26.03.2024

Vom Gebäude- zum Datenmanagement

Wie datengetriebene Software die Immobilienwelt verändert

Martin Kelm, Head of Smart Building Solutions, Crem Solutions GmbH & Co.KG
Martin Kelm

Smart Buildings und hybride Arbeitswelten werden in der Immobilienbranche immer häufiger als Zukunftstrends diskutiert. Welche Potenziale sich damit verbinden und wo die Branche in der Praxis tatsächlich steht, war Thema eines Gesprächs von TPP mit Martin Kelm, Head of Smart Building Solutions bei der Crem Solutions GmbH & Co. KG.

The Property Post: Herr Kelm, über Smart Buildings und hybride Arbeitswelten wird nun schon seit einigen Jahren diskutiert. Warum sollten sich Immobilienunternehmen mit diesen Themen beschäftigen?

Martin Kelm: Wir haben hier in den vergangenen drei Jahren extreme Veränderungen gesehen. Schon vor der Corona-Pandemie sind hybride Arbeitsweisen und neue Formen der Büronutzung vielerorts in den Fokus gerückt - die Corona-Pandemie mit den Homeoffice-Regelungen hat das in einem starken Maße forciert. Inzwischen ist es regelrecht zu einem kritischen Erfolgsfaktor im Wettbewerb geworden.

 

TPP: Woran sehen Sie das, wie begründen Sie das?

M. K.: Besonders deutlich erkennbar ist das bei der Mitarbeiter- und Nachwuchsgewinnung. In anderen Ländern war hybrides Arbeiten schon länger üblich, jedoch hat es sich seit den Corona-Jahren in Deutschland weiter etabliert. In vielen Unternehmen werben die Personalverantwortlichen potenzielle Bewerberinnen und Bewerber gezielt damit. Und im Unterschied zu früher ist es nicht mehr nur „nice to have“, sondern ein wichtiges Mittel zum Gewinnen und Halten von Talenten. Das bringt auch einen anderen Umgang mit Gebäuden- und Flächenressourcen mit sich als früher. Facility Manager können sich immer weniger auf ihr „Bauchgefühl“ verlassen, sondern brauchen datengetriebene Software. Vor allem die Erfassung und Zusammenführung von Nutzungsdaten der verschiedenen Arbeitsbereiche und deren Auswertbarkeit sind Aspekte, die immer wichtiger werden. Dabei kommt auch neue Technik zum Einsatz, wie zum Beispiel über IoT (Internet of Things) mit kabellos kommunizierende Belegungssensoren unter den Tischen. Wenn ich belastbare Daten habe und sagen kann, „X Prozent unserer Fläche werden regelmäßig genutzt“, dann kann ich auf dieser Basis auch verlässlich planen, kalkulieren und Flächen zukunftsorientiert sowie kosteneffizient anpassen.

 

TPP: Können Sie uns, dass anhand von praktischen Beispielen illustrieren?

M. K.: Ja gern, sowohl bei uns selbst als auch bei unseren Kunden lässt sich das gut belegen. Wir haben beispielswiese bei der Firma Merck unsere Softwarelösung für deren agiles Arbeitsplatzkonzept integriert. Auf Basis der gewonnenen Daten zum Nutzerverhalten und zum Flächenbedarf konnte dieses Unternehmen dann die Entscheidung treffen, im Winterbetrieb von November bis März nur 9 von 15 Gebäuden zu nutzen und voll zu beheizen. Das ermöglicht signifikante Einsparungen, ist aber nur möglich, wenn für die entsprechenden Entscheidungen eine belastbare Datengrundlage vorhanden ist. Auch bei uns selbst im Büro haben wir gute Erfahrungen mit einem Arbeitsplatzbuchungssystem gemacht. Obwohl unser Team bei der CREM SOLUTIONS stetig wächst, nutzen wir unsere vorhandene Bürofläche weiterhin. Viele unserer Beschäftigten arbeiten im Homeoffice oder sind bei unseren Kunden vor Ort. Dank unserem Buchungssystem und den damit erfassten Daten können wir unsere Flächen effizient nutzen und müssen sie nicht im selben Maß vergrößern, wie unser Unternehmen wächst. Da wir die Software als Werkzeug für die Arbeitsweise in einem Unternehmen betrachten und die Anwendungsfälle je nach Unternehmen variieren, bietet unsere Softwarelösung eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten.

 

TPP: Worauf kommt es bei der Implementierung solcher Lösungen in der Praxis an? Vermutlich treffen solche Neuerungen ja nicht überall sofort nur auf Begeisterung …

M. K.: Der mögliche Nutzen muss natürlich nachvollziehbar und plausibel sein. Dabei hat jeder Kunde andere Präferenzen. Viele Unternehmen wollen keinen zu schnelle Wechsel, und vor allem brauchen sie bei der Implementierung neuer Lösungen Beratung und eine verlässliche laufende Betreuung. Je einfacher und leichter sich das Ganze in der Nutzererfahrung darstellt, desto höher ist die Akzeptanz. Es muss auch deutlich werden, dass neue Lösungen die neuen, veränderten Erwartungen erfüllen können. So geht es beispielsweise nicht ausschließlich um die Verfügbarkeit freier Schreibtische und Büros sowie deren unkomplizierter Buchung. Sondern auch darum, es den Mitarbeiter*innen zu ermöglichen, Bürotage für Meetings unter Teamkolleg*innen zu koordinieren oder Teamkolleg*innen aufzufinden und für die Zusammenarbeit ggf. einen Platz neben ihnen oder direkt für eine Gruppe zu buchen. Diese Funktionen sind über unsere Lösung möglich, fördern in Zeiten von New Work die Zusammenarbeit und helfen bei der Nutzerakzeptanz. Weiterhin erhöht es auch die Produktivität der Mitarbeiter*innen, wenn diese je nach Bedarf und Tätigkeit ihren bevorzugten Arbeitsplatz bzw. verschiedene Arbeitsbereich buchen können.

 

TPP: Wenn ein Unternehmen nur fünf oder zehn Beschäftigte hat, kann man ja sicherlich vieles weiterhin per Absprache regeln. Ab welcher Unternehmensgröße lohnt es sich denn, über digitale Lösungen wie die von Ihnen genannten Beispiele nachzudenken?

M. K.: Interessant wird das auf jeden Fall bei einer Belegschaftsgröße von hundert oder mehr Personen, vor allem, wenn diese sich auf mehrere Gebäude oder Standorte verteilen.

TPP: Wo sehen Sie weitere Potenziale für Effizienzgewinne durch datengetriebene Softwarelösungen, welche Schwerpunkte gibt es da sonst noch?

M. K.: Ein zentrales Thema ist auch das Energiemanagement. Wo wird wann wie viel Strom, Gas oder Wasser verbraucht, das wissen wir noch viel zu selten. Wenn die Jahresabrechnung erst einmal vorliegt, ist es nicht mehr möglich, auf bestimmte Entwicklungen des Verbrauchs zu reagieren oder nachzusteuern. In der Praxis sieht man bislang aber oft nur die Gesamtabrechnung am Ende, und unterhalb dieser Ebene gibt es bislang viel zu wenig Transparenz bei den Verbrauchsdaten. Die Daten brauchen wir darüber hinaus auch für die Entwicklung und Nutzung von künstlicher Intelligenz. KI entsteht aus gigantischen Datenmengen, und ohne Daten wäre die theoretisch beste KI-Lösung nichts wert. Immer mehr Unternehmen erkennen die Bedeutung von Daten und suchen nach Softwarelösungen, die dementsprechend Daten aus Smartmetern und Verbrauchsmessern sammeln, integrieren und analysieren können, um nachhaltige ökologische und ökonomische Anpassungen zu ermöglichen.

TPP: Herr Kelm, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Crem Solutions
Erstveröffentlichung: The Property Post, März 2024

Konversation wird geladen