschriften und steigender Mieteransprüche. Jedoch besteht derzeit ein Mangel an Übersichtlichkeit und Glaubwürdigkeit für Investoren und ist ein deutliches Indiz für eine noch zu geringe Transparenz am Markt, durch die Investmentanalysen und Entscheidungsprozesse erschwert werden. Auch der Track-Record als weiterer Faktor für Transparenz zählt dazu. Aufgrund des jüngeren Ursprungs nachhaltiger Immobilienanlageprodukte kann der Track-Record nicht in seinem eigentlichen Ausmaß in die Analyse mit einbezogen werden. Es fehlen schlicht die langfristigen Erfahrungen über derartige Anlageprodukte.

Institutionelle Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen und Kreditinstitute strukturieren bereits heute ihre Immobilienportfolios um. Künftig soll ein größerer Anteil an nachhaltigen Immobilien ihre Portfolios füllen. Der Markt bietet zudem ein großes Potenzial für das Emittieren von nachhaltigen Immobilien-anlageprodukten. Ein entscheidender Grund dafür ist, dass viele Bestandsobjekte ein entsprechendes Optimierungspotenzial aufweisen. Zudem befindet sich ein Großteil der Bestandsobjekte in exponierten Lagen. Bei Immobilien mit Optimierungspotenzial wird allerdings die Nachfrage nach Core- Immobilien und damit verbundenen geringen Risiken bei der Anlagestrategie von nachhaltigen Investments nicht hinreichend bedient. Sind derartige Projektentwicklungen abgeschlossen und sichere Erträge durch langfristige Mietverträge mit bonitätsstarken Mietern unterzeichnet, entspricht dieses wiederum den Interessen der institutionellen Investoren. Vor diesem Hintergrund sind die wenigen „nachhaltigen Neubauobjekte“ zwar vergleichbar, bilden aber eine kleine Anlageklasse für sich. Damit wird berechtigt kritisiert, dass sich diese vom Gesamtmarkt mehr oder weniger entfernt haben.

Der größte Wertstiftungsbeitrag für nachhaltige Immobilienanlageprodukte ergibt sich deshalb auf der Objektebene und im Benchmarkingprozess der Bestandsimmobilien. Auf dieser können die größten Optimierungen durchgeführt werden, die sich auf die Ebene des Immobilienanlageproduktes auswirken, in Form einer geringeren Volatilität und gesteigerten Rendite. Was jedoch die Investoren neben dem Mangel an geeigneten Immobilien und der Information über deren Nachhaltigkeit am stärksten an einer Investition hindert, ist – noch – die mangelhafte Transparenz am Markt zur Erkennung von nachhaltigen Immobilienanlageprodukten und die Erfolgsmessung mangels Vergleichbarkeit. Diese Lücke wird durch das ZIA Projekt Nachhaltigkeitsbenchmarking gleichwohl geschlossen.

Stand der Arbeiten – was und wie wird da verglichen?

Es gibt drei Ebenen des Nachhaltigkeitsmanagements von Bestandsimmobilien: Portfolio-, Gebäude sowie Element- und Anlagenebene. Jede Ebene besitzt hierbei eigene Zielsetzungen und Anforderungen an zu integrierende Prozesse, Werkzeuge und Benchmarks. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, die Grundlagen auf Basis der Portfolioebene für ein Benchmarking zu erarbeiten.

Basis der Nachhaltigkeitsmessung – die KPIs

Für die Anwendung von Immobilienportfolios empfiehlt es sich, die aus den verschiedenen Aktivitäten entstehende Schnittmenge an Indikatoren als wünschenswerte, grundlegende Key Performance Indicators (KPIs) anzuwenden (Tabelle). Stand der Bearbeitung ist, dass die Indikatoren vereinbart sind und damit die Basis für die Erstellung von Benchmarks bilden. Bei der Einführung von Indikatoren auf der Portfolioebene zu beachten, dass die Datenerhebung und -bereitstellung hierfür auch im Rahmen von mehreren Hunderten von Gebäuden wirtschaftlich durchführbar und praktisch umsetzbar ist. Je nach Art der Bestandsgebäude kann es dabei zu Problemen können, für die u.U. erst im Rahmen einer mehrjährigen Umstellungsphase Lösungen gefunden werden können. Aus diesem Grunde ist es notwendig, dass die vereinbarten Indikatoren langfristig verwendet werden.

Grundlagen des Benchmarkings – die Datenbereinigung

Nach EN 15643/1 (Nachhaltigkeit von Bauwerken) ist eine Bewertung zwischen Gebäuden u.a. nur dann sinnvoll, wenn es sich um denselben Nutzungstyp, dieselben klimatischen Bedingungen und denselben Markt handelt. Damit wäre ein Vergleich von bestehenden Immobilien streng genommen nicht möglich. Um ein Benchmarking von Gebäuden auf Basis der KPIs dennoch einführen zu können, müssen die gemessenen Daten und Randbedingungen auf ein möglichst einheitliches Maß bereinigt werden (Abbildung). Dabei sind folgende Parameter für die Einteilung in die entsprechende Gebäudekategorie und für die Messwertbereinigung zu beachten.

Einteilung der Kategorie:

  • Nutzungstyp
  • Marktsegment/Standort
  • optional: Gebäudegröße

Bereinigung der Messwerte („Normalisierung“):

  • Klima
  • Leerstandsrate
  • Betriebs- und Nutzungszeit
  • Personen und Nutzungsausstattung
  • Sonderverbraucher

Stand der Bearbeitung ist die Abstimmung mit den am Markt befindlichen Plattformen und Organisationen, die Verbrauchsdaten für Gebäude weltweit zur Verfügung stellen. Derzeit laufen die Abstimmungen sowohl mit GRA, GRESB und Greenprint als auch auf der nationalen Ebene wie DGNB oder Scope Ratings.

Auf Basis der im Leitfaden der Nachhaltigkeitsmessung benannten Vorarbeiten hat sich die Arbeitsgruppe zum Ziel gesetzt, eine einheitliche Bereinigung für den Umgang mit den Verbrauchsdaten mit den Organisationen zu vereinbaren, um entsprechende Benchmarks über die Plattformen bereitstellen lassen zu können und langfristige Weiterentwicklungen der KPIs kontinuierlich zu überprüfen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2014/2015